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Tönnies-Problem: Laumann kündigt härtere Gangart bei Fleischwirtschaft an

Inzwischen sind 1.300 Arbeiter von Tönnies mit Corona infiziert. Ein Lockdown für den Kreis gibt es vorerst nicht, die gesamte Schlachtbranche muss sich aber auf schärfere Gesetze einstellen.

Lesezeit: 6 Minuten

Bei der Tierschlachtung und dem Tierschutz wurde schon viel unternommen. Jetzt sind die Arbeitsbedingungen an der Reihe. Das sagte Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann am Sonntag nach einem Besuch im Krisenstab des Kreises Gütersloh. Aus seiner Überzeugung, jetzt in der Branche bundesweit durchgreifen zu wollen, machte er keinen Hehl.

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Wörtlich sagte er: „Das große Problem ist, und das sehen wir auch hier, dass eine Struktur geschaffen worden ist, in der es keine Transparenz gibt, und wenn es keine Transparenz gibt, kann es auch kein Vertrauen geben. Und deswegen brauchen wir dringend Zeiterfassungssysteme, Belegschaftssysteme, damit wir wissen, wo wer arbeitet, wann er gearbeitet hat und wie viele Stunden.“

Der CDU-Politiker betont, dass auch Tönnies bislang eine digitale Zeiterfassung immer abgelehnt habe. Nun wolle Tönnies - wie dieser am Samstag sagte - mit Laumann ins Gespräch kommen. Dazu stellt der Politiker klar: „Meine Meinung ist klar und abgeschlossen. Mit der Fleischwirtschaft kann es keine freiwilligen Vereinbarungen geben. Es muss klare gesetzliche Regelungen geben, die in ganz Deutschland gelten, egal über welchen Besitzer eines Schlachthofs wir letztendlich reden. Und das muss jetzt einfach gemacht werden. Und dazu gehört auch die Frage des Konstruktes des Arbeitsvertrages, dazu gehören auch Fragen des Meldegesetzes, der Arbeitszeiterfassung und die Frage, wer kann sich eigentlich im Falle einer Pandemie über den Zustand der Wohnungen informieren.“

Denn, dass der Staat gerade überhaupt in die Wohnungen dürfe vom Arbeitsschutz, sei allein durch das Infektionsschutzgesetz geregelt, was vorher gar nicht möglich war. Der Arbeitsschutz habe seinen Schwerpunkt neuerdings ohnehin in den prekären Beschäftigungsbedingungen. In dem Zuge hätten sich die Behörden Ende Mai auch schon einmal Tönnies angeschaut. „Und da muss man ganz klar sagen, im Bericht steht drin, dass es vom Arbeitsschutz her keine Beanstandungen gab“, so Laumann weiter. „Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wenn der Arbeitsschutz vorne an der Pforte anklopft, bis du da bist, wo die Musik spielt, und durch die ganzen Hygieneschleusen durch bist, vergeht Zeit“, deutete er – ohne es zu sagen - die Vermutung an, Tönnies könnte evt. Kontrollen manipulieren.

Schlachthöfe hätten ein Hygienekonzept. Und Tönnies habe auch immer gesagt, Pandemieregelungen eingeführt zu haben. Und dennoch sei das Virus hier eingedrungen, so der NRW-Gesundheitsminister, der mit leichter Verärgerung auf eine frühere Aussage von Clemens Tönnies reagierte, der Laumann vor einiger Zeit eine „Schlachthof-Manie“ attestierte.

Der Minister stellte aber auch klar: „Auch wenn es nicht jeder in Deutschland gerne hört, aber Schlachthöfe haben natürlich für die Versorgung der Gesellschaft eine Aufgabe. Wenn man eine Landwirtschaft haben will, wie wir sie in Westfalen haben, gehören dazu auch Schlachthöfe, ob man sie mag oder nicht, sie gehören zu einer Versorgungsstruktur der Bevölkerung dazu.“

Die bisherigen Diskussionen über die Arbeitsbedingungen in der Schlachtbranche seien immer sehr schnell wieder abgeflacht. Ganz viele Gruppen und Parteien müssten sich daher jetzt die Frage gefallen lassen, warum es über viele Jahre so weiterlief, obwohl die Arbeitsbedingungen bekannt gewesen sind.

