Trägt die Bundesregierung Agrarkürzungen ab 2020 mit?
Es scheint, als spreche die Bundesregierung bei Thema EU-Haushalt mit gespaltener Zunge. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner sich gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagenen Kürzungen im EU-Agrarhaushalt ab 2020 wehrt, unterstütze Bundeskanzlerin Merkel eine Aufstockung für Forschung und Innovation.
Lesezeit: 3 Minuten
Es scheint, als spreche die Bundesregierung bei Thema EU-Haushalt mit gespaltener Zunge. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sich gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Milliardenkürzungen im EU-Agrarhaushalt ab 2020 wehrt, unterstütze Bundeskanzlerin Angel Merkel eine Aufstockung der Mittel für Forschung und Innovation zulasten der bei vielen Nichtlandwirten umstrittenen Direktzahlungen (1. Säule) und der Mittel für die ländliche Entwicklung (2. Säule).
Klöckner kämpfe wie Don Quijote gegen Windmühlen, bringt es ein christdemokratischer Europapolitiker im Gespräch mit top agrar auf den Punkt. Die zu erwartenden Mindereinnahmen von zwölf bis 14 Milliarden Euro durch den Austritt Großbritanniens aus der EU seien eben am unkompliziertesten in den beiden größten Haushaltsbereichen, bei der EU-Agrarpolitik und bei den Kohäsionsfonds (Anm. d. Red.: Mittel für die Förderung einer gleichmäßigen wirtschaftlichen Entwicklung in der EU) zu kompensieren.
Rasenmäher-Methode nicht zielführend Mit dem Rasenmäher über den gesamten Haushalt zu gehen, würde bedeuten, dass sich die EU sich im Bemühen um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit selbst ein Bein stelle, so der CDU-Politiker. Es müsse eben vordergründig in Forschung, Innovationen und Zukunftsindustrien investiert werden und nicht Flächenprämien gezahlt werden, die irgendwelchen Agrarholdings gehörten und folglich kleinen bäuerliche Betrieben nichts nützten.
Dies sei auch das Credo von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in erster Linie die Interessen des Industriestandortes Bundesrepublik Deutschland verteidige. Die von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger vorgeschlagene fünfprozentige Kürzung der Agrarbeihilfen ab 2020 seien daher konsequent und politisch - auch gegen die Interessenvertretungen der Agrarwirtschaft - am einfachsten durchzusetzen, glaubt der deutsche CDU-Politiker in Brüssel.
Oettinger hat Merkels Rückhalt
Es sei ein Irrglaube, dass Oettinger diesen Vorschlag in der EU-Kommission durchgeboxt habe, ohne sich vorher des Rückhaltes der Kanzlerin in Berlin zu versichern.
Die gemeinsam vom französischen Landwirtschaftsminister Stéphane Travert und der deutschen Agrar-Ressortchefin öffentlich proklamierte Ablehnung der fünfprozentigen Agrarkürzungen im EU-Haushalt ab 2020 sei weder mit dem Kanzleramt noch mit dem federführenden Verhandlungsressort für den EU-Haushalt, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, in Berlin vorher abgesprochen gewesen.
Mehr noch, die Bundesregierung rückt öffentlich von der Position Klöckners ab. Ein Mitglied der Bundesregierung bestätigte gegenüber top agrar unmissverständlich, dass Klöckner ihre Kompetenzen in Sachen EU-Haushalt eindeutig überschritten habe. Selbst in Paris ist man wenig überzeugt von der Tragfähigkeit des deutsch-französischen Agrarkompromisses. Das bestätigte ein französischer EU-Diplomat in Paris im Gespräch mit top agrar.
Klöckner allein zu Haus Es müsse wohl heißen, „Klöckner allein zu Haus“, kommentierte unser CDU-Gesprächspartner die gegenwärtige Situation. Solange die Nettozahler-Staaten in der EU nicht bereit seien, ihre Zahlungen nach Brüssel von derzeit 1.0 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) auf zumindest 1,1 oder sogar auf 1,3 Prozent wie vom EU-Parlament mehrheitlich gefordert anzuhaben, seien Agrarkürzungen nicht abzuwenden, so der Kanzler-Intimus. Das wisse auch Merkel, schweige aber, um angesichts der anstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen nicht weiter an Boden zu verlieren.
