Über 140 Teilnehmer diskutierten am Donnerstagabend mit Politikern, Vertretern der Agrarwirtschaft, NGOs und Landwirten über die Zukunft der Tierhaltung in Deutschland bei der top agrar-Veranstaltung „Tierhalter im Tierschutzstress: Wo bleibt das Gesamtkonzept?“ im Rahmen der Reihe „Landwirtschaft im Dialog“. Das Landwirte mehr Tierwohl liefern können, daran hat die frisch gewählte stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Silvia Breher keinen Zweifel. „Die zweimalige Überzeichnung der Initiative Tierwohl ist ein deutliches Zeichen“, stellte Breher klar.
Dem wollte Friedrich Ostendorff, Agrarpolitischer Sprecher von Bündnis90/Die Grünen, nicht widersprechen. „Mich treibt aber die seit langem offene Frage um, wie wir Tierwohl in Deutschland gestalten. Es wurmt mich, dass wir nach jahrelanger Diskussion immer noch keinen Konsens darüber gefunden haben, wo wir eigentlich hinwollen. Es fehlt ein Gesamtkonzept“, lautete die Kritik Ostendorffs.
Der Grünen-Politiker macht u.a. den Lebensmittelhandel, der sich gerne als großer Treiber der Tierwohldiskussion darstelle, für den Handlungsstau verantwortlich. „Wer einerseits neue Haltungsformen fordert und andererseits jede Woche Fleisch verramscht, ist nicht ehrlich. Das passt nicht zusammen“, so Ostendorff.
Das wollte Lidl-Einkaufschef Jan Bock so nicht stehen lassen. „Wir müssen bei der Umsetzung von mehr Tierwohl schrittweise vorgehen, sonst überfordern wir die Bauern und die Verbraucher“, warnte Bock vor zu großen Schritten. Die Initiative Tierwohl sei der richtige und pragmatische Ansatz. Ziel sei es, immer größere Anteile des Fleischangebots in höherwertige Haltungsstufen zu bekommen. „Beim Geflügelfleisch sind wir schon vollständig in Stufe 2 (Stallhaltung plus). Beim Schweinefleisch brauchen wir dafür noch die Nämlichkeit“, sagte er.
Rechtssicherheit schaffen
Wichtige Voraussetzung für mehr Tierwohl ist Rechtssicherheit beim Stallum- und Neubau. Das machte Schweinehalter Markus Lehmenkühler aus Nordrhein-Westfalen deutlich. „Ich warte seit mehreren Jahren darauf, dass die überarbeitete Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung endlich verabschiedet wird, damit ich meinen Sauenstall umbauen kann. Ich will in mehr Tierwohl investieren, kann aber nicht“, so Lehmenkühler.
Verständnislos ist auch Hähnchenmäster Jürgen Seeger aus Niedersachsen. „Ich habe einen neuen Hähnchenstall für knapp 30.000 Tiere genehmigt bekommen und diesen nach Tierwohlkriterien gebaut. Nach nur einem Durchgang hat der Kreis die Baugenehmigung plötzlich wiederrufen“, so Seeger. Der Grund: angebliche Verfahrensfehler. Jetzt steht der Stall seit Jahren leer. „Das belastet finanziell und emotional“, zeigt Seeger die Folgen auf.
Andreas Wörle aus Bayern sieht sogar die Gefahr, dass sein Betrieb mit 25 Kühen in Anbindehaltung demnächst ausläuft, weil er keine Baugenehmigung für einen neuen Boxenlaufstall bekommt. „Meine Molkerei hat mir mitgeteilt, dass sie die Milch nicht mehr abholt, wenn die Kühe weiter in Anbindehaltung stehen“, macht Wörle die zuständigen Behörden für die Situation verantwortlich.
Investieren die Landwirte nicht, ist die ganze Kette betroffen
Wenn die Bauern nicht investieren können, weil sie nicht wissen, wohin die Reise geht, hat das auch negative Folgen für den vor- und nachgelagerten Sektor. Darin waren sich Steen Sönnichsen, Westfleisch, Dr. Dirk Köckler, Agravis, Dr. Edgar Martin, R+V-Versicherung, Dr. Christian Bock, Landwirtschaftliche Rentenbank, Dr. Hermann-Josef Nienhoff, QS-System, einig. „Als Futtermittel- und Landtechnikhändler bekommen wir sofort zu spüren, wenn die Landwirte keine sicheren Rahmenbedingungen haben. Dann sinken die Auftragseingänge“, warnte Dr. Dirk Köckler vor dem weiter anhaltenden Reformstau seitens der Politik. Diese wirke sich auch negativ auf die Entwicklung der ländlichen Räume aus. „Da sind wir derzeit noch nicht, aber da können wir schnell hinkommen“, so Köckler.
Weiterhin viele offene Fragen
Dass man die deutsche Nutztierhaltung auch in Zukunft im Land halten möchte, daran bestand gestern bei niemandem ein Zweifel – auch nicht bei Martin Hofstetter von Greenpeace. Das wird nach Einschätzung der Diskutanten aber nur gelingen, wenn folgende Punkte umgesetzt werden:
- Eine klare und verbindliche Rechtsetzung, die vor allem die Zielkonflikte zwischen Umwelt- und Baurecht endlich löst.
