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Was die Zinswende für Ihre Darlehen bedeutet

Die Welt der Zinsen hat sich innerhalb weniger Monate komplett gewandelt. Insbesondere für laufende Kredite, bei denen die Zinsbindung bald ausläuft, stellt sich nun die Frage: Was tun?

Lesezeit: 8 Minuten

Unser Autor: Christian Solle, Landwirtschaftskammer NRW

Das Ende der Nullzins-Ära ist da. Die wirtschaftlichen und poli­tischen Auswirkungen der Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine haben die Inflation auf aktuell über 7 % angeheizt; EU-weit über 9 %. Dies äußert sich in einem Kaufkraftverlust und steigenden Kosten, die in vielen Bereich des Alltags deutlich zu spüren sind.

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Die US-Notenbank Fed hat bereits deutliche Leit­zinserhöhungen durchgeführt, um die Inflation zu bremsen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat am 8. September 2022 die bislang größte Zinserhöhung ihrer Geschichte beschlossen. Der Leitzins im Euroraum steigt um 0,75 Prozentpunkte auf nun 1,25 %. Neue Kredite sind bereits deutlich teurer, aber was hat das für Folgen für Personen mit noch laufenden Kre­diten?

Steiler Anstieg der Zinsen

Die in Übersicht 1 abgebildete Umlaufrendite spiegelt das Zinsniveau an den Kapitalmärkten wider. Betrachtet man die Entwicklung über die letzten 20 Jahre, zeigt sich nun nach jahrelang sinkenden Zinsen erstmals ein steiler Anstieg in kürzester Zeit. Die Folge: Fremdkapital wird teurer. Die landwirtschaftliche Rentenbank ruft selbst in den besten Preisklassen Zinssätze um 2,5 % auf. Viele Hausbanken liegen zum Teil sogar höher.

Übersicht 1: Die Entwicklung der Umlaufkredite

Grundsätzlich spüren Betriebe mit einem hohen Fremdkapitalanteil in der Bilanz Zinssteigerungen viel massiver als Betriebe mit geringem Fremdkapital. Resultiert das hohe Fremdkapital aus Investitionen, ist zu klären, ob die Investitionen genug zusätzliche Ertragskraft (d. h. Gewinn und Liquidität) generieren, um auch steigenden Zinsen verkraften zu können. Die niedrigen Zinsen haben in den letzten Jahren viele Unternehmen aller Branchen, aber auch Staaten, als Einladung zu einer steigenden Verschuldung missverstanden. Dies kann sich nun möglicherweise rächen.

In Deutschland finanzieren die meisten mit längeren Zinsbindungen. Da wirken sich steigende Zinsen zunächst nicht aus. Und bei Darlehen mit kürzeren Laufzeiten, z. B. beim Kauf einer Maschine, ist dies meist sogar über die gesamte Laufzeit des Kredits fixiert. Insofern besteht hier kaum Handlungsspielraum. Bei Darlehen mit langen Laufzeiten von z. B. 15, 20 oder 30 Jahren beträgt die Zinsbindung meistens ­zehn Jahre. Hier sind also Darlehen, die z. B. im Jahr 2012 aufgenommen wurden, dieses Jahr wieder „am Markt“. Die Zinsbindung läuft aus und es ist noch eine Summe X offen, wofür nun die Konditionen der Anschlussfinanzierung vereinbart werden müssen.

Auch preiswertere Anschlussfinanzierung möglich

Mit Blick auf das damalige Zinsniveau kann sogar der Fall eintreten, dass damals die Jahre 1 bis 10 z. B. mit 4,0 % finanziert wurden und nun die Jahre 11 bis 20 mit 3,5 % etwas günstiger weiterfinanziert werden.

Im Beispiel 1 finanzierte ein Landwirt im Jahr 2012 einen Stallbau über 600.000 €. Die ersten beiden Jahre waren damals tilgungsfrei. Bei der nun anstehenden Anschlussfinanzierung sinkt der Kapitaldienst nun sogar leicht von 35.655 € auf 34.124 € pro Jahr. Insofern hat sich hier das aktuell gestiegene Zinsniveau nicht negativ auf die monatliche Rate ausgewirkt.

