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Reaktionen auf den Handelsgipfel

Wer bekommt die Rosinen im Lebensmittelgeschäft?

Der Handelsgipfel im Kanzleramt von gestern hat ein enormes Echo hervorgerufen. Ein Überblick:

Lesezeit: 10 Minuten

Rukwied: „Verhandlungsposition auf Augenhöhe nötig“

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV) Joachim Rukwied zog folgendes Fazit: „Diese Runde war ein erster wichtiger Schritt, aber weitere müssen folgen. Dabei müssen unbedingt die Landwirte mit an den Tisch. Wir dürfen nicht bei der Umsetzung der europäischen UTP-Richtlinie stehen bleiben. Diese Regelung hat Lücken, die viele Probleme ungelöst lassen. Qualität, Regionalität und hohe Standards müssen angemessen honoriert werden. Dazu braucht die Erzeugerseite eine Verhandlungsposition auf Augenhöhe, die auch kartellrechtlich abgesichert ist.“

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Aldi: „Wir sind sehr interessiert an gemeinsamen Lösungen“

Der Discounter Aldi begrüßte „den sachlichen Diskurs und das hohe Interesse der Politik an den komplexen Zusammenhängen der Wertschöpfungskette“. „Das Gespräch im Bundeskanzleramt war ein guter und offener Austausch. Für uns als ehrbare Kaufleute sind ehrliche und faire Handelspraktiken die Grundlage unseres Handelns. Daran lassen wir uns gerne messen. ALDI distanziert sich ausdrücklich von unlauteren Geschäftspraktiken, verspäteten Zahlungen sowie nachträglichen Änderungen von Lieferverträgen. Die Auflagen der europäischen Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP) werden in den Verträgen von ALDI seit Jahren bereits umfassend berücksichtigt. Die Unternehmensgruppen ALDI Nord und ALDI SÜD begrüßen, dass der Dialog fortgeführt wird. Wir sind sehr interessiert an gemeinsamen Lösungen und beteiligen uns weiter konstruktiv am Austausch mit allen Beteiligten.“

Lebensmittelindustrie: „Rechte der Lebensmittelhersteller stärken“

Die Lebensmittelhersteller forderten eine Nachbesserung an Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken.So müsse bei der Umsetzung in nationales Recht sichergestellt werden, das unfaire Geschäftspraktiken generell und nicht nur in ausgewählten Fällen verboten werden. Auch müsse der Zugang der Unternehmen der Ernährungsindustrie zu den Beschwerdeverfahren erleichtert werden. "Wer faire Preise möchte, muss das grundsätzliche Problem das Kräfteungleichgewicht in der Lebensmittelkette beheben. Das gelingt nur, wenn die EU-Richtlinie gegen unfaire Handelspraktiken nachgebessert wird", sagte Dr. Christian von Boetticher, stv. Vorsitzender der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie e.V. (BVE). Laut dem BVE habe die Verhandlungsmacht der Absatzseite den Druck auf Lebensmittelhersteller und Bauern immer weiter erhöht. Das wirke sich auch nachteilig auf das Lebensmittelangebot für den Verbraucher aus. "

„Keine Rosinenpickerei bei der Wertschätzung von Lebensmitteln“

Der Hauptgeschäftsführer des Lebensmittelverbands Deutschlands, Christoph Minhoff, in dem alle Teile der Wertschöpfungskette organisiert sind, sagte: "Es darf beim Thema Wertschätzung von Lebensmitteln keine Rosinenpickerei geben! Die gesamte Wertschöpfungskette von der Landwirtschaft über das Handwerk, die Ernährungsindustrie bis zum Lebensmittelhandel hat Wertschätzung verdient. Wir schaffen es gemeinsam und Hand in Hand, dass 82 Millionen Menschen in Deutschland und durch den Export viele Menschen in anderen Ländern täglich sichere, qualitativ hochwertige und schmackhafte Lebensmittel genießen können - zu bezahlbaren Preisen! Jeder leistet seinen Teil. Dort, wo Nachbesserungen dringend erforderlich sind, wollen Handel und Industrie zeitnah Streitpunkte in einem Spitzengespräch einer Lösung zuführen. Alle haben verstanden, dass die Wertschätzung von Lebensmitteln im Mittelpunkt der Bemühungen stehen muss."

