Unnerstall: "Vorwurf, Landwirte sind Klimasünder, wiegt besonders schwer."
Das mit Abstand wichtigste ökologische Problem der Gegenwart ist nicht der Ressourcenverbrauch oder der Rückgang von Tierpopulationen, sondern der Klimawandel, meint Thomas Unnerstall.
Thomas Unnerstall ist Physiker, war Energiemanager und arbeitet jetzt als Berater und Autor. Hier seine Sicht auf den Vorwurf, die Landwirtschaft verschwende über Gebühr Ressourcen.
Die Landwirtschaft hat in puncto Nachhaltigkeit kein gutes Image. „Hoher Ressourcenverbrauch, Bodenerosion, Verdrängung von Tierarten, wesentlicher Mitverursacher des Klimawandels“, so lauten gängige Charakterisierungen.
Mit der Realität haben diese Vorwürfe allerdings wenig zu tun; die Fakten sehen anders aus. Fairerweise muss man der deutschen Landwirtschaft sogar ein klares Lob für ihre Effizienz aussprechen.
Obwohl uns nämlich unsere Landwirtschaft eine üppige Ernährung beschert – 3.500 kcal/Tag vs. 2.900 kcal/Tag im weltweiten Durchschnitt –, verursacht sie im weltweiten Vergleich insgesamt weniger ökologische Belastungen.
Richtig ist allerdings, dass der deutliche Rückgang der Bestände bei vielen heimischen Insekten- und Vogelarten in den letzten Jahrzehnten auch auf die intensive Landwirtschaft zurückzuführen ist. Bis zu einem gewissen Grad ist dies jedoch im Zuge der zivilisatorischen Entwicklung kaum zu vermeiden: Es handelt sich um ein europaweites, ja um ein weltweites Phänomen.
Immerhin ist es u. a. durch vielfältige Schutzmaßnahmen hierzulande gelungen, die konkrete Gefährdung etwa von Vogelarten in den letzten 20 Jahren zu stabilisieren.
Das mit Abstand wichtigste ökologische Problem der Gegenwart ist aber nicht der Ressourcenverbrauch oder der Rückgang von Tierpopulationen, sondern der Klimawandel. Insofern wiegt der Vorwurf „Klimasünder“ in Richtung Landwirtschaft besonders schwer. Wie sehen hier die Fakten aus?
Die gesamte Landwirtschaft verursacht ca. 8 % der deutschen Klimaemissionen, die viel geschmähte Fleischproduktion nur etwa 3 %. Dies ist zum einen nicht wirklich viel im Vergleich zu den 85 %, die durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entstehen; zum anderen sind diese Emissionen Stand heute technisch kaum zu vermeiden.
Ja, wir könnten unseren Fleischkonsum reduzieren. Aber selbst wenn alle Deutschen ab sofort nur halb so viel Fleisch essen wie bisher: das hätte weniger Klimaeffekt als die Stilllegung eines einzigen (!) Braunkohlekraftwerks.
Gerade beim Klimaschutz sollten wir uns in den nächsten 20 Jahren wirklich auf die großen Hebel, die richtigen Prioritäten konzentrieren: Ausstieg aus der Kohle, Elektromobilität, Gebäudesanierungen und Wärmepumpen, Aufbau einer internationalen Wasserstoffwirtschaft für Industrie und Heizungen.
Natürlich kann und sollte auch die Landwirtschaft ihre ökologischen Auswirkungen noch weiter reduzieren; mein Eindruck ist aber, dass die meisten Landwirte diese Verantwortung bereits sehr ernst nehmen.
Hinweis: Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten. Wie stehen Sie dazu? Wir freuen uns auf Ihren Kommentar unten.
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Thomas Unnerstall ist Physiker, war Energiemanager und arbeitet jetzt als Berater und Autor. Hier seine Sicht auf den Vorwurf, die Landwirtschaft verschwende über Gebühr Ressourcen.
Die Landwirtschaft hat in puncto Nachhaltigkeit kein gutes Image. „Hoher Ressourcenverbrauch, Bodenerosion, Verdrängung von Tierarten, wesentlicher Mitverursacher des Klimawandels“, so lauten gängige Charakterisierungen.
Mit der Realität haben diese Vorwürfe allerdings wenig zu tun; die Fakten sehen anders aus. Fairerweise muss man der deutschen Landwirtschaft sogar ein klares Lob für ihre Effizienz aussprechen.
Obwohl uns nämlich unsere Landwirtschaft eine üppige Ernährung beschert – 3.500 kcal/Tag vs. 2.900 kcal/Tag im weltweiten Durchschnitt –, verursacht sie im weltweiten Vergleich insgesamt weniger ökologische Belastungen.
Richtig ist allerdings, dass der deutliche Rückgang der Bestände bei vielen heimischen Insekten- und Vogelarten in den letzten Jahrzehnten auch auf die intensive Landwirtschaft zurückzuführen ist. Bis zu einem gewissen Grad ist dies jedoch im Zuge der zivilisatorischen Entwicklung kaum zu vermeiden: Es handelt sich um ein europaweites, ja um ein weltweites Phänomen.
Immerhin ist es u. a. durch vielfältige Schutzmaßnahmen hierzulande gelungen, die konkrete Gefährdung etwa von Vogelarten in den letzten 20 Jahren zu stabilisieren.
Das mit Abstand wichtigste ökologische Problem der Gegenwart ist aber nicht der Ressourcenverbrauch oder der Rückgang von Tierpopulationen, sondern der Klimawandel. Insofern wiegt der Vorwurf „Klimasünder“ in Richtung Landwirtschaft besonders schwer. Wie sehen hier die Fakten aus?
Die gesamte Landwirtschaft verursacht ca. 8 % der deutschen Klimaemissionen, die viel geschmähte Fleischproduktion nur etwa 3 %. Dies ist zum einen nicht wirklich viel im Vergleich zu den 85 %, die durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas entstehen; zum anderen sind diese Emissionen Stand heute technisch kaum zu vermeiden.
Ja, wir könnten unseren Fleischkonsum reduzieren. Aber selbst wenn alle Deutschen ab sofort nur halb so viel Fleisch essen wie bisher: das hätte weniger Klimaeffekt als die Stilllegung eines einzigen (!) Braunkohlekraftwerks.
Gerade beim Klimaschutz sollten wir uns in den nächsten 20 Jahren wirklich auf die großen Hebel, die richtigen Prioritäten konzentrieren: Ausstieg aus der Kohle, Elektromobilität, Gebäudesanierungen und Wärmepumpen, Aufbau einer internationalen Wasserstoffwirtschaft für Industrie und Heizungen.
Natürlich kann und sollte auch die Landwirtschaft ihre ökologischen Auswirkungen noch weiter reduzieren; mein Eindruck ist aber, dass die meisten Landwirte diese Verantwortung bereits sehr ernst nehmen.
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