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Vereinigte Hagel: „Die Wetterextreme werden noch zunehmen!“

Starkregen, Hagelschläge, Frost und Dürre machen den Landwirten immer stärker zu schaffen. Wie die Versicherer den Bauern helfen wollen, beschreibt Dr. Rainer Langner, Chef der Vereinigten Hagel im Interview mit top agrar für die aktuelle Ausgabe 10/2017.

Lesezeit: 5 Minuten

Starkregen, Hagelschläge, Frost und Dürre machen den Landwirten immer stärker zu schaffen. Wie die Versicherer den Bauern helfen wollen, beschreibt Dr. Rainer Langner, Chef der Vereinigten Hagel im Interview mit top agrar für die aktuelle Ausgabe 10/2017:

 

Wie war das Schadenjahr 2017?

 

Langner: Bescheiden. Wir haben schon jetzt mehr als 100 % unseres Prämienvolumens nur für den Schadenausgleich an die Versicherten ausgezahlt. Die Kosten für die Gutachter und für unser eigenes Personal sind dabei noch gar nicht mitgerechnet.

 

Frühjahrstrockenheit im Westen, deutschlandweit scharfe Spätfröste Ende April sowie viele lokale Hagel- und Starkregenereignisse im Juli und August. Alles in einem Jahr. Wird das Wetter extremer?


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Langner: Wir sehen das so. Vor allem bei Starkregen hat die Häufigkeit und der gefallene Niederschlag pro Quadratmeter deutlich zugenommen.


Sind das Vorboten des Klimawandels?

 

Langner: Eindeutig. Wir sind sicher, dass die Wetterrisiken noch zunehmen.

 

Wie stellen Sie sich darauf ein? 

 

Langner:Wir haben bei den Klimaforschungsinstituten Studien in Auftrag gegeben, um zu erfahren, wie, wann und wo sich der Klimawandel auswirkt. Das soll uns helfen, künftige Wetterrisiken besser abzuleiten.

 

Was bedeutet das für Ihr Angebot?

 

Langner:Wir haben unser Angebot in den vergangenen 10 Jahren deutlich ausgebaut. Aus dem reinen Hagelversicherer ist ein Mehrgefahrenversicherer geworden. Seit dem Jahr 2008 können wir auch gegen Sturm, Starkregen und Frost bzw. Auswinterung versichern.

 

Nehmen die Landwirte das Angebot an?

 

Langner: Ja. Bei Mais und Raps sind schon 40 % der Verträge Mehrgefahrenversicherungen. Wir wachsen in diesem Bereich jährlich um 150 000 bis 200 000 ha. Tendenz steigend.

 

An welchen Angeboten feilen Sie noch?

 

Langner: An der Dürreversicherung. Hier bieten wir eine Indexversicherung, die aber nicht nachgefragt wird.

 

Warum nicht?

 

Langner: Weil das ermittelte Basisrisiko zu hoch und damit die Prämie zu  teuer ist. Für eine exaktere Bestimmung des möglicherweise niedrigeren Basisrisikos fehlen uns aber kleinräumigere Wetter- und Bodendaten.

 

Welche Alternativen gibt es?

 

Langner: Man müsste mit Pauschalen arbeiten. Wenn es in einer Region über einen definierten Zeitraum ein Niederschlagsdefizit von 30, 40 oder 50 % gibt, ist von einem pauschalen Ertragsschaden von XX % auszugehen. In Luxemburg haben wir so ein Modell. Das kommt an. Über 50 % der Fläche ist dort gegen Dürre versichert.

 

Werden Sie das Konzept auf Deutschland übertragen?

 

Langner: Das planen wir gegenwärtig nicht. Für die Dürreversicherung brauchen wir andere Finanzierungsmodelle.

 

Sie meinen staatliche Prämienzuschüsse?

 

Langner:Solche Zuschüsse motivieren die Landwirte, sich zu versichern. Das haben wir erlebt, als es vor einigen Jahren in Rheinland-Pfalz eine Förderung für die Hagelversicherung im Weinbau gab. Innerhalb kurzer Zeit hat sich die versicherte Fläche um 50 % erhöht.

 

Und die Vereinigte Hagel hat sich die Taschen vollgemacht.

