Verlust der Artenvielfalt schlimmer als der Klimawandel
Der Verlust der Biodiversität ist schlimmer einzustufen als der Klimawandel, meint der Direktor des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig (ZFMK), Prof. J. Wolfgang Wägele. Bei einer Tagung wies er darauf hin, dass Arten, die einmal verlorengegangen seien, nicht mehr rückholbar seien.
Der Verlust der Biodiversität ist schlimmer einzustufen als der Klimawandel, meint der Direktor des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig (ZFMK), Prof. J. Wolfgang Wägele. Bei einer Tagung wies er darauf hin, dass Arten, die einmal verlorengegangen seien, nicht mehr rückholbar seien, während der Klimawandel physikalisch reversibel sei.
Der in einer Studie festgestellte massive Rückgang der Insektenpopulation in deutschen Schutzgebieten hat die Wissenschaft nach den Worten des ZFMK-Direktors überrascht und die Politik aufgerüttelt. Die Untersuchung der aus deutschen, niederländischen und britischen Wissenschaftlern bestehenden Gruppe, darunter Vertreter des Entomologischen Vereins Krefeld, hatte für zwischen 1989 und 2016 beprobte Gebiete bei Fluginsekten einen Biomasseverlust zwischen 76 % und 81 % ergeben. Die Erhebungen waren dabei über 27 Jahre an 63 Standorten in Schutzgebieten mit unterschiedlichsten Lebensräumen des Offenlandes vor allem in Nordwestdeutschland erfolgt.
Wägele wies Kritik an dieser Studie zurück. Für ihn ist der Trend eindeutig: So zeigten im Vereinigten Königreich Untersuchungen einen Rückgang der Schmetterlinge von 70 %. Auch die Vögel würden immer weniger; beide Trends ließen sich auch in den Vereinigten Staaten beobachten.
Nach Erhebungen von Prof. Thomas Schmitt seien auf einem geschützten Kalkmagerrasen im Saar-Mosel-Gebiet in den Jahren 2011 und 2012 nachweislich 30 % der dort 1972 angetroffenen Schmetterlingsarten nicht mehr vorhanden, gut ein Fünftel nur noch sehr selten und weniger als die Hälfte der Populationen noch intakt. Was jetzt gebraucht werde, seien Informationen, betonte Wägele.
Unzureichende Kontrolle der Gülleausbringung
Als eine mögliche Ursache neben vielen anderen nannte der ZFMK-Direktor den Stickstoffeintrag aus der Luft; die Überdüngung der Böden führe zu geringerer Pflanzenvielfalt und damit auch zu weniger Insekten. Auch der Abdrift von Pflanzenschutzmitteln und das Einpacken alles Lebendigen beispielsweise beim Heumachen wirkten negativ.
Als weitere Gründe für den Insektenschwund nannte Wägele den Siedlungsbau, Lichtquellen, den Straßenverkehr, eine relativ monotone Pflanzenwelt an den Straßen sowie eine unzureichende Kontrolle der Landwirtschaft hinsichtlich der Gülleausbringung. In der Verantwortung sieht der Wissenschaftler aber auch die Bürger, denen es aber an Bildung in Naturschutzfragen fehle. So seien zum Beispiel Goldfische im Garten ganz schlecht für die Insekten. Die Politik sei in der Pflicht, zum Thema Artenvielfalt Aufklärung zu betreiben. Auch ist die Anwendung chemischer Pflanzenschutzmittel in Hausgärten nach Ansicht Wägeles zu hinterfragen.