1.300 Personen infiziert - kein Neuer Lockdown

Zuvor hatte Ministerpräsident Armin Laschet den Bürgern der Region die erleichternde Nachricht überbracht, dass man vorerst von einem kompletten Lockdown für den Kreis Gütersloh und seine Nachbarkreise absehe – auch wenn die Schulen und Kitas im Kreis weiter geschlossen bleiben. Vor dem Werk in Rheda-Wiesenbrück kam es zu Protesten von Tierrechtsorganisationen und Anwohnern.

Laut Laschet sei das Infektionsgeschehen klar auf dem Schlachthof Tönnies zu verorten. Dennoch bestehe weiter ein "enormes Pandemierisiko". Inzwischen sind 1.300 Personen infiziert, laut WDR seien nur 16 Personen nicht bei Tönnies beschäftigt. Einige Betroffene liegen mit schwerem Verlauf auf der Intensivstation. Mehr als 7.000 Tests wurden am Sonntag abgeschlossen. Die Ergebnisse werden in den kommenden Tagen erwartet.

Laschet hofft, dass das Virus nicht auf die Bevölkerung übergesprungen ist. Denn anders als im Fall des Westfleisch-Schlachthofs in Coesfeld, wo nur wenige Wohnanlagen zu überwachen waren, ergeben sich für die Behörden im Kreis Gütersloh ganz andere Probleme. Denn die über 7.000 Tönnies-Mitarbeiter sind in mehr als 1.300 Liegenschaften untergebracht. Ein Problem ist Gerüchten zufolge, dass viele Arbeiter angesichts der drohenden Quarantäne wohl schon hastig abgereist sind, bevor die Beamten vor Ort sein konnten. In Gütersloh wurde daher ein Wohnblock unter Polizeischutz mit Baugittern abgeriegelt und die Leute somit eingesperrt.

Drei Polizei-Hundertschaften aus dem ganzen Land sind nach WDR-Angaben nach Ostwestfalen beordert worden, um die Quarantäne zu überwachen, sagte Laschet. Mit den Konsulen der Länder Bulgarien, Rumänien und Polen sei vereinbart worden, so viele Dolmetscher wie nur möglich in die Region zu bringen. Sie sollen den Menschen in Quarantäne erklären, wie sich sich nun verhalten müssen und sie möglichst an einer Abreise in ihre Heimatländer hindern.

Staatsanwaltschaft ermittelt

Bei der Staatsanwaltschaft Bielefeld sind unterdessen fünf Strafanzeigen gegen Unbekannt eingegangen. Ermittelt wird nun wegen des Anfangsverdachts der fahrlässigen Körperverletzung und Verstoßes gegen das Infektionsschutzgesetz. Unter anderen hat die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Britta Haßelmann, Strafanzeige gegen die Fleischfabrik gestellt. Haßelmann sagte der Nachrichtenagentur epd, der große Ausbruch bei Tönnies lasse "sich nur durch eine massive Nicht-Einhaltung von Arbeitsschutzstandards, Arbeitsbedingungen sowie einer unverantwortlichen Wohn-, Unterbringungs- und Transportsituation" erklären.

Adressen: Datenschützer zweifeln Tönnies Aussage an

Für Diskussionen sorgt nach wie vor die Aussage von Clemens Tönnies, dass sein Unternehmen die Adressen der Werksvertragsmitarbeiter laut Vertrag und Datenschutzrecht gar nicht erheben und speichern dürfe. Daher habe er dem Kreis diese nicht nennen können. Die Beamten hatte dies daraufhin per Ordnungsverfügung und Besuch in der Zentrale erzwingen müssen, woraufhin von einem nicht mehr vorhandenen Vertrauen seitens des Kreishauses die Rede war.

Ministerpräsident Laschet sagte am Sonntag, er lasse juristisch prüfen, ob es stimmt, dass ein Unternehmen die Daten seiner Werksvertragsmitarbeiter nicht besitzen dürfe. Falls ja, müsse das Gesetz geändert werden, damit in Krisenfällen alle Daten auch schnell verfügbar seien.

Der langjährige Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar nennt die Behauptungen der Konzernspitze dagegen jetzt schon "vorgeschoben". Gegenüber dem Spiegel sagte er, dass es sich um eine glatte Schutzbehauptung handele, dass Tönnies die Daten der Werkvertragsnehmer angeblich nicht speichern durfte. "Mich ärgert es richtig, dass in einem so gravierenden Fall der Datenschutz zum Schuldigen gemacht wird."

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