 

Langner: Schön wär’s. Im Ernst: Unsere Prämien orientieren sich am Schadenrisiko. Außerdem haben wir Marktbegleiter, mit denen wir im Wettbewerb stehen. Deshalb können wir die Prämien nicht willkürlich anheben. Unterm Strich sind sie in Rheinland-Pfalz während der staatlichen Förderung sogar leicht gesunken.

 

Wenn Sie mehr Verträge abschließen, müssten die Prämien doch sinken. Wie groß ist das Potenzial?


 

Langner: Nicht groß, maximal 5 bis 10 %, weil wir die Prämien schon jetzt nach dem regionalen Schadenrisiko kalkulieren. Hinzu kommt, dass die Mehrgefahrenversicherung bislang für uns ein Zuschussgeschäft ist.

 

Also doch staatliche Zuschüsse?

 

Langner: Fakt ist, dass 19 von 28 EU-Mitgliedstaaten staatliche Prämienzuschüsse im Rahmen der 2. Säule der EU-Agrarpolitik oder nationaler Programme anbieten. Und Fakt ist auch, dass die Obstbauern oder Winzer ein enormes Risiko gehen, wenn sie auf eine Hagel- oder Frostschutzversicherung verzichten. Das gefährdet im Schadenfall die Existenz eines Betriebes. Allerdings kann die Versicherungsprämie für solche Sonderkulturbetriebe je nach Risiko bis zu 25 % des Umsatzes ausmachen. Das kann sich niemand leisten. Staatliche Zuschüsse könnten da Entlastung schaffen und zugleich auch für ein Stück mehr Wettbewerbsgleichheit in der EU sorgen. 

 

Der DBV hält davon wenig. Warum?


 

Langner:Der Berufstand hat offenbar die Sorge, dass es dann innerhalb der EU und innerhalb Deutschlands zur Umschichtung von Geldern kommt, und zwar in die Regionen, in denen das Wetterrisiko höher ist. Also von Nord- und Westeuropa nach Süd- und Südosteuropa oder von Nordrhein-Westfalen und Bayern nach Brandenburg. Dieses Risiko sehe ich nicht. Wie viel Geld die EU-Staaten und die Bundesländer aus der 2. Säule bekommen, ist festgelegt. Es geht also darum, für welche Maßnahmen das Geld ausgegeben wird. Die Länder müssen entscheiden, ob ihnen zum Beispiel die Dorferneuerung wichtiger ist als der Versicherungszuschuss.

 

Der DBV befürchtet aber auch, dass der Mittelbedarf für Versicherungszuschüsse die Debatte über Umschichtungen von der 1. in die 2. Säule anheizt. Zu Recht?

 

Langner: Das ist nicht auszuschließen.


Die FDP fordert alternativ Mehrgefahrenversicherungen von der Versicherungssteuer zu befreien.

Was bringt das?


 

Langner: Wenig. Die Versicherungssteuer wurde für die Hagel- und Mehrgefahrenversicherung Anfang 2013 einheitlich auf 0,3 Promille der Versicherungssumme festgesetzt. Da wird eine komplette Befreiung kaum Effekte bringen. Die Dürreversicherung wird aber noch mit 19 % der Versicherungsprämie besteuert. Das macht den teuren Schutz noch teurer. Hier ist eine Gleichstellung mit den anderen versicherbaren Risiken geboten.

 

Von welchen Ländern kann Deutschland lernen? 

 

Langner: Österreich halte ich für vorbildlich. Dort gibt es eine 50 %ige Förderung der Versicherungsprämie. Dafür müssen die Versicherer allerdings jeden Vertrag annehmen. Inzwischen sind dort je nach versicherter Gefahr 60 bis 80 % der Fläche versichert.


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Marktführer aus Gießen


Die Vereinigte Hagel ist der führende deutsche Versicherer von Wetterrisiken. Sie hat nach eigenen Angaben rund 5,28 Mio. ha gegen Hagel (Marktanteil ca. 60 %), davon auch knapp 1 Mio. ha gegen Sturm, Starkregen und Frost (Mehrgefahren) versichert. Die Versicherungssumme beträgt 9,37 Mrd. € und das jährliche Prämien- volumen 161,4 Mio. € (alle Daten aus dem Jahr 2017). Weitere große Versicherer von Wetterrisiken sind die zur Allianz gehörende Münchener und Magdeburger Agrarversicherung AG (Nummer 2) und die Versicherungskammer Bayern (Nummer 3).

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