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Welche Bedeutung hat Mercosur für Özdemirs Agrarpolitik?

Deutschland und die EU forcieren einen Abschluss des Mercosur-Freihandelsabkommens für 2023. Wie passen der Import von Fleisch und Biokraftstoffen mit der Agrarpolitik vom Cem Özdemir zusammen?

Lesezeit: 5 Minuten

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bei seiner Südamerika-Reise Anfang Februar mit den Präsidenten von Argentinien und Brasilien über einen zügigen Abschluss des EU-Mercosur-Abkommens verständigt. In der EU laufen bereits die Vorbereitungen für eine Unterzeichnung des Abkommens während eines geplanten Gipfels Mitte Juli 2023.

In der Landwirtschaft lösen die Ankündigungen Sorgen aus. Der Europäische und der Deutsche Bauernverband drängen auf Nachverhandlungen zumindest für den Agrarteil des Abkommens. Auch Umweltgruppen verurteilen das Abkommen in seiner jetzigen Form und fordern einen Neustart. Viel Zeit dafür bleibt aber bis zum Juli nicht.

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Wie stellt sich Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir(Grüne) für die Verhandlungen auf? Wir haben im Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) nachgefragt:

top agrar:Teilt Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir die Bereitschaft von Bundeskanzler Scholz für eine rasche Ratifizierung des Mercosur Abkommens?

BMEL: Grundsätzlich sind Freihandelsabkommen zwischen Staaten und Regierungen mit einer ähnlichen Werteordnung angesichts des Erstarkens autoritärer Regime zu begrüßen. Die Bundesregierung setzt sich dann für die Ratifizierung eines EU-Mercosur Abkommens ein, wenn die in den Verhandlungen zu Handel und nachhaltiger Entwicklung etablierten Standards und Verfahren festgehalten werden.

Es braucht darüber hinaus Instrumente oder Verfahren zu überprüfbaren, rechtlich verbindlichen Verpflichtungen des Menschenrechtsschutzes und praktisch durchsetzbare Zusatzvereinbarungen zum Schutz und Erhalt bestehender Waldflächen.

"Das Fenster für den Schutz des Amazonas-Regenwalds hat sich weit geöffnet."

Wird sich das BMEL für Nachverhandlungen in den Kapiteln Landwirtschaft und Umwelt stark machen? Wenn ja für welche?

BMEL: Für das BMEL sind Zusatzvereinbarungen zum Schutz und Erhalt bestehender Waldflächen besonders wichtig. Die Europäische Kommission sondiert derzeit nachhaltigkeitsbezogene, verbindliche, auf Gegenseitigkeit beruhende Begleitmaßnahmen für das Abkommen.

Nach den Wahlen in Brasilien hat sich aus Sicht der Bundesregierung das Fenster für den Schutz des Amazonas-Regenwalds und anderer Wälder weit geöffnet. Dies gilt es zu nutzen.

"Bei vollständiger Umsetzung des Abkommens im Jahr 2030 bleibt der hohe Schutz des EU-Binnenmarktes für sensible Agrarprodukte erhalten."

Das BMEL versucht mit seiner Strategie zum Umbau der Tierhaltung auch die Tierzahlen und den Fleischkonsum in Deutschland zu reduzieren. Wie passt das mit zollfreien Einfuhrkontingenten aus Südamerika zusammen?

BMEL: Die Strategie zum Umbau der Tierhaltung ist ein essentieller Bestandteil der Politik des BMEL, ebenso wie die Förderung einer gesunden und nachhaltigen Ernährung. In diesem Zusammenhang ist auf die zurückgehende Inlandsnachfrage nach Fleisch hinzuweisen, die für das Zurückgehen der Tierbestände einen günstigen Rahmen bietet.

Allgemein sind Handelsabkommen für die Diversifizierung der Handelsbeziehungen wichtig, damit die Absatzmärkte auch im Agrarbereich resilienter werden. Hierbei ist zu beachten, dass Handelsabkommen als Paket verhandelt werden, das nicht nur den Agrarhandel, sondern den gesamten Güterhandel und außerdem auch andere handelsrelevante Themen umfasst.

