In Thüringen ist die Linke bei der Landtagswahl von gestern mit 31% stärkste Partei geworden. Schon an zweiter Stelle folgt die AfD mit 23,4%. Die CDU belegt den dritten Platz mit 21,8%. SPD, Grüne und FDP erzielen einstellige Ergebnisse, wobei Grüne und FDP um den Einzug in den Erfurter Landtag bangen mussten.

Für die künftige Regierungsbildung ist vieles offen. Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linkspartei sieht für sich und seine Partei einen klaren Regierungsauftrag. Weiter eine Regierung mit SPD und Grünen stellen, kann er nicht. Er braucht mindestens einen weiteren Koalitionspartner. Das könnte die FDP sein. Rechnerisch ergibt auch die Konstellation aus Linkspartei und CDU eine stabile Mehrheit. Doch die CDU hatte im Vorfeld ein Regierungsbündnis mit den Linken ausgeschlossen. Am Montagmorgen zeigte sich Thüringens CDU-Spitzenkandidat Mike Mohring dafür jedoch etwas offener. Mit der AfD vom rechten Flügel-Chef Björn Höcke hingegen wollen weder die Linke noch die CDU koalieren.

Auswertung von Landwirtsstimmen steht noch aus

Am Nachmittag wird die Forschungsgruppe Wahlen die Auswertung des Thüringer Wahlergebnis nach Berufsgruppen veröffentlichen. Das wird zeigen, welchen Stimmenanteil die Landwirte welchen Parteien gegeben haben. Bei den Landtagswahlen in Sachsen Anfang September war die AfD unter den Landwirten mit 34% stärkste Kraft geworden. In Brandenburg, wo am gleichen Tag gewählt worden war, erhielt die AfD 14% der Landwirtsstimmen und landete bei den Landwirten auf Platz 4. Gewinnerin war dort bei den Landwirten die SPD mit 34% gewesen.

Besetzung des Agrarministeriums offen

In welche Hand nach der Wahl vom Sonntag das Landwirtschaftsministerium kommt, ist offen. Amtsinhaberin Birgit Keller von der Linken könnte zumindest vorerst weitermachen, wenn Ministerpräsident Bodo Ramelow bei einer Minderheitsregierung an ihr festhält. Keller hat bei der Wahl mit 32,3% ein Direktmandat im Wahlkreis Nordhausen I gewonnen. Sie war bei den Bauernprotesten am Dienstag in Erfurt gemeinsam mit Ramelow auf die Bühne gegangen und hatte sich den Fragen von Landwirten gestellt.

Kritik an AfD Unterwanderung der Bauernproteste vor der Wahl

Bei den Bauernprotesten am Dienstag in Erfurt hatte sich ein Trecker-Gespann mit einem großen Wahlplakat der AfD unter die Menge gemischt. Als Bilder davon in den sozialen Netzwerken auftauchten, machte sich Unmut wegen der parteipolitischen Unterwanderung der Proteste breit. Der Präsident des Thüringer Bauernverbands, Klaus Wagner, stellte sich danach öffentlich gegen das Vorgehen. „Der AfD-Wagen hat sich auf den letzten Kilometern unautorisiert in den Korso gedrängt“, schrieb er auf Twitter. Der Verband distanzierte sich deutlich dagegen. „Hier wurden friedliche Bauernproteste ausgenutzt, um Wahlkampf auf dem Rücken der Landwirte zu betreiben. Das ist unseriös und hinterlistig“, hatte der Thüringer Bauernverband mitgeteilt.

Auch Ministerpräsident Ramelow hatte die Parteinahme kritisiert. „Protest der Landwirte versucht die AfD mit einem, mit ihren Parolen geschmückten Fahrzeug, zu entern! Im Fahrzeug befindet sich auch MdB Brandner der bestimmt keine Sorgen kennt wie unsere Bauern“, schrieb er auf Twitter. Zuvor hatte sich Thüringens grüne Umweltministern Anja Siegesmund beschwert: „Ich verstehe, dass Landwirte mehr Respekt für ihre Arbeit fordern, aber ich habe null Verständnis dafür, dass Trecker mit AfD Werbung mit Bauern demonstrieren“, hatte sie auf Twitter geschrieben.