Die von der Bundesregierung am 25.11 verabschiedeten Preisbremsen für Gas und Strom ab kommendem Jahr werden sich in der Landwirtschaft und im Gartenbau bemerkbar machen. Die klassische Landwirtschaft mit Ackerbau und Tierhaltung wird vor allem von der Strompreisbremse profitieren.
Einige Gartenbau-Unternehmen und vereinzelte landwirtschaftliche Betriebe können zudem mit der Preisbreme bei Gas rechnen, da diese nur für leitungsgebundenes Gas gilt. Das zeigen erste Einschätzungen des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und des Zentralverbandes Gartenbau (ZVG).
Am Freitag hatte das Bundeskabinett die entsprechenden Gesetzentwürfe im Umlaufverfahren verabschiedet. Die Preisbremsen für Strom und Gas gelten ab März 2023 bis April 2024. Im März sollen zudem rückwirkend die Entlastungsbeträge für Januar und Februar 2023 von den Versorgern angerechnet werden.
So funktioniert die Gaspreisbremse
Beim Gas erhalten Haushalte und kleinere Unternehmen, die weniger als 1,5 Mio. kWh Gas verbrauchen für 80 % ihres im September 2022 prognostizierten Jahresverbrauchs einen garantierten Gas-Bruttopreis von 12 ct/kWh. Unternehmen mit einem Gasverbrauch von mehr als 1,5 Mio. kWh im Jahr erhalten für 70 % ihres Gas-Verbrauchs, bezogen auf ihren Verbrauch im Jahr 2021, einen garantierten Netto-Arbeitspreis von 7 ct/kWh. Wärmekunden erhalten für 70 % ihres Verbrauchs, der dem September-Abschlag 2022 zugrunde liegt, einen garantierten Arbeitspreis von 7,5 ct/kWh.
Das gilt bei der Strompreisbremse
Beim Strom erhalten Haushalte und kleinere Unternehmen, die weniger als 30 000 kWh Strom im Jahr verbrauchen, für 80 % ihres bisherigen Stromverbrauchs einen garantierten Bruttopreis von 40 ct/kWh. Für Verbräuche oberhalb dieses „Basis-Kontingents“ gilt der vertraglich vereinbarte Preis. Unternehmen mit einem Stromverbrauch von mehr als 30 000 kWh im Jahr erhalten 70 % ihres bisherigen Stromverbrauchs zu einem garantierten Netto-Arbeitspreis von 13 ct/kWh. Steuern, Abgaben und Umlagen fallen zusätzlich an.
Landwirtschaft: Kostensteigerung von 200 statt 300% beim Strom
Der DBV bewertet die Preisbremsen in einer ersten Einschätzung für top agrar für „in wesentlichen Teilen positiv“. Es finde eine Entlastung für Landwirtschaftsbetriebe insbesondere für Betroffene von den hohen Preissteigerungen beim Strom statt. Der DBV rechnet damit, dass alle Betriebsgrößenklassen profitieren werden. „Wirkt die Preisgestaltung wie vorgesehen, würden die Erhöhung der Jahres-Energiekosten ‚lediglich‘ auf eine Größenordnung von etwa 200 % steigen. Ohne die Preisbremse lägen die Jahres-Energiekosten bei weit über 300%“, heißt es in einer ersten Analyse.
Energiesparen lohnt sich
Entscheidend wird sein, ob sich betriebsindividuell Energieeinsparungen machen lassen. „Strom und Gassparen lohnt sich weiterhin“, sagte der stellvertretende Generalsekretär des DBV, Udo Hemmerling gegenüber top agrar. Denn beide Preisbremsen gelten sowohl für kleine und mittlere Unternehmen als auch für als industriell eingestufte Unternehmen nur bis 80 % bzw. 70% des Vorjahresverbrauchs. Denn für jede Energieeinheit, die zusätzlich verbraucht wird, gilt der neue, hohe Marktpreis für Gas und Strom.
Viele Tierhalter erreichen Industrieregelung
Laut den Berechnungen des DBV fallen beim Strom unter die Regelung für kleine und mittlere Unternehmen mit 80%-Kontigent zu 40 ct brutto kleinstrukturierte Schweinehalter und Betriebe mit bis zu 50 Kühen. Betriebe mit höheren Tierzahlen dürften recht schnell über dem Verbrauchslimit von 30.000 kWh/Jahr liegen, heißt es. Für sie gilt dann die „Industrieregelung“ mit 13 Cent netto für 70 % des bisherigen Verbrauchs.