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Es scheint, als spreche die Bundesregierung bei Thema EU-Haushalt mit gespaltener Zunge. Während Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner sich gegen die von der EU-Kommission vorgeschlagene Milliardenkürzungen im EU-Agrarhaushalt ab 2020 wehrt, unterstütze Bundeskanzlerin Angel Merkel eine Aufstockung der Mittel für Forschung und Innovation zulasten der bei vielen Nichtlandwirten umstrittenen Direktzahlungen (1. Säule) und der Mittel für die ländliche Entwicklung (2. Säule).
Klöckner kämpfe wie Don Quijote gegen Windmühlen, bringt es ein christdemokratischer Europapolitiker im Gespräch mit top agrar auf den Punkt. Die zu erwartenden Mindereinnahmen von zwölf bis 14 Milliarden Euro durch den Austritt Großbritanniens aus der EU seien eben am unkompliziertesten in den beiden größten Haushaltsbereichen, bei der EU-Agrarpolitik und bei den Kohäsionsfonds (Anm. d. Red.: Mittel für die Förderung einer gleichmäßigen wirtschaftlichen Entwicklung in der EU) zu kompensieren.
Rasenmäher-Methode nicht zielführend Mit dem Rasenmäher über den gesamten Haushalt zu gehen, würde bedeuten, dass sich die EU sich im Bemühen um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit selbst ein Bein stelle, so der CDU-Politiker. Es müsse eben vordergründig in Forschung, Innovationen und Zukunftsindustrien investiert werden und nicht Flächenprämien gezahlt werden, die irgendwelchen Agrarholdings gehörten und folglich kleinen bäuerliche Betrieben nichts nützten.
Dies sei auch das Credo von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die in erster Linie die Interessen des Industriestandortes Bundesrepublik Deutschland verteidige. Die von EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger vorgeschlagene fünfprozentige Kürzung der Agrarbeihilfen ab 2020 seien daher konsequent und politisch - auch gegen die Interessenvertretungen der Agrarwirtschaft - am einfachsten durchzusetzen, glaubt der deutsche CDU-Politiker in Brüssel.
Oettinger hat Merkels Rückhalt
Es sei ein Irrglaube, dass Oettinger diesen Vorschlag in der EU-Kommission durchgeboxt habe, ohne sich vorher des Rückhaltes der Kanzlerin in Berlin zu versichern.
Die gemeinsam vom französischen Landwirtschaftsminister Stéphane Travert und der deutschen Agrar-Ressortchefin öffentlich proklamierte Ablehnung der fünfprozentigen Agrarkürzungen im EU-Haushalt ab 2020 sei weder mit dem Kanzleramt noch mit dem federführenden Verhandlungsressort für den EU-Haushalt, dem Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten, in Berlin vorher abgesprochen gewesen.
Mehr noch, die Bundesregierung rückt öffentlich von der Position Klöckners ab. Ein Mitglied der Bundesregierung bestätigte gegenüber top agrar unmissverständlich, dass Klöckner ihre Kompetenzen in Sachen EU-Haushalt eindeutig überschritten habe. Selbst in Paris ist man wenig überzeugt von der Tragfähigkeit des deutsch-französischen Agrarkompromisses. Das bestätigte ein französischer EU-Diplomat in Paris im Gespräch mit top agrar.
Klöckner allein zu Haus Es müsse wohl heißen, „Klöckner allein zu Haus“, kommentierte unser CDU-Gesprächspartner die gegenwärtige Situation. Solange die Nettozahler-Staaten in der EU nicht bereit seien, ihre Zahlungen nach Brüssel von derzeit 1.0 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) auf zumindest 1,1 oder sogar auf 1,3 Prozent wie vom EU-Parlament mehrheitlich gefordert anzuhaben, seien Agrarkürzungen nicht abzuwenden, so der Kanzler-Intimus. Das wisse auch Merkel, schweige aber, um angesichts der anstehenden Landtagswahlen in Bayern und Hessen nicht weiter an Boden zu verlieren.