Umgekehrt ist auch denkbar, dass eine damalige Neufinanzierung z. B. aufgrund guter Bonität mit 2,5 % vereinbart wurde und nun wegen schlechter Betriebsergebnisse und gestiegener Zinsen mit 4,0 % weiterfinanziert werden muss (Beispiel 2). Hier erhöht sich der Ka­pitaldienst um gut 4.000 €/Jahr auf 34.098 €.

An dieser Stelle zeigt sich das Zinsrisiko eindeutig anhand der zusätzlichen Belastung der Liquidität. Der Effekt fällt umso stärker aus, je mehr Darlehen in dieser Konstellation vorhanden sind und je größer die jeweiligen Darlehensbeträge sind.

In der Zukunft höhere Gefahr von Finanzierungslücken

Niemand kann die Zukunft vorhersagen. Jedoch ist zu befürchten, dass sich ein erhöhtes Zinsniveau besonders massiv auswirken wird, wenn die Zinsbindungen der Darlehen auslaufen, die in den letzten vier bis fünf Jahren zu ­besonders niedrigen Zinssätzen auf­genommen wurden.

Wurde beispielsweise eine private Baufinanzierung über 500.000 € im Jahr 2020 mit einem Zinssatz von 1,0 % aufgenommen (Laufzeit 30 Jahre), liegt der monat­liche Kapitaldienst zunächst bei ca. 1.608 €. Läuft nun Ende 2029 die Zinsbindung der ersten 10 Jahre aus, ist immer noch ein Betrag von ca. 350.000 € bzw. 70 % offen.

Muss diese Summe nun für z. B. 4,2 % weiterfinanziert werden, würde die monatliche Belastung um rund 34 % auf 2.158 € steigen. Fraglich ist, ob die Kapitaldienstfähigkeit an diesem Punkt noch gegeben sein wird. Eine Streckung der Laufzeit senkt zwar die monatliche Rate, doch Sie zahlen am Ende insgesamt mehr Zinsen, letztlich auch keine gute Alternative.

Das Nullzinsniveau der letzten Jahre war somit Fluch und Segen zugleich, da sich die wirtschaftlichen Konsequenzen erst langfristig zeigen – insbesondere dort, wo zu viel günstiges Fremdkapital aufgenommen wurde. Bei Darlehen mit variablem Zinssatz werden sich die aktuell steigenden Zinsen schnell äußern. Hier ist zu überlegen, ob die Kreditsumme in ein Darlehen mit fester Zinsbindung umfinanziert werden sollte. Sinken die Zinsen, könnten Sie umgekehrt bei einem variablen Darlehenszinssatz direkt davon profitieren, bei fester Zinsbindung jedoch nicht.

Die Entscheidung für oder gegen eine Zinsabsicherung hängt letztlich von den eigenen Erwartungen an die zukünftige Entwicklung des Zinsniveaus ab. Rechnen Sie mit mittelfristig sinkenden Zinsen, könnten Sie einfach abwarten, welchen Zinssatz Ihnen die Bank anbietet, sobald Ihre Darlehen wieder „am Markt“ sind. Verschaffen Sie sich im ersten Schritt einen genauen Überblick, wann bei welchem Darlehen in den nächsten Jahren die Zinsbindung ausläuft. Mit Ablauf der Zinsbindung sind Sie dann auch nicht mehr an Ihre bisherige Bank gebunden.

Forward-Darlehen sinnvoll?

Rechnen Sie hingegen mit weiter steigenden Zinsen, haben Sie wiederum zwei Möglichkeiten. So könnten Sie ein sogenanntes „Forward-Darlehen“ in Betracht ziehen. Hier können Sie bereits heute den Zinssatz und die Zinsbindung für die Anschlussfinanzierung eines Darlehens vereinbaren, dessen Zinsbindung in ein paar Jahren ausläuft. In der Regel funktioniert das für bis zu fünf Jahre im Voraus.

