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Von der LPG zum eigenen Betrieb

Mit dem Saalower Kräuterschwein hat Andreas Vogel eine regionale Marke in Brandenburg entwickelt. Er setzt auf eine besondere Futtermischung sowie mehr Tierwohl und verdient damit 30 Ct/kg mehr.

Lesezeit: 6 Minuten

Kurz vor der Wende haben wir in der DDR 1,75 Mark für den Liter Milch bekommen, einen Tag später waren es auf einmal nur 75 Pfennig“, erinnert sich Andreas Vogel. „Die Umstellung war vehement. Wie ein Schalter, der einfach umgelegt wurde.“

Vogel stieg wenige Monate vor der Wiedervereinigung nach seinem Landwirtschaftsstudium in Berlin als stellvertretender Vorsitzender in die Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) in Saalow, etwa 30 km südlich von Berlin, mit ein.

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Nach der Wende gründeten die ehemaligen Mitglieder der LPG zunächst eine Genossenschaft. Sie wählten den damals erst 27jährigen Vogel zum Vorsitzenden. Sein vorrangiges Ziel war es, die Produktion zu sichern. So ackerten sie noch lange mit den alten Traktoren und Anbaugeräten, obwohl viele wertlos waren. „Wir hatten drei Schwarzwurzelvollernter, die in der LPG nie zum Einsatz kamen. Sie waren uns vom Staat zugeteilt worden, obwohl wir keine Schwarzwurzeln angebaut haben. Diese konnten wir nicht verkaufen“, blickt der Landwirt zurück.

Bank fror die Schulden ein

Zu der damaligen LPG gehörten 1500 ha Ackerbau, 200 Kühe und 150 Sauen, deren Ferkel verkauft wurden. Zudem hatte die Genossenschaft 20 Mio. Ostmark bzw. 6,9 Mio. D-Mark Altschulden. Mit der Bank handelte der Vorstand des neuen Betriebes eine Rangrücktrittsvereinbarung aus. Dadurch fror die Bank die alten Schulden der LPG ein, sodass der Vorstand diese nicht sofort zurückzahlen brauchte. Eine Bedingung war aber, dass die Genossenschaft das gesamte nicht notwendige Betriebsvermögen verkaufen musste. Der Erlös ging an die Bank. Das waren zum Beispiel drei Mitarbeiterhäuser. Erst 2003 hat die Bank den Geldbetrag der Altschulden bewertet und umgeschuldet.

Vor 1990 zählte die LPG 200 Mitglieder, davon 150 Angestellte. Nach dem Mauerfall blieben nur noch zehn Mitglieder übrig. Vielen war das finanzielle Risiko zu groß. „Sie wollten keine Verantwortung und Haftung für das Unternehmen übernehmen, sondern lieber jemanden haben, der sagt, wo es langgeht“, sagt Vogel. Daher wandelte der Vorstand die Genossenschaft 1996 in eine GmbH um.

Magere Böden optimal nutzen

Die Milchviehhaltung stellte Vogel um die Jahrtausendwende ein. „Wir hatten die Anlage 1991 von der Anbindehaltung zu einem Laufstall mit Melkstand umgebaut“, sagt Vogel. Doch nach einigen Jahren standen Ersatzinvestitionen an. „Schon damals war es schwierig, Arbeitskräfte zum Melken zu finden. Berlin wirkte wie ein Staubsauger für gute Mitarbeiter. Daher stieg ich aus der Milchviehhaltung aus“, resümiert er. „Trotzdem wollten wir weiter Tiere halten, da diese zur Landwirtschaft dazu gehören. Wir brauchen hier auf den sandigen Böden organischen Dünger“, erklärt Vogel.

Deswegen stand 1998 der Bau eines Schweinestalls für 2500 Tiere an, um die eigenen Ferkel der 350 Sauen zu mästen. Weil die Preise sich in dem Jahr aber nicht so entwickelten wie geplant, wollten die anderen Gesellschafter aussteigen. Sie stellten Vogel vor die Wahl: Entweder kauft er alle Anteile oder der Betrieb wird komplett verkauft. „Ich entschied mich damals für den Betrieb, der ab 1998 komplett mir gehörte“, sagt Vogel. Sein Vorbild sind die Familienbetriebe im Westen: „Auf den großen Betrieben im Osten haben fast alle das Problem, gute Arbeitskräfte zu finden und zu halten. Das funktioniert auf den Familienbetrieben deutlich besser.“

Der Landwirt bewirtschaftet heute 1250 ha Ackerfläche und 200 ha Grünland, seit 15 Jahren komplett ökologisch. Umgestellt hat er, weil er mit seiner Landwirtschaft einen wirtschaftlichen Mehrwert und eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz erreichen will. Das passt gut zu seinem Konzept mit der Direktvermarktung der Schweine.

Neben einer weiten Fruchtfolge aus seiner Hauptkultur Roggen, Gerste, Erbsen, Sonnenblumen, Luzerne und Gras sät er zwischen seine Kulturen zum Teil Untersaaten wie Schafschwingel im Roggen, um den Unkrautbesatz klein zu halten. Diese Untersaat bleibt dann den kompletten Herbst und Winter stehen und hält die Nährstoffe in den leichten Böden.

Allerdings kann er das Futter nicht als ökologisches Futter verkaufen, da in der Nähe keine Bioschweinehalter sind. Seine Schweine vermarktet er ebenfalls konventionell. „Ich würde gerne Bioschweine verkaufen. Die Nachfrage, gerade aus Berlin, ist da. Allerdings bekomme ich hier in der Gegend keine ökologisch aufgezogenen Ferkel“, erzählt Vogel, „Das passt dann nicht zu meinem regionalen Konzept.“

Regionale Kräuterschweine

2015 baute Vogel noch einen Maststall für 2100 Schweine. Insgesamt hat er nun 4500 Mastplätze. Nach dem Bau des zweiten Maststalls gab Vogel die eigene Sauenhaltung komplett auf. Die Sauen entwickelten sich trotz Umbauten in den alten LPG-Ställen nicht gut.

„Die Decken waren nur 2 m hoch. Dadurch lief keine Lüftung vernünftig. Außerdem waren die alten Ställe arbeitsintensiv: Die Gülle konnten wir in den alten Kanälen schlecht pumpen, das Waschen der Abteile war mühsam“, begründet Vogel seine Entscheidung. Da die Mitarbeitersituation sich eher verschlimmerte, stand sein Entschluss fest. „Heute habe ich zwei Mitarbeiter in der Tierhaltung und drei im Ackerbau. So kann ich gut Arbeitsspitzen aber auch Urlaube organisieren“, sagt er.

Seine Tiere vermarktet der Schweinemäster seit fast 20 Jahren unter der regionalen Marke „Saalower Kräuterschwein“. Regional bedeutet für ihn kurze Transportwege für die Ferkel, die Mastschweine sowie für die fertigen Fleischprodukte in die Läden bzw. Restaurants. 20 km von seinem Hof entfernt kauft er seine Ferkel.

Neben Regionalität setzt Vogel auf mehr Tierwohl. In seinem neuen Stall, haben die Schweine mindestens 10% mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben, Spielzeug und Heuraufen mit eigenem Luzerne- und Wiesenheu. An die Tiere füttert er sein eigenes Getreide, GVO-freies Soja- und Rapsschrot sowie einen Zusatz aus Kräutern und ätherischen Ölen.

„Die Kräuter erhöhen die Futteraufnahme der Tiere und wirken sich positiv auf den Stoffwechsel aus“, erklärt der Landwirt. Die Idee für das Kräuterschwein ist ihm gekommen, weil in seinem Biogetreide meist ein höherer Fremdkornbesatz aus beispielsweise Mohn oder Kornblumen ist. Das nutzt er nun als besonderes Fütterungsmerkmal seiner Schweine.

Etwa 100 Tiere pro Woche, die er als Kräuterschweine vermarkten kann, schlachtet die Metzgerei Lehmann im 10 km entfernten Trebbin. Die Teilstücke verkauft Vogel dann weiter an Fleischereien in der Gegend, Supermärkte mit Fleischtheken und Restaurants in Berlin. „Am Kräuterschwein verdiene ich etwa 30 Cent pro Kilogramm mehr. Jedoch habe ich auch höhere Kosten und das für alle Schweine“, erklärt der Direktvermarkter. Die restlichen Schweine – etwa 50% seiner jährlichen Masttiere – fahren bis nach Weißenfels. Hier kann er keinen Mehrerlös erzielen.

Sein Ziel ist es, künftig alle Schweine höherpreisig zu verkaufen. Um das umzusetzen, will er einen Aktivstall bauen, in dem die Tiere selbst entscheiden können, ob sie im Strohbereich auf Spalten oder nach draußen wollen. Außerdem will er auf seiner Homepage einen Onlineshop integrieren, damit seine Kunden bequem per Mausklick bestellen können.

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