BÖLW: „Faire Preise brauchen einen starken politischen Rahmen“

Der Vorsitzende des Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Felix Prinz zu Löwenstein, kommentierte: „Seit Jahrzehnten haben Agrarpolitik und Agrarwirtschaft die Konkurrenzfähigkeit auf den globalen Agrarmärkten zum Leitbild erhoben. Die Folge sind Niedrigstpreise und das wirtschaftliche Aus für handwerkliche Lebensmittelverarbeiter und bäuerliche Betriebe. Dieser Niedergang lässt sich nicht mit Appellen an Konsumenten und den Handel aufhalten, doch bitte höhere Preise zu entrichten. Denn sie verhallen auf Märkten mit anonymer Massenware ohne jede Wirkung. Um das zu verändern braucht es ein Umsteuern: Politik und Lebensmittelwirtschaft müssen sich neu orientieren hin zu einer Qualitätsstrategie bei Lebensmitteln. Wie das gelingen kann, zeigt eine stetig wachsende Anzahl von Kundinnen und Kunden die bereit ist, für Qualität ebenso wie für gute Bedingungen bei der Herstellung angemessene Preise zu bezahlen. Sie greifen zu Bio-Lebensmitteln – oder auch zu fair gehandelten Produkten. Wenn wie bei Bio erkennbar ist, dass bei der Erzeugung auf den Schutz von Umwelt, Tieren und Klima geachtet wird und gleichzeitig Vertrauen herrscht, dass der Einkauf der Existenzsicherung bäuerlicher Betriebe dient, sind auch höhere Preise durchsetzbar.Politik kann Rahmenbedingungen schaffen, dass die Qualität der Erzeugung ansteigt – worauf wir alle angesichts der Krisen um Biodiversität, Klima oder Wasser ohnehin angewiesen sind. Sie muss allerdings dafür sorgen, dass eine heimische Qualitätsproduktion durch einen wirksamen Außenhandelsschutz bewahrt wird – aktuell muss das bei Mercosur geschehen. Die Überlegungen in der EU solche Instrumente im Rahmen des „New Green Deal“ anzuwenden, eröffnen eine Chance, die wahrgenommen werden muss. Zusätzlich müssen Förderinstrumente dafür eingesetzt werden, ökologische und regionale Lebensmittelverarbeitung zu stärken. Wie ein fairer Umgang innerhalb der Wertschöpfungskette gelingen kann zeigen viele Lebensmittelverarbeiter und Händler der Ökologischen Lebensmittelwirtschaft. Mit langfristig verlässlichen Lieferverträgen und der gemeinsamen Entwicklung hoher Qualitätsstandards sorgen sie für wirtschaftliche Stabilität und sichere Arbeitsplätze in ländlichen Regionen.“

Stegemann (CDU): „Rückenwind für Landwirte“

Der agrarpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Albert Stegemann, sagte: „Die Bundeskanzlerin hat faire Lieferbeziehungen zwischen Landwirten, Verarbeitern und Handel zur Chefsache gemacht. Es ist gut und richtig, dass es jetzt eine Kommunikationsallianz zwischen Handel und Landwirtschaft geben soll. Sie sollte auch als Plattform dienen, damit Landwirte direkt mit dem Handel über einen fairen Umgang in der Lebensmittelversorgungskette sprechen können. Wo der Handel vom Leitbild des ehrbaren Kaufmanns abweicht, setzt die Politik Leitplanken. Daher werden wir die Umsetzung der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP-Richtlinie) in deutsches Recht jetzt schnell angehen. Denn damit können wir künftig Auftragsstornierungen in letzter Minute oder einseitigen, rückwirkenden Vertragsänderungen einen Riegel vorschieben. Dafür hat die Bundeskanzlerin unseren Landwirten heute Rückenwind gegeben. Wir brauchen aber nicht nur gelegentliche Gesprächsrunden, sondern endlich eine wirkungsvolle Branchenorganisation, die dauerhaft und zielgruppengerecht über die Arbeit der Landwirtschaft und die Wertschätzung hochwertiger Lebensmittel aus unseren Regionen informiert. Hier ist die gesamte Lebensmittel-Branche gefordert.“

