Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hatte den Tierhaltern schon länger zugesichert, dass beim Umbau der Nutztierhaltung auch die laufenden Produktionskosten in tierwohlgerechteren Haltungssystemen kompensiert werden müssten. Diesbezüglich herrscht in der Ampel nun Einigkeit.
Wie das Bundeslandwirtschaftsministerium heute mitteilte, haben sich die Koalitionsfraktionen darauf verständigt, dass die Anschubfinanzierung für den Umbau der Tierhaltung in Höhe von einer Milliarde Euro ab 2023 nicht nur für Investitionen in den Umbau der Ställe verwendet werden kann. Darüber hinaus sollen damit auch die tierhaltenden Betriebe bei laufenden Mehrausgaben unterstützt werden können, wenn weniger Tiere besser gehalten werden.
Kompensation auch im gesellschaftlichen Interesse
„Es ist ein wichtiges Signal an die Landwirtinnen und Landwirte, dass wir sie auf dem Weg zu einer zukunftsfesten Tierhaltung unterstützen. Es ist auch ein Signal an die Verbraucherinnen und Verbraucher, dass wir ihrem Wunsch nach besserer Tierhaltung nachkommen“, erklärte Özdemir mit Blick auf die Einigung. Nach seiner Überzeugung wird damit nicht nur das Tierwohl gestärkt, sondern zugleich Klima und Umwelt besser geschützt.
Die Unterstützung der Landwirtinnen und Landwirte ist nach Überzeugung des Ministers ebenfalls im gesellschaftlichen Interesse. Wolle man die Ernährung sichern und zugleich die Klimaschutzziele erreichen, brauche man schließlich die Veränderungsbereitschaft des Berufsstandes. „Das muss uns etwas wert sein, damit wir auf dem Weg zu einer nachhaltigen Landwirtschaft gemeinsam vorankommen“, betonte Özdemir.
Baurechtliche Hürden sollen beseitigt werden
Die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, wies darauf hin, dass die Verständigung auch die Beseitigung bau- und immissionsschutzrechtlicher Hürden vorsehe. „Wir sorgen jetzt dafür, dass Landwirte überhaupt erst die Möglichkeit bekommen, ihre Ställe umzubauen und bringen die dazu notwendigen Regelungen mit einem verlässlichen Zeitplan auf den Weg“, erklärte Konrad. Man habe klar vereinbart, dass Vorgaben und Auflagen bereits getätigte Investitionen in mehr Tierwohl berücksichtigen und diese mit dem Start des Programms rechtlich abgesichert sein müssen. „Das schafft Planungssicherheit für moderne Tierhaltung bei uns in Deutschland“, betonte die FDP-Politikerin.
Zeitgleich werde ein Haltungskennzeichen entwickelt, „was sich an schon im Markt befindlichen Labels orientiert, dem Verbraucher Transparenz und auch die Möglichkeit an die Hand gibt, Tierwohl an der Ladentheke zu erkennen“. Mit dem vom Bundesfinanzminister bereitgestellten Mitteln könne nun jeder Landwirt unterstützt werden, „der oberhalb des gesetzlichen Standards höhere laufende Kosten zu stemmen hat“.
Umbau scheitert weiter an den Ampelparteien
Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, ist jedoch skeptisch, was den Erfolg der Maßnahme angeht. Für ihn verdeutlichen die Aussagen von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir die Hilflosigkeit der Bundesregierung. "Fakt ist: die echte Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung zu mehr Tierwohl scheitert weiterhin an den Ampelparteien", konstatierte Stegemann. Eine politische Einigung sei in weiter Ferne.
Der CDU-Politiker wirft Özdemir zudem vor, dieser wolle das im Haushalt zur Verfügung stehende Geld für den Umbau der Tierhaltung an "grüne Bedingungen" knüpfen. "Nur wer weniger Tiere hält soll davon profitieren", erläuterte der Agrarsprecher. Wichtiger wäre angesichts der hohen Energiepreise aber aus seiner Sicht, allen Landwirten Unterstützung zuzusagen – unabhängig ob sie konventionell oder ökologisch wirtschaften oder ob sie viele oder weniger Tiere haben: "Denn betroffen von den deutlichen Mehrausgaben sind alle Bäuerinnen und Bauern.
Wichtiger erster Schritt
Vom Deutschen Bauernverband (DBV) wird die Einigung der Ampelfraktionen grundsätzlich begrüßt. Laut DBV-Generalsekretär Bernhard Krüsken ist damit "ein wichtiger erster Schritt" getan. Dieser dürfe allerdings nicht zu Lasten bestehender Haushaltspositionen gehen, wie es im Haushaltsentwurf 2023 bislang für die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur (GAK) vorgesehen sei. "Sonst wäre das ein Nullsummenspiel“, warnte Krüsken.