Der Deutsche Tierschutzbund hält die Aktiviäten von Animal Peace für ethisch und moralisch verwerflich. Die Tierschutzorganisation hat den Angriff eines Bullen auf einen Landwirt, bei dem dieser auf tragische Weise zu Tode kam, als Akt der Freiheit gewertet. Solche Aussagen seien eine pietätlose Entgleisung und schadeten seriösen Tierschutzorganisationen massiv, betonte Thomas Schröder im Interview mit top agrar online.
top agrar: Die Landwirte stehen fassungslos und wütend vor einer Meldung der Tierschutzorganisation Animal Peace, die den Bullen, der einen Landwirts angegriffen und dieses dabei tödlich verletzt hatte, als einen "Helden der Freiheit" feierte, der an "seinem Sklavenhalter Rache genommen" habe. Wie bewertet der Deutsche Tierschutzbund solche Aussagen?
Schröder: Unser Mitgefühl gilt den Hinterbliebenen. Der Deutsche Tierschutzbund distanziert sich daher in aller Deutlichkeit von den Aussagen von Animal Peace. Wir arbeiten schon lange vertrauensvoll mit Landwirten zusammen. Das hindert uns nicht daran, Systemfragen zu stellen. Aber den tragischen Tod eines Landwirts für eigene Zwecke pietätlos zu instrumentalisieren, das verbietet sich. Und wer das macht, der gehört nicht in die Reihen des seriösen Tierschutzes, der schadet dem seriösen Tierschutz massiv.
top agrar: Inzwischen wurde Animal Peace wegen der nachträglichen Verhöhnung und Beleidigung des verstorbenen Landwirts mehrfach angezeigt. Zurecht?
Schröder: Die Anzeige ist nachvollziehbar, letztlich müssen es die Gerichte klären. Klar ist aber: Moralisch und ethisch ist für mich das Urteil gefallen: Das darf man nicht tun, schon aus Respekt vor der Familie.
top agrar: Arbeitet der Deutsche Tierschutzbund mit Animal Peace zusammen?
Schröder: Es gibt keine direkte Zusammenarbeit mit dieser Organisation, übrigens noch nie. Es mag große, lockere Bündnisse geben, in denen auch Animal Peace als Unterstützer geführt wird, aber wir hoffen, dass auch die Verantwortlichen dieser Bündnisse reagieren, denn Animal Peace gehört in keine seriöse Tierschutzgemeinschaft.
Das Vertreter von Animal Peace und dem Deutschen Tierschutzbundes bei bestimmten Aktionen auf einem Foto oder einem Video erscheinen, lässt sich mitunter gar nicht vermeiden. So gibt es auf YouTube ein Video von einer Demonstration gegen den Hundewelpen-Verkauf bei Zoo Zajac in Duisburg 2012, auf dem Vertreter beider Organisationen zu sehen sind. Dabei handelte es sich um einen offenen Protestaufruf, dem unterschiedliche Personen und Tierschutzorganisationen gefolgt sind. Ein Aktionsbündnis bestand zu keinem Zeitpunkt."
top agrar: Welche Grundsätze gelten für den Deutschen Tierschutzbund für mögliche Kooperationen anderen Tierschutzorganisationen?
Schröder: Schon 1995 hat der Deutsche Tierschutzbund einen Grundsatzbeschluss gefasst, unter den damit auch eine Nicht-Zusammenarbeit mit Animal Peace fällt. Dazu gehört unter anderem, dass wir Gewalt in jedweder Form zur Durchsetzung der Vereinsziele ablehnen und es genauso ablehnen, wenn zu ungerechtfertigtem Rechtsbruch aufgerufen bzw. dieser verwirklicht wird, welcher dem Ansehen des Tierschutzes insgesamt Schaden zufügt.
top agrar: Welche Auswirkungen hat die Aktion von Animal Peace auf die Arbeit des Deutschen Tierschutzbundes? Bringt die unsägliche Meldung auch ihre Arbeit in Verruf, weil in Öffentlichkeit nicht hinreichend zwischen seriösen und nicht seriösen Tierschutzorganisationen differenziert wird?
Schröder: Ich habe schon den Eindruck, dass es interessierte Kreise gibt, die diese Entgleisung von Animal Peace gerne zur Diskreditierung der Tierschützer insgesamt nutzen wollen. Der Deutsche Tierschutzbund zeigt tagtäglich in seiner Arbeit, dass wir mit den Landwirten zusammen mehr Tierschutz in die Ställe bringen wollen. Wir beraten die Landwirte, wir erhalten dafür auch viel Zuspruch aus den Reihen der Landwirte. Das ist unser Weg eines Tierschutzes mit Herz und Verstand. Insofern ärgern mich die verallgemeinernden Schlagzeilen wie „Tierschützer verhöhnen Landwirt“ schon, denn das trifft es nicht. Das gilt nicht für uns und das gilt nicht für viele unserer seriösen NGO-Partner.
Hintergründe:
Tierschützer verhöhnen getöteten Milchviehhalter (22.1.2015)
Strafanzeigen gegen Animal Peace (28.1.2015)