Hocker (FDP): „Landwirte brauchen keine Symbolpolitik der Kanzlerin“

Zum Spitzentreffen zu Lebensmittelpreisen erklärte der landwirtschaftspolitische Sprecher der FDP-Fraktion Dr. Gero Hocker: „Die mächtige Position des Lebensmitteleinzelhandels gegenüber Landwirten führt dazu, dass bestimmte unfaire Handelspraktiken, die nun von der EU untersagt werden sollen, überhaupt zur gängigen Praxis gehören. Dazu haben auch falsche politische Entscheidungen der Vergangenheit wie die Ministererlaubnis von Sigmar Gabriel für die Übernahme von Kaiser’s Tengelmann durch Edeka beigetragen. Die Große Koalition muss nun endlich ernsthaft den Dialog aufnehmen und sich um die Landwirte kümmern: Zusammenschlüsse in der Landwirtschaft müssen gestärkt werden, um ein Gegengewicht zum Lebensmitteleinzelhandels zu bilden. Was die Landwirte nicht brauchen, ist Schweigegeld oder abermalige Symbolpolitik der Kanzlerin.“

Tackmann (Linke): „Das Problem ist das gesamte System“

Die agrarpolitische Sprecherin der Linken im Bundestag, Kirsten Tackmann, sagte: "Nur über Lebensmittelpreise zu reden ist viel zu wenig, denn das Problem ist das gesamte System. Es muss Schluss gemacht werden mit der konzernfreundlichen Agrarpolitik. Wenn nur 13 Prozent der Wertschöpfung durch Lebensmittel in den Agrarbetrieben bleiben, mit Dumpingpreisen geworben werden darf und Verarbeitungs- und Handelskonzerne immer größer und damit marktdominierender werden, können keine kostendeckenden Preise für nachhaltig erzeugte Agrarprodukte herauskommen. Eine verpflichtende staatliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung, faire Handelsregeln und ein am Gemeinwohl orientiertes Kartellrecht müssen eine kooperative Lieferkette sichern."

Ostendorff (Grüne): „Lebensmittelverramschen endlich unterbinden“

Friedrich Ostendorff MdB, Sprecher für Agrarpolitik der Fraktion Bündnis90/Grüne im Deutschen Bundestag sagte: „70 Prozent des Schweinefleisches werden über Aktionen verkauft. Es gibt wahnsinnige Rabattierungen. Dieses Verramschen müssen wir jetzt endlich effektiv unterbinden. Bei den heutigen Einzelhandelsgesprächen im Kanzleramt wurden vor allem wieder wohlfeile Worte angeboten. Julia Klöckner verspricht erneut Gespräche über Gespräche statt handfeste Fakten zu schaffen und Bäuerinnen und Bauern tatsächlich gegenüber dem Handel zu stärken. Aber Julia Klöckner verkauft Selbstverständlichkeiten als politische Erfolge. Zur Umsetzung der UTP-Richtlinie ist sie verpflichtet, aber weitere Spielräume könnte sie nutzen. Das tut sie aber nicht, sondern setzt weiter auf freiwillige Selbstverpflichtung. Diese 124ste freiwillige Vereinbarung wird aber auch wie die vorhergehenden 123 freiwilligen Vereinbarungen keine Probleme lösen sondern nur vertagen.“

