Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

topplus Landwirtschaft im Dialog

Tierwohl: Özdemir kündigt baldige Anpassung des Baurechts an

Der Umbau der Ställe zu mehr Tierwohl setzt voraus, dass auch das Baurecht zeitnah angepasst wird. Hier hatte Minister Özdemir für die top agrar-Leser eine positive Nachricht im Gepäck.

Lesezeit: 5 Minuten

Wenn der Umbau der Ställe zu mehr Tierwohl endlich Fahrt aufnehmen soll, dann muss neben der verpflichtenden Haltungskennzeichnung auch das Baurecht zeitnah überarbeitet und die Finanzierung klar geregelt werden. Darin waren sich die Teilnehmer der top agrar-Veranstaltung „Landwirtschaft im Dialog“ einig, die gestern in Berlin stattfand.

Parallel zum Tierhaltungskennzeichnungsgesetz?

Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

„Die Politik muss jetzt schnell liefern und den nötigen rechtlichen Rahmen schaffen. Denn niemand will einen Strukturbruch“, erklärte Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der ausdrücklich die vorhandene Veränderungsbereitschaft der Landwirte hin zu mehr Tierwohl lobte. Die Zeit drängt, denn aufgrund der angespannten finanziellen Situation auf den Höfen, der politischen Unwägbarkeiten und der fehlenden Planungs- bzw. Investitionssicherheit schließen zurzeit immer mehr Tierhalter frustriert für immer ihre Stalltüren.

Neben dem Entwurf seines Hauses zu einer staatlich verpflichtenden Haltungskennzeichnung, dem das Kabinett in der letzten Woche zugestimmt hat, will Özdemir deshalb auch das Baurecht zeitnah in Angriff nehmen. Sowohl Bauministerin Klara Geywitz als auch Umweltministerin Steffi Lemke hätten dafür bereits ihre Unterstützung zugesagt, berichtete der Minister. Man strebe eine einfache, unbürokratische und schnelle Lösung an. Ziel sei es, sich zeitlich am Tierhaltungskennzeichnungsgesetz zu orientieren.

Auch die Anschubfinanzierung sei inzwischen gesichert. Denn die 1 Mrd. €, die der Bund dafür zur Verfügung stelle, dürfe nicht nur für den Umbau der Ställe genutzt werden, sondern auch zur Absicherung der laufenden Mehrkosten, die den Schweinehaltern durch die Investition in mehr Tierwohl entstehen.

Herkunftskennzeichnung ist wichtig

Zudem wolle er durch eine Herkunftskennzeichnung Transparenz schaffen, woher das Fleisch in der Ladentheke stammt. Er habe sich in Brüssel für eine entsprechende Kennzeichnung stark gemacht und habe die Zusage der zuständigen EU-Kommissarin, dass dieses Vorhaben im Januar 2023 realisiert werden könne.

„Eine derartige Herkunftskennzeichnung gehöre zwingend dazu“, betonte der Veredlungspräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Hubertus Beringmeier. Nur so lasse sich verhindern, dass der Lebensmitteleinzelhandel und die Verarbeiter die deutsche Haltungskennzeichnung unterlaufen und billigeres Fleisch aus dem Ausland zukaufen „Immerhin stammt schon jetzt ein Drittel des jährlichen Pro-Kopf-Verzehrs beim Schweinefleisch aus dem Ausland“, so Beringmeier.

Deutliche Kritik übte der Veredlungspräsident des DBV hingegen daran, dass die verpflichtende Haltungskennzeichnung nur für Frischfleisch gelten soll. „Wir brauchen sie auch für verarbeitete Ware, für die Gastronomie und Großverbraucher“, forderte Beringmeier deshalb.

Ferkelerzeugung gehört mit ins Boot

Beim jetzigen Konzept des BMEL zur Tierhaltungskennzeichnung fehle ihm zudem die Sauenhaltung, so Beringmeier. Die Ferkelerzeuger hätten bisher schwere Jahre hinter sich und seien aktuell in bitterer finanzieller Not.

Özdemir verteidigte den vorläufigen Fokus auf Mastschweine als notwendigen Schritt zum Start der Haltungskennzeichnung. Andere Bereiche wie die Sauenhaltung, die Verarbeitungsstufe oder die Gastronomie könnten zu Beginn noch nicht einbezogen werden, da zuvor die Notifizierung der Maßnahmen aus Brüssel erfolgen müsse. Es sei etwas Neues, dass ein EU-Mitgliedsstaat jetzt bei der Kennzeichnung vorangehe.

Auch die Initiative Tierwohl werde nicht ausreichend einbezogen.

„Die Tierhaltungskennzeichnung wird sich, wenn das jetzt vorliegende Konzept umgesetzt wird, zu einem Bürokratiemonster entwickeln“, prophezeite Beringmeier. Warum wolle man z.B. ein neues, zusätzliches Kontrollsystem einführen und greife nicht auf vorhandene, bewährte Strukturen von QS und ITW zurück?

Auch Lidl begrüßt Herkunftskennzeichnung

Die geplante Kombination aus Tierhaltungs- und Herkunftskennzeichnung wurde auch von Lidl-Chefeinkäufer Christoph Graf ausdrücklich begrüßt. „Wir setzen bereits seit geraumer Zeit auf „5 x D“, sowohl im Frischfleisch- als auch im Wurstbereich“, begründete Graf. Sehr kritisch sieht er die Tatsache, dass es bis heute nur im Lebensmitteleinzelhandel eine Haltungskennzeichnung gebe. Der Food-Service, die Gastronomie und die Kantinen fehlen komplett.

So entstehe ein Schlupfloch, durch das tierische Produkte auf den Markt gelangen, die nicht aus Deutschland stammen und nicht die geplanten strengen Haltungsauflagen erfüllen. „Das wollen wir nicht. Lidl will gemeinsam mit der Landwirtschaft die Haltungsbedingungen der Tiere verbessern“, argumentierte Graf.

Weniger, aber dafür gutes Fleisch

Die kritische Frage, warum sich die Caterer und Systemgastronomie bislang überhaupt nicht für das Tierwohl engagieren, musste sich Dr. Linda Chalupová gefallen lassen. Sie ist Direktorin für Nachhaltigkeit bei der Compass Group, einem weltweit agierenden Food-Service-Unternehmen. Allein in Deutschland liefert die Compass Group tagtäglich 100.000 bis 150.000 Essen an Kitas sowie Firmen- und Krankenhauskantinen aus.

„Tierwohl ist fester Bestandteil der Nachhaltigkeitsstrategie unseres Unternehmens“, antwortete Dr. Chalupová. Auf der anderen Seite verfolge die Compass Group aber auch eine Klimaschutzstrategie, deren Ziel es sei, den CO2-Ausstoß senken. Fleisch treibe nun mal den CO2-Fußabdruck des Unternehmens in die Höhe. Deshalb habe man sich für die Strategie entschieden, weniger aber dafür gutes Fleisch anzubieten.

Zudem vermisse man Klarheit und Transparenz. Die jetzige Haltungskennzeichnung führe bei den Kunden und Gästen des Unternehmens eher zu Verwirrung. Der Kunde könne nicht beurteilen, welches Haltungsverfahren in punkto Tierwohl gut oder schlecht sei. Ihre Abnehmer würden daher größeren Wert auf die regionale Herkunft des Fleisches legen. Außerdem sei es wichtig, dass man zum Fleisch eine Geschichte erzählen könne.

Der Verbraucher ist König, der Einkäufer des LEH der Kaiser

Wie stark Tierwohlfleisch nachgefragt wird, entscheidet letztlich der Verbraucher durch sein Kaufverhalten, so die Theorie. Aufgrund der kriegs- und energiebedingten Preissteigerungen bei Lebensmitteln kann man jedoch beobachten, dass die teure Tierwohlware in den Kühltheken des LEH liegen bleibt und der Kunde - allen Umfragen zum Trotz - wieder verstärkt nach billigerer Ware greift.

Auf dieses Problem angesprochen, antworte Martin Hofstetter, Landwirtschaftsexperte bei Greenpeace: „Ich habe gelernt, dass der Verbraucher zwar König ist, der Einkäufer des Lebensmitteleinzelhandels ist jedoch der Kaiser. Er bestimmt, welches Produkt angeboten, beworben und letztlich verkauft wird.“

Hinweis: Welche Erwartungen viehhaltende Landwirte und Wissenschaftler in punkto Tierwohl an die Politik haben, darüber berichten wir in Kürze.

Die Veranstaltung wurde freundlich unterstützt von Lidl:

Mehr zu dem Thema

top + top informiert ins Frühjahr

3 Monate top agrar Digital + gratis Wintermützen-Set + Gewinnchance für 19,80 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.