Das Bundesagrarministerium (BMELV) hat eine Untersuchung zu Nachernteverlusten in der deutschen Landwirtschaft vorgelegt. Demnach bewegen sich die Nachernteverluste in der Landwirtschaft auf einem relativ niedrigen Niveau, können aber von Jahr zu Jahr zum Teil erheblichen Schwankungen unterliegen.
Bei den einzelnen untersuchten Agrarprodukten liegen die Nachernteverluste zwischen 3 % (Weizen) und 11 % (Tafeläpfel). Ertrag und Verderb bei pflanzlichen Produkten hängen wesentlich von den Witterungsbedingungen ab. Witterungsbedingte Einbußen in Menge und Qualität sind jedoch kaum beeinflussbar. Dank guter Transport- und Lagerungsbedingungen sind die Verluste nach der Ernte in Deutschland im internationalen Vergleich gering.
Ergebnisse der Studie im Überblick
Die Forschungsinstitute des BMELV haben für ihre Einschätzung vier repräsentative Beispielkulturen ausgewählt, die die pflanzliche Produktion in ihrer Bandbreite abdecken und zudem in ihren Segmenten zu den wichtigsten Anbauprodukten zählen: Weizen (Druschfrucht), Kartoffeln (Hackfrucht), Äpfel als repräsentative Obstart und Möhren als Gemüse. Für diese vier Kulturen haben die Wissenschaftler jeweils die in Deutschland anfallenden Nachernteverluste betrachtet, mit folgendem Ergebnis:
Weizen:ca. 3,3 % Verlust, das entspricht einer Menge von jährlich rund 820.000 t im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre.
Kartoffeln: ca. 5 % Verlust, dies entspricht einer Menge von jährlich rund 537.000 t im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre.
Tafeläpfel: ca. 11 % Verlust, dies entspricht einer Menge von jährlich rund 98.000 t im Wirtschaftsjahr 2010/11.
Speisemöhren: ca. 4,2 % Verlust, dies entspricht einer Menge von jährlich rund 22.000 t im Wirtschaftsjahr 2010/11.
Für die Studie erfasst wurde das Erntegut, das unwiederbringlich verloren geht, etwa durch Verderb oder Totalverlust, und das keiner alternativen Verwendungsmöglichkeit zugeführt werden kann. Agrarprodukte, die zum Beispiel als Futtermittel oder zur Energieerzeugung genutzt werden oder die von vornherein als Dünger auf dem Feld bleiben und so gar nicht erst in den Lebensmittelkreislauf gelangen, sind in der Studie nicht erfasst. Ebenfalls nicht einbezogen sind Produkte, die wegen der hohen Anforderungen des Handels nicht in den Verkauf gelangen. Diese werden ebenfalls anderweitig verwertet, indem sie der Lebensmittelindustrie (z.B. für die Saftherstellung) zugeführt oder für andere agrarische Zwecke (z.B. Verfütterung) verwendet werden.
Ursachen für Verluste
Als Hauptursachen für Verluste haben die Einrichtungen der Ressortforschung vor allem Schädlings- oder Krankheitsbefall sowie falsche Lagerung identifiziert, was im Ergebnis zu Verderb durch Fäulnis oder zu Frischmasseverlusten durch Atmung und Verdunstung führt; pflanzliche Produkte verlieren durch die Lagerung an Gewicht, weil während der Lagerzeit Wasser verdunstet.
Bei Weizen könnten durch gezielte Investitionen in bessere Lagerungssysteme die Verluste um 5 – 6 % reduziert werden. Bei Kartoffeln können Verluste durch schonendere Ernte- und Aufbereitungsverfahren sowie eine Optimierung der Lagerbedingungen (Temperatur, Luftfeuchte) auf ein Minimum reduziert werden. Bei Möhren können die Verluste laut Studie zum Beispiel durch eine Optimierung von Erntemaschinen für eine schonendere Ernte sowie durch verbesserte Lagerräume eingegrenzt werden.
Da Äpfel weit verderblicher sind als die anderen untersuchten Produkte, ist die Verlustrate dort mit Abstand am höchsten. Durch eine energieaufwändige und kostenintensive Lagertechnik (CA-Lager) ist es in den vergangenen Jahren bereits gelungen, die Verluste zu reduzieren.
Ein entscheidender Faktor bleibt die Witterung. Vergleicht man die Erntebilanzen der letzten Jahre, sind vor allem bei Getreide große Unterschiede zu erkennen: 2011 wurde bei der Erntemenge das langjährige Mittel um fast 10 % verfehlt. Der Grund waren widrige Witterungsverhältnisse. Diese haben sich nicht nur auf die Menge, sondern auch auf die Qualität der Ernte ausgewirkt. Von der Qualität hängt wesentlich die weitere Verwendung der Ernteprodukte ab. So kann ein Landwirt zu Beginn der Saison weder genau sagen, wie viele Tonnen er ernten wird, noch ob die Ernteprodukte letztlich als Lebensmittel oder etwa als Futtermittel weiterverarbeitet werden können.
Zu viele nicht vorhersehbare Faktoren wie der Witterungsverlauf während der Vegetation oder Schädlingsbefall wirken sich auf das Ernte-Ergebnis aus – aber auch das Konsumverhalten der Verbraucher und damit die Nachfrage der Weiterverarbeiter beeinflussen am Ende die Art der Verwertung. Entsprechend schwierig sind generelle Aussagen zu den jährlichen Verlusten im Bereich der Urproduktion. Die Studie zeigt anhand von konkreten Beispielen, dass die Bilanz von Erntejahr zu Erntejahr sehr unterschiedlich ausfallen kann und mit welchen Faktoren dies zusammenhängt. (ad)