Gauland (AfD): „Die Lebensmittelpreise regelt der Markt, nicht Frau Merkel“

Der Ehrenvorsitzende der Alternative für Deutschland (AfD), Dr. Alexander Gauland, kommentierte das Treffen von Kanzlerin Merkel, Wirtschaftsminister Altmaier und Landwirtschaftsministerin Klöckner mit den Chefs großer Supermarktketten wie folgt: "Wie hoch oder niedrig die Lebensmittelpreise im Supermarkt sind, geht Frau Merkel einen feuchten Kehricht an. Es ist völlig richtig, dass Lebensmittel durchaus zu günstig angeboten und die Landwirte nicht genügend daran verdienen. Und ja, es gibt sicherlich auch eine verschwenderische Überproduktion. Die Höhe der Lebensmittelpreise müssen aber Hersteller, Lieferanten und Kunden auf dem Markt von Angebot und Nachfrage unter sich klären. Der Staat darf nicht regulierend eingreifen. Oder will Frau Merkel die DDR 2.0 ausrufen und demnächst die Preise für Friseur-Besuche oder ein Pfund Kaffee wie im Sozialismus von staatlicher Seite festlegen?"

BDM: „Tatsächliche Ursachen der niedrigen Erzeugerpreise ausgeblendet“

„Das Spitzengespräch mit Handel und Lebensmittelindustrie im Bundeskanzleramt blieb bis auf die Ankündigung, dass bis Ende 2020 die EU-Richtlinie über unlautere Handelspraktiken in der Lebensmittelkette in Deutschland umgesetzt werden solle, erwartungsgemäß praktisch ohne konkretes Ergebnis“, schreibt der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter e.V. (BDM). „Mit Appellen und ordnungsrechtlichen Maßnahmen gegen unlautere Handelspraktiken wird man die eklatanten Missstände im Lebensmittelbereich nicht beseitigen können“, kritisiert BDM-Vorstand Elmar Hannen. „Rabattschlachten, Dauer-Niedrigstpreise von Lebensmittel, die Vernichtung von Lebensmitteln im Müll, das einseitige Diktat immer neuer Produktionsstandards durch den Handel und die Auslistung von Erzeugern, die sich an alle gesetzlichen Standards halten und weitere unlautere Handelspraktiken – das alles sind Folgen einer Marktkonstellation, die dieses Verhalten erst ermöglicht.“ Die strukturelle Schieflage insbesondere im Milchmarkt ist seit langem bekannt. Die Sektoruntersuchung Milch des Bundeskartellamts, die schon 2012 ein eklatantes Marktungleichgewicht zu Ungunsten der Milcherzeuger festgestellt hat, blieb dennoch seit acht Jahren praktisch unberücksichtigt. „Nicht der Markt hat versagt, sondern die Politik, die daraus keine Handlungsnotwendigkeit abgeleitet hat“, so Elmar Hannen weiter.

BUND: „Preisunterbietungsfreiheit entziehen“

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte die Bundesregierung auf, Supermärkte und Discounter zu verpflichten, Lebensmittel nicht länger zu verramschen. Sie müsse den Konzernen die Preisunterbietungsfreiheit entziehen, wenn sie dazu nicht freiwillig bereit seien. „Unternehmerische Freiheit endet dort, wo durch unlauteres Geschäftsgebaren bewusst Existenzen von bäuerlichen Betrieben, mangelhafter Umwelt- und Klimaschutz sowie der Verlust der Artenvielfalt in Kauf genommen werden“, sagte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt. Darüber hinaus plädierte der BUND dafür, große Unternehmen wie Lebensmitteleinzelhändler mit Hilfe eines Lieferkettengesetzes dafür in die Verantwortung zu nehmen, dass weltweit grundlegende Umweltstandards eingehalten werden. „Ein Lieferkettengesetz nimmt den Druck von Bäuerinnen und Bauern weltweit. Mit den Supermarktketten werden die mächtigen Akteure in die Pflicht genommen, die aktuell enorme Gewinne abschöpfen. Ein Lieferkettengesetz sorgt für Gerechtigkeit im Handel mit Agrargütern“, sagte Brandt.

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