In solchen Verhandlungen beachtet BMEL die Auswirkungen auf den deutschen Agrar- und Ernährungssektor. Ergebnisse der Folgeabschätzung des Thünen-Instituts zeigen, dass bei vollständiger Umsetzung des Abkommens (im Jahr 2030) der hohe Schutz des EU-Binnenmarktes für sensible Agrarprodukte wie Rindfleisch, Geflügel und Zucker weiterhin erhalten bleibt. Das Abkommen würde zu nur geringen Produktionsrückgängen (< 1%, insbesondere bei Rindfleisch) in Deutschland führen.

Die deutschen Fleischerzeuger werden auf absehbare Zeit zwar weniger wettbewerbsfähig als die Erzeuger der Mercosur-Länder sein. In Anbetracht des weiterhin vorgesehenen Außenschutzes wird jedoch lediglich mit geringen Rückgängen der deutschen Fleischproduktion auf Grund des Handelsabkommens gerechnet. Außerdem sind die zwischen der federführenden EU Kommission und den Mercosur-Staaten verhandelten vorgesehenen Zollkontingente begrenzt, sodass keine erhebliche Belastung des deutschen Marktes zu erwarten ist.

"Das BMEL wirbt weltweit für eine Reduzierung des Einsatzes von sogenanntem Bio- bzw. Agrosprit."

Das Mercosur Abkommen sieht auch ein zollfreies Kontingent für Ethanol aus den Mercosur-Staaten vor. Wie passt das zur Biokraftstoffpolitik, die das BMEL und das BMUV vertreten, nach der die Beimischung ab 2024 sinken soll?

BMEL: Zunächst ist festzustellen, dass sich das zollfreie Kontingent nach Übergangsfristen auf 450.000 Tonnen Bioethanol explizit für den Gebrauch in der chemischen Industrie bezieht. Zusätzlich sieht das Abkommen aber auch einen reduzierten Zollsatz für ein Kontingent in Höhe von 200.000 Tonnen Ethanol vor, welches u.a. für Kraftstoff zugelassen ist.

Dies ist das Ergebnis eines komplexen Verhandlungsprozesses, das zwischen der EU-Kommission – unter Beteiligung der Vorgängerregierung – und den Mercosur-Staaten vereinbart wurde. Das BMEL unterstützt weiterhin die vom BMUV vorgeschlagene Gesetzesänderung, die Anrechnung von Biokraftstoffen aus Anbaubiomasse auf die THG-Quote in Deutschland abzusenken und wirbt weltweit für eine Reduzierung des Einsatzes von sogenanntem Bio- bzw. Agrosprit.

Wie sieht der Zeitplan für Nachverhandlungen aus? Sind diese realistisch, wenn das Abkommen bereits im Sommer unterzeichnet werden soll?

BMEL: Ein Zeitplan für die von der Kommission mit den Mercosur-Staaten angestrebten Begleitmaßnahmen liegt der Bundesregierung nicht vor. Die Bundesregierung steht hierzu im Austausch mit der für die Verhandlungen federführenden Europäischen Kommission.

Zu den Mercosur-Staaten gehören Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay. 2019 wurde bei den Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Mercosur-Staatenbund zwar eine Grundsatzeinigung für einen Handelsvertrag erzielt. Bisher wurde das Freihandelsabkommen aber nie ratifiziert. Laut dem Stand von 2019 sieht das Abkommen unter anderem eine Freihandelsquote für Geflügelfleisch von 180.000 t und ein zollfreies Lieferkontingent von 180.000 t Zucker jährlich für den südamerikanischen Staatenbund vor. Zudem soll der Import von 99.000 t Rindfleisch zu einem Zollsatz von 7,5 % erlaubt werden. Für Ethanol aus dem Mercosur-Block war ein Jahreszollkontingent von 650.000 t vorgesehen.

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