von Heinrich-Bernhard Muenzebrock
Landwirtschaft ist immer schuld
ich möchte dem Professor nicht zu nahe treten - aber er hat keine Ahnung von Landwirtschaft. Die Landwirte arbeiten immer umweltbewusster. Dazu kommt, dass durch immer neue Vorschriften die Belastungen für die Umwelt rückläufig sind. Sie werden zum Heger und Pfleger der Landschaften. ... mehr anzeigen Daher den Landwirten den schwarzen Peter zuschieben zu wollen ist falsch. Es gibt viele andere Branchen und Bereiche die immer noch die Umwelt belasten. Dabei macht diese Belastung auch nicht an den Grenzen Deutschlands halt. Viele Länder sind, bei der Vergiftung des Lebensraums, noch Entwicklungsländer. Die ganze Problematik ist global zu betrachten und nicht das Problem des Stecknadelkopf großen Deutschlands. Unsere Regierung und auch die EU sollten dafür sorgen, dass Länder wie China oder die USA endlich ihre Hausaufgaben machen. weniger anzeigen
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von Paul Maier
Bei aller Kritik an der Stellungnahme von Prof. Wägele muss man anerkennen,
dass er wenigstens einmal auch Ursachen für den Artenschwund ausserhalb der Landwirtschaft benannt hat. Eine Qantifizierung nahm er nicht vor, das dürfte auch sehr schwierig sein. Auch er spricht von Rückgängen, die in Schutzgebieten wie jenem in Krefeld erhoben wurden. Dafür allein ... mehr anzeigen Abtrift von gasförmigem Stickstoff aus der Gülle und von Pflanzenschutzmaßnahmen als Grund heranzuziehen klingt reichlich hypothetisch und ist weit weg von gesicherter Erkenntnis. Um nur einen Faktor zu nennen: Wie viel Flugbenzin wird in der Nähe großer Flughäfen beinahe täglich abgelassen und davon kommt sicher auch ein Teil als Gas auf der Erde an, sogar über Naturschutzgebieten. Wer Benzindampf einatmet wird benebelt und Insekten können daran sogar sterben. Der immer wieder genannte Stickstoff stammt auch nicht aller aus der Landwirtschaft, denn sonst wären die Stickoxydgrenzwerte in den Städten nicht ständig überschritten. weniger anzeigen
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von Berthold Lauer
Wenn Insektenpopulationen in Schutzgebieten zurückgehen, dann läuft doch möglicherweise in diesen Schutzgebieten etwas falsch. Die meisten Schutzgebiete sind ja auch eigentlich keine "Insektenschutzgebiete", sondern ganz oft geht es um bestimmte Pflanzengesellschaften, die mittels ... mehr anzeigen spezieller Pflegemaßnahmen oder das Unterlassen von Maßnahmen gefördert werden sollen. Um den Bestand der dort vorkommenden Insekten haben sich in der Vergangenheit auch nur wenige Landschaftsschützer Gedanken gemacht. weniger anzeigen
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von Heinrich Roettger
Je größer das Bauernsterben ,desto größer ist der Artenschwund
Artensterben ist eng mit dem Sterben der Bauernhöfe in Deutschland verbunden.Oder anders: Je mehr Naturschutzfläche, umso weniger Arten.
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von Konrad Darscheid
Zum Insektensterben ist schon alles gesagt, aber noch nicht von Jedem
So widerlegt man seine eigenen Aussagen: Herr Koenig sagt einerseits, dass sich die Trends "auch in den Vereinigten Staaten beobachten lassen", um dann die (Über-) Düngung als einen wesentlichen Grund zu nennen. Problem: Der Düngereinsatz/ha ist in den USA nur halb so hoch wie in ... mehr anzeigen Deutschland. Wo ist also die Kausalität? Und ganz besonders in Deutschland ist der Verbrauch pro ha seit 30 Jahren stark rückläufig- schon ohne DüV! Woher also der "Trend"? Ich bin der Letzte, der der Landwirtschaft einen Persilschein ausstellen will. Und immerhin scheint Prof. König ja auch eine ansatzweise breitere Betrachtung zu haben. Aber ein Professor mit einer solch peinlichen Ignoranz gegenüber Kausalitäten disqualifiziert sich selbst, einen ernstzunehmenden wissenschaftlichen Beitrag leisten zu können. weniger anzeigen
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von Altmann
Und wieder ein mal die Landwirtschaft
Ganz egal ob Fliegenplage oder Insektensterben: Einzig und allein die Landwirte sind Schuld. Die Bodenversiegelung, die Mobilfunkstrahlen und der ausufernde Flugverkehr spielen doch überhaupt keine Rolle!!
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