Höhere Kosten in Liquiditätsplanungen berücksichtigen
Die geplante Strompreisbremse ist laut dem DBV zwar eine deutliche Entlastung, aber kein Anlass für Entwarnung in den Betrieben. Je nach Anbieter, Preisgestaltung, Netzentgelt vor Ort sei trotz der staatlichen Hilfen mit einer Verdopplung der Kosten für Elektronenergie zu rechnen. Das müssten die Betreibe in ihren Liquiditätsplanungen unbedingt berücksichtigen.
Finanzierung über Erlösabschöpfung bleibt offen
Die Strom- und Gaspreisbremse müssen noch vom Bundestag und vom Bundesrat verabschiedet werden. Vor allem die Finanzierung der Entlastungen über die Abschöpfung sogenannter Übergewinne von Stromerzeugern ist weiterhin strittig. Betroffen davon sind auch Erzeuger von Erneuerbaren Energien mit Windkraft-, Solar- und Biogasanlagen. Vor allem Biogaserzeuger demonstrieren seit Wochen gegen die Regelung. Deshalb sei der „Politikfindungsprozess“ durchaus noch beweglich, hofft der DBV. Für eine abschließende Beurteilung der Planungen für den Energiemarkt sei es daher noch zu früh.
Gartenbau in der Förderung trotz Beihilferecht drin
Erste Erleichterung löst der verabschiedete Gesetzesvorschlag zur Strom- und Gaspreisbremse auch im Zentralverband Gartenbau (ZVG) aus. „Die von der Bundesregierung beschlossene Strom- und Gaspreisbremse ist der richtige Weg“, sagte der ZVG-Generalsekretär Bertram Fleischer. Gärtnerische Betriebe seien in der Förderkulisse bisher ausreichend berücksichtigt. Der Verband werde bis zur Fertigstellung der Gesetzgebung darauf achten, dass keine gärtnerischen Unternehmen wieder ausgeschlossen würden.
Laut dem ZVG fällt bei den Stützungsmaßnahmen beim Gas und beim Strom das Gros der Betriebe unter die Regelungen für klein- und mittlere Unternehmen. Bei der Gaspreisbremse falle allerdings auch eine nicht unerhebliche Anzahl an Gemüse-, Pilz-, und Zierpflanzenproduzenten auf Grund ihrer Größe in die Industrie Einstufung mit mehr als 1,5 GWh Gasverbrauch.
Agrarwirtschaft begrüßt einheitlichen Start 2023
Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) zeigt sich vor allem darüber beruhigt, dass die Gas- und Strompreisbremse rückwirkend zum 1. Januar für alle Verbrauchsgrößen kommen soll. „Wir begrüßen, dass die Bundesregierung unsere Forderung nach einem einheitlichen Startschuss für die Entlastungen aufgegriffen hat. Dies hilft den in hohem Maße mittelständisch geprägten Genossenschaften ungemein“, sagte Franz-Josef Holzenkamp, Präsident des Deutschen Raiffeisenverbands (DRV). Ein unterschiedlicher Zeitpunkt für industrielle Großverbraucher auf der einen sowie kleine und mittelständische Unternehmen auf der anderen Seite wären niemandem zu erklären gewesen, so Holzenkamp weiter.
Mit Blick auf die Abschöpfung von so genannten Zufallsgewinnen sagte Holzenkamp: „Es darf keine rückwirkende Abschöpfung geben. Eine Gewinnabschöpfung zur Finanzierung der Strompreisbremse muss an den Startzeitpunkt der tatsächlichen Entlastung gekoppelt sein und darf deshalb erst zum 1. Januar erfolgen.“ Darüber hinaus lehnt der DRV ab, dass Bioenergieanlagen von mehr als einem Megawatt Leistung von der Gewinnabschöpfung weiterhin betroffen sind. „Damit werden falsche Signale gesetzt. Bioenergie sollte komplett von der Abschöpfung ausgenommen sein“, so Holzenkamp.