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Wachsende Kritik an Landwirtschaftsminister Özdemir

Die Kritik am agrarpolitischen Kurs von Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir nimmt sowohl in der Ampelkoalition als auch in der Opposition zu.

Lesezeit: 7 Minuten

Im Agra-Europe (AgE)-Interview üben die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, Kritik an der aktuellen Politik des Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir.

„Unsere guten Böden und die Produktion noch weiter stillzulegen und zu extensiveren, ist ein fataler Irrweg“, sagte die stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Carina Konrad, vergangene Woche gegenüber AgE. Ziel müsse es sein „den von der Vorgängerregierung ausgestalteten nationalen GAP-Strategieplan dahingehend anzupassen, kommende Produktionshemmnisse abzubauen“. Bei einem solchen Vorhaben werde man das Bundeslandwirtschaftsministerium „klar unterstützen“, versicherte die FDP-Politikerin. Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Albert Stegemann, warf Özdemir vor, er ignoriere die Notwendigkeit einer leistungsstarken und hocheffizienten Landwirtschaft in Deutschland. Stegemann fordert den Minister auf, „nicht weiter den Wunschträu- men der Grünen von einer heilen Welt hinterherzulaufen“. Die bayerische Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber forderte von Özdemir verlässliche Entscheidungen zur Tierhaltung.

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Unterdessen erteilte der Bundesminister Forderungen nach einem einseitigen Fokus auf Intensivierung und Produktivitätssteigerungen erneut eine Absage. Wer einfach mehr Flächen in Produktion nehmen und „auch noch den Tiergarten umpflügen“ wolle, müsse auch eine ehrliche Debatte über die Verwendung der erzeugten Rohstoffe führen, erklärte Özdemir am vergangenen Dienstag bei einer Aktion von Entwicklungs-, Menschenrechts- und Bauernorganisationen vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium.

Krisenresiliente Landwirtschaft

Der Grünen-Politiker wies darauf hin, dass mehr als die Hälftedes in Deutschland angebauten Getreides derzeit in die Fütterung gehe oder für die Erzeugung von Biokraftstoffen eingesetzt werde. Wenn es um die internationale Ernährungssicherung geht, sollte Özdemir zufolge deshalb auch diskutiert werden, „wie viele der Agrarerzeugnisse dann noch in den Tank oder den Teller gehen dürfen“. Für ihn sei klar, so der Minister, dass in so einer Situation die Devise heißen müsse „Teller first“. Intensivierung sei hingegen keine Lösung, führte Özdemir aus. Vielmehr müsse es darum gehen, eine „krisenresiliente“ Landwirtschaft aufzubauen und die Abhängigkeiten von fossilen Energien zu beenden, die erst zu den heutigen Abhängigkeiten geführt hätten. „Der Hunger ist dort am größten, wo die Klimakrise heute schon Existenzen bedroht“, erklärte der Minister. Seinen Angaben zufolge droht in Ostafrika derzeit die schlimmste Hungersnot seit 40 Jahren.

Eine Ursache sei die Importabhängigkeit von Ländern, die bereits von Kriegen, der Klimakrise und damit einhergehenden Dürren und Überschwemmungen betroffen seien. Dort seien gravierende Auswirkungen auf die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln zu erwarten. „Nachhaltige, klimagerechte Landwirtschaft muss sowohl vor Ort, als auch vor unserer eigenen Haustür, in Europa, gestärkt werden“, so der Minister. Nur so sei das Recht auf Nahrung zu sichern.

Biotechnologie als „Freiheitstechnologie“

„Umweltfreundlichere Erzeugung ohne Ertragseinbußen kann mit Mut zu Fortschritt und neuen Technologien gelingen“, stellte FDP-Fraktionsvize Konrad fest. Was bei der zukünftigen Energieerzeugung der Fall sei, lasse sich in gewisser Weise auch auf die Landwirtschaft übertragen. Konrad: „Der nachhaltigen Intensivierung unserer Produktion durch Innovationen kommt eine entscheidende Rolle zu.“ Die moderne Biotechnologie sei dabei eine „Freiheitstechnologie, die uns unabhängiger von Dünger- und Energieimporten machen kann“. Der FDP-Politikerin zufolge verschärft der Angriffskrieg auf die Ukraine die ohnehin schon besorgniserregende Entwicklung mit der zunehmenden Zahl an Hungernden auf der Welt. Bei wachsender Weltbevölkerung steige die landwirtschaftliche Produktivität nicht mehr in gleichem Maße an, wie es noch vor einigen Jahren der Fall gewesen sei. Äußere Einflüsse wie Missernten, extreme Wetterereignisse und zuletzt die Folgen der Corona-Pandemie seien noch hinzugekommen. „Wir müssen nun unsere Verantwortung in der Welt wahrnehmen und dürfen die Ärmsten nicht im Stich lassen, denn wir haben keinesfalls ein Verteilungsproblem, sondern eine real existierende Knappheit an Agrarrohstoffen“, erklärte Konrad.

Allein in Europa

Auch für Stegemann steht außer Frage, „wir brauchen eine stärkere und höhere Produktion in Europa, um Putin zu trotzen“. Das gelte für die Energieversorgung genauso wie für die Lebensmittelversorgung. Mit seiner Weigerung, die landwirtschaftliche und vor allem konventionelle Erzeugung auszuweiten, stehe der Bundeslandwirtschaftsminister in Europa alleine da: „Vielleicht sieht er die Zusammenhänge zwischen Krieg, Welternährung und zunehmenden Konflikten sowie zwischen Angebot und steigender Nachfrage, wenn seine EU-Kollegen in Brüssel sie ihm erklären“, hofft der Unionsabgeordnete.

Auch nach seiner Einschätzung nutzt der russische Präsident Wladimir Putin den Hunger als Waffe. Die Einstellung russischer Getreideexporte setze dieser als Druckmittel gegenüber anderen Staaten ein. Die Ukraine und Russland seien wichtige Getreidelieferanten. Ukrainische Exporte seien jedoch in weiten Teilen zum Erliegen gekommen. Russland beliefere zudem nur ausgewählte „befreundete“ Staaten. Dadurch werde der Druck auf Länder erhöht, sich der russischen Sichtweise auf diesen völkerrechtswidrigen Krieg zu beugen. Das dürfe man nicht zulassen. Stegemann: „Putin nutzt den Hunger als Waffe und Minister Özdemir schaut weg.“

Putin nutzt den Hunger als Waffe und Minister Özdemir schaut weg.“ - Stegemann

„Ankündigungsmodus“

Tatenlosigkeit im Hinblick auf die Tierhaltung warf Bayerns Ressortchefin Kaniber ihrem Berliner Amtskollegen vor: „Während andere EU-Länder längst aktiv sind, ist der Bundesminister immer noch im Ankündigungsmodus“, beklagte die CSU-Politikern. „Unsere Tierhalter, allen voran die Schweinehalter, stehen mit dem Rücken an der Wand“, so Kaniber. Schlechte Wirtschaftlichkeit, fehlende Anerkennung und mangelnde Perspektive führten zu immer mehr Betriebsaufgaben.

„Einfach laufen lassen, ist keine Lösung“, mahnte die Ministerin. Sie verwies erneut auf die Vorschläge der Borchert-Kommission, die längst auf dem Tisch lägen. Die für die Betriebe elementare Frage der Finanzierung dürfe jetzt nicht noch länger aufgeschoben werden. Zudem müsse der Bund schnellstens die angezogene Handbremse beim Bau- und Immissionsschutzrecht für Tierwohlställe lösen. Der Zielkonflikt im Bundesrecht zwischen Tierwohl und Immissionsschutz sei

zu Gunsten des Tierwohls aufzulösen.

Zudem sieht Kaniber den Bund gefordert, den Export von deutschem Schweinefleisch in Drittlandsmärkte wieder zu ermöglichen, der durch die Afrikanische Schweinepest (ASP) zum Erliegen gekommen ist. Dies sei auch Frankreich gelungen, so die Ministerin in Anspielung auf das von der Pariser Regierung geschlossene Regionalisierungsabkommen mit China.

Kaniber betonte die Notwendigkeit umfangreicher Hilfsmaßnahmen für Schweinehalter, wie sie die EU-Länder Polen, Frankreich oder Italien bereits auf den Weg gebracht haben. So unterstütze Polen seine angeschlagenen Schweinehalter mit rund 88 Mio. €, Italien mit insgesamt 500 Mio. € und Frankreich mit bis zu 270 Mio €. Bayern wird nach Angaben der Ministerin im Rahmen seines neuen Programms „BayProTier“ bereits im Juli in die Förderung besonders tiergerechter Haltungsverfahren einsteigen. Das bayerische Förderprogramm starte im ersten Jahr mit 6 Mio. € für die besonders betroffenen Zuchtsauenhalter.

UFOP finanziell stärken

Die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) teilte mit, sie rechne infolge des Ukraine-Krieges mit gravierenden Auswirkungen für die globale Ernährungssicherung. Laut FAO-Prognose könnte der Krieg zu einem Anstieg der Zahl der Hungernden um 8 Millionen bis 13 Millionen Menschen führen, zusätzlich zu den im Welternährungsbericht für 2020 geschätzten 720 Millionen bis 811 Millionen Menschen, die weltweit Hunger leiden. In etwa gleich betroffen wären demzufolge die Region Asien/Pazifik, dabei vor allem Bangladesch, sowie Afrika. Man sei sich einig, dass diese Länder Unterstützung benötigen, erklärte das Bundeslandwirtschaftsministerium im Nachgang zu einer FAO-Sondersitzung. Daher solle sichergestellt werden, dass das World Food Programme (WFP) finanziell gestärkt werde. Das WFP bezieht nach Ministeriumsangaben 50 % seines Weizens aus der Ukraine und erwartet aufgrund von Preissteigerungen monatliche Mehrkosten von 71 Mio $ (64,5 Mio Euro), um die Hilfslieferungen sicherzustellen. Deutschland stockt laut Bundesregierung die humanitäre Hilfe von 64 Mio € auf insgesamt 370 Mio € auf, um insbesondere die Arbeit des WFP auszuweiten. Zudem werde die Bundesregierung insbesondere über den Etat des Entwicklungsministeriums insgesamt 430 Mio. € für die globale Ernährungssicherung bereitstellen.

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