Sie verhandeln also heute schon die Konditionen von morgen. Bis dahin läuft das bestehende Darlehen wie bisher weiter und anschließend greift das Forward-Darlehen. Achten Sie darauf, dass die neue Zinsbindung erst dann beginnt, wenn die bisherige ausläuft.

Je weiter das Ende der bisherigen Zinsbindung in der Zukunft liegt, desto höher wird der Zinsaufschlag ausfallen, den die Bank für die Anschlussfinanzierung in Form eines Forward-Darlehens berechnet. Hier werden normalerweise zwischen 0,02 bis 0,04 % pro Monat aufgerufen, wobei oftmals für die ersten sechs Monate kein Aufschlag berechnet wird.

Läuft die bisherige ­Zinsbindung z. B. noch 24 Monate, würde ein Aufschlag von beispielsweise 0,72 % entstehen (24 x 0,03 %). Dies ist der Preis für die Planungssicherheit. Wäre die Anschlussfinanzierung heute bei der Bank für 3,0 % zu haben, lägen Sie bei einem Forward-Darlehen mit Beginn in 24 Monaten unter diesen Annahmen bei einem Zinssatz von 3,72 %.

Soll beispielsweise für eine Summe von 250.000 € die Anschlussfinanzierung bereits heute vereinbart werden, ergibt sich für ein Forward-Darlehen bei einem Zinsaufschlag von 0,03 % pro Monat ein Zinssatz von 4,08 %, wenn die bisherige Zinsbindung noch 36 Monate läuft. Dies entspricht zusätzlichen Zinszahlungen von insgesamt 15.196 € gegenüber einer direkten Anschlussfinanzierung.

Die zweite Möglichkeit ist, Ihren laufenden Kredit umzuschulden. Hierzu bezahlen Sie Ihre Restschuld auf einen Schlag mit einem neu aufgenommenen Kredit ab. Falls Sie dies vor dem Ende der Zinsbindung in Betracht ziehen, verlangen die Banken hierbei jedoch eine Vorfälligkeitsentschädigung. Auf diese Weise können zwar Sie die Zinsaufschläge eines Forward-Darlehens umgehen, haben aber einmalige Zusatzkosten.

Es kann derzeit auch gut sein, dass Banken hier weniger als sonst verlangen. Im momentanen Zinsumfeld kann es für Banken durchaus attraktiv sein einen bestehenden Kredit vorzeitig abzulösen. Sollte das für Sie interessant sein, sprechen Sie am besten vorher mit Ihrer Bank. Wenn Sie hingegen nach 10 Jahren Ihren Kredit umschulden möchten, darf Ihnen die Bank gar keine Gebühr erheben. Sie können auch zu einer anderen Bank wechseln, was Ihre Verhandlungsposition stärken kann.

Wie viel Risiko eingehen?

Eine pauschale Empfehlung, was der bessere Weg ist kann man nicht geben. Läuft Ihre Zinsbindung z. B. noch ein Jahr und die zu finanzierende Summe ist überschaubar, könnten Sie die Zinsentwicklung durchaus weiter beobachten und in ein paar Monaten neu überlegen. Der wichtigste Punkt für Ihre Entscheidung ist Ihre eigene Risikoeinstellung. Ist Ihnen wohler, bereits heute den zukünftigen Zinssatz Ihres Darlehens zu kennen, kann ein Forward-Darlehen oder eine Umschuldung ein geeignetes Instrument sein. Darüber hinaus bestimmen vor allem Bonität und Besicherung die Höhe Ihres individuellen Zinssatzes, den Ihnen die Bank anbieten kann.

Im langfristigen historischen Vergleich ist das aktuelle Zinsniveau immer noch moderat, gleichwohl aber eine deutliche Erhöhung gegenüber den letzten (historisch niedrigen) Jahren. Selbstverständlich sind die Zinsen ein bedeutender Kostenfaktor, mindestens genauso wichtig ist jedoch auch die Tilgung. Daher ist die gesamtbetriebliche finanzielle Situation am Ende des Tages entscheidend und jeweils individuell zu betrachten.

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