- Eine eindeutige Kennzeichnung von Tierwohlware. Der von LIDL entwickelte vierstufige Haltungskompass (Stallhaltung, Stallhaltung Plus, Aussenklima, Premium), der inzwischen vom gesamten Lebensmittelhandel mitgetragen wird, sei dafür eine bessere Grundlage als das von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner beabsichtigte freiwillige staatliche Tierwohlkennzeichen, dass zudem zunächst nur für Schweinefleisch gelten soll, hieß es in der Diskussion.
- Mehr Geld vor allem für Investitionen. Ob darüber hinaus auch staatliche Tierwohlprämien notwendig sind oder ob der Markt und damit die Verbraucher mehr Tierwohl ausschließlich über höhere Verbraucherpreise finanzieren werden, da waren sich die Vertreter auf dem Podium nicht einig. In jedem Fall müsse die Einsicht des Verbrauchers, für höhere Tierwohlstandards mehr Geld zu bezahlen, noch wachsen. Das sei auch eine Aufgabe der Branche, dies zu kommunizieren. Politik, Berufsstand und NGOs kritisierten einmütig, dass die Rabattschlachten des Lebensmitteleinzelhandels diesbezüglich nicht hilfreich seien, die Wertschätzung für Fleisch zu erhöhen
- Ein gesellschaftlicher Konsens über den zukünftigen Weg. Deutschland brauche eine überparteiliche und von allen Beteiligten in der Wertschöpfungskette mitgetragene Strategie für die Zukunft der Nutztierhaltung. Daran arbeitet derzeit das Kompetenznetzwerk Nutztierhaltung im Auftrag des BMEL unter Leitung des früheren Bundeslandwirtschaftsministers Jochen Borchert. Die Ergebnisse sollen im Februar 2020 präsentiert werden.
von Gregor Grosse-Kock
Tierwohl
Wird Praktiziert von Landwirten jeden Tag - ganz abgesehen von den wilden Investitionen "Tierwohlstall", jeder meint damit sind alle Haltungsprobleme unserer Haustiere gelöst - mit Nichten!!! Eine gute Bestandsführung gehört dazu, also die persönliche Fähigkeit zu erkennen ob es seinen Tieren gut geht! Hr Ostendorff und auch Gräfe Bahringdorf haben immer nur alles besser gewusst und brauchen nicht mal ein Konzept vorstellen ausser zu Meckern - so ist das wenn der Heimische Hof nicht zum Lebensunterhalt dienen muss '''!!!!
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von Matthias Frieß
Es wurde schon gerechnet
Die VEZG hat von 3 namhaften Betriebswirtschaftlern den notwendigen Aufschlag für Haltungsform Stufe 2 berechnen lassen und kommuniziert. Grundlage der Berechnung war neben den Mehrkosten auch ein Risikozuschlag, anteiliger Unternehmergewinn und eine erhöhte Afa. Ich meine so muß in Zukunft gerechnet werden und Landwirtschaft schreibt ihr Preissschild damit selbst. Lediglich die Vergütung der reinen Mehrkosten, meist noch niedrig angesetzt, muss beendet werden. Wir Landwirte brauchen ein anderes Selbstverständnis! Warum sollte denn Tierwohl nicht ein "Betriebszweig" werden können? Das geht aber nur wenn damit zusätzliches Geld verdient wird! Dass uns der Handel freiwillig mehr Geld gibt glaubt wohl niemand. Deshalb ist es wichtig, daß keine Preisspirale nach unten in Gang kommt, indem die geforderten 13 Cent Aufschlag unterlaufen werden. Man ist nur in einer starken Position wenn man auch einmal "Nein" sagt. Sollte uns das nicht gelingen, ist uns nicht mehr zu helfen...
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von Theo Strake
Die Sache mal anders angehen
In der Industrie und im Handwerk errechnet man den Preis den man benötigt. Bei Autos und Maschinen kostet Luxus einen Aufpreis, Warum machen wir das denn nicht? Mehr Tierwohl und höheren Umweltstandarts gibt es nicht umsonst. Fangt mal an zu rechnen!!!!
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von Andreas Thiel
Wer bezahlt am Ende für mehr...
Tierwohl?Antwort:Wir!
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von Andreas Puckert
Hier die heile Welt?
Herr Ostendorf müsste eigentlich klar sein, wenn er ungezügelt neue Forderungen stellt das uns in der Schweinehaltung das selbe erwartet wie seinerzeit mit den Legehennen. Eine Verlagerung der Produktion ins Ausland . " Deutschland einig Blümchen Land "!
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von Willy Toft
Alle wollen mehr Tierwohl, und Keiner will es bezahlen!
Wir würden ja wollen, wenn es der Markt auch hergibt. Statt dessen, wird Fleisch von sonst wo her rangekarrt, damit der Handel günstig bedient wird! Welcher Verbraucher fragt da nach qualitativer hochwertiger Ware, an der Kasse wir über alle Anstrengungen am Markt entschieden!
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von Josef Doll
Was labert da Ostendorff ??
Sie bringen ja nicht einemal IHR Bio Rindfleisch zu Bio-Preisen verkauft. Für mich sind das Geisterdiskusionen die die Masse an Tier Haltung ganz einfach so verhindern soll , ohne es zu verbieten . Ist das auch eine Option von Herrn OSTENHORFF ??? Wenn dem nicht so ist muß das ganze ganz einfach geregelt werden : NUR WAS DER VERBRAUCHER VERLANGT und BEZAHLT kann der Landwