Ungarn bewegt sich unter Ministerpräsident Viktor Orban und seiner Fidesz-Partei weiter in Richtung eines autoritären Staats. Jetzt schränkt das überarbeitete Land-Gesetz das Nießbrauchrecht ein, um ausländischen Bauern den Zugriff auf Land zu verwehren.
Laut einem Bericht in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung sollen ausländische Bauern, die in Ungarn Land bewirtschaften, noch in diesem Jahr ihr Nutzungsrecht verlieren; selbst wenn es ganz offiziell im Grundbuch steht. Orban habe sogar solche Nutzungsverträge unter Strafe gestellt. Fünf Jahre Haft drohen Ausländern, den ungarischen Landeigentümern und auch den am Geschäft beteiligten Anwälten, heißt es. Betroffen von den Verschärfungen sind vor allem österreichische und deutsche Staatsbürger. Wien weiß offiziell von 200 Personen, tatsächlich dürften es deutlich mehr sein. Die ungarische Regierung schätzt, dass 100.000 bis 1 Mio. ha von Ausländern bewirtschaftet werden.
Da der Landkauf durch Nicht-Ungarn seit 1994 verboten ist, suchen sich viele Ausländer dort Strohmänner, die Land kaufen und dem Geldgeber sichern. Gegen solche „Taschenverträge kämpft die Regierung schon seit 2001. Nun folgt mit der Einschränkung des Nießbrauchrechts ein weiterer Schritt, da man der Ansicht ist, dass derartige Verträge ebenfalls zur Umgehung des Landerwerbsverbots fungieren.
Die Verschärfung sieht vor: Alle Nießbrauchverträge erlöschen mit Ablauf des 30. April 2014. Darüber hinaus enden alle bestehenden Nutzungsrechte, gleich ob sie auf längere Zeit oder gar Lebenszeit übertragen wurden, im Jahr 2033. Nach Einschätzung von Fachanwälten sei das klar rechtswidrig, weil die Vorschriften das Recht auf Eigentum verletzen. Nießbrauch sei in der Praxis sogar ein noch stärkeres Recht als Eigentum, so eine Budapester Anwältin gegenüber der FAZ. Das Recht auf Nießbrauch sei ebenso wie ein darauf aufbauender Pachtvertrag im Grundbuch eingetragen.
Regierungen setzen auf stille Diplomatie
Laut der Zeitung ist aus dem Ausland bisher allerdings kaum Kritik zu vernehmen. Deutsche Stellen verweisen z.B. auf Brüssel, das ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnen müsse. Auch Österreich verhält sich nun wieder zurückhaltender, nachdem Landwirtschaftsminister Andrä Rupprechter das Thema zunächst empört auf die Tagesordnung des EU-Ministerrates setzen wollte. Das nahm er jetzt zurück. Ein Zweiertreffen zwischen ihm und seinem ungarischen Amtskollegen Sandor Fazekas wird es jedenfalls so schnell nicht geben. Fazekas behauptet, Rupprechter habe Ungarn durch seine Kritik beleidigt.
Was die Haftandrohung betrifft, so dürfte der Brei tatsächlich nicht so heiß gegessen werden, wie er zunächst gekocht wurde, schreibt die FAZ weiter. Denn die Strafe könne nicht rückwirkend verhängt werden, heißt es aus Regierungskreisen. Sie gelte nur für rechtswidrige Verträge, die nach dem Inkrafttreten des Basis-Gesetzes im Juli vergangenen Jahres geschlossen wurden.
Bleibt die Frage, wie sich die Gesetzesanpassung der letzten Woche auswirkt. Sie dient nach Regierungsangaben ausdrücklich dazu, das Entdecken und Verfolgen besagter Nutzungskontrakte zu erleichtern. Binnen 60 Tagen könnten Beteiligte straffrei ausgehen, die solche Vereinbarungen anzeigen. Die Regierung spricht von einer Gnadenfrist, manche betroffene Bauern nennen es eine Aufforderung zur Denunziation.