Ein schlechtes Zeugnis stellt der Kieler Agrarwissenschaftler Prof. Friedhelm Taubeder deutschen Agrarpolitik aus. Deutschland habe bis heute keines der von der Europäischen Union vorgegebenen oder selbst gesetzten Ziele im Agrarumweltbereich erreicht, sagte Taube letzte Woche in Berlin.
Der Direktor des Instituts für Pflanzenbau und Pflanzenzüchtung der Universität Kiel sprach von „Politikversagen auf der ganzen Linie“. Landwirtschaftliche Unternehmen müssten zunehmend den politischen Druck in ihr Risikomanagement einbeziehen, der durch die Nichterfüllung von EU-Vorgaben entstanden sei.
Taube sprach sich erneut für eine ökologische Intensivierung der Landwirtschaft aus. Es gehe darum, erreichte Ertragsniveaus zu halten und gleichzeitig die Intensität der Bewirtschaftung zu reduzieren. Ziel müsse es sein, die enormen Umweltkosten zu senken, die vielfach mit der derzeitigen Bewirtschaftung einhergingen. Er sieht kaum noch Möglichkeiten für nachhaltige Ertragssteigerungen in spezialisierten Anbausystemen und verweist auf deren hohe Kosten nicht zuletzt aufgrund des Klimawandels.
Den Ausweg sieht Taube in einer Diversifizierung von Anbausystemen: „Wir erreichen mehr Ertragssicherheit durch die Kombination von Marktfrucht- und Futterbau“, so der Wissenschaftler. Die Zukunft liege in Gemischtbetrieben statt spezialisierten Ackerbaubetrieben.
Günstige Footprints vermarkten
Der Wissenschaftler räumte ökonomische Risiken ein, die mit einer von ihm propagierten ökologischen Intensivierung einhergehen könnten. Zum einen biete jedoch eine Neuausrichtung der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) und die Substitution der bisherigen Direktzahlungen durch eine Gemeinwohlprämie erheblichen Spielraum, um Umweltleistungen der Landwirtschaft zu honorieren. Zum anderen sieht Taube wachsende Chancen, ökoeffiziente Produkte als Premiumprodukte auf den Weltmärkten zu platzieren.
Die Herausforderung bestehe darin, „günstige Footprints zu vermarkten“. Taube warnte zugleich vor überzogenen Erwartungen an die Digitalisierung in der Landwirtschaft: „Landwirtschaft 4.0 ist ein Werkzeug, aber nicht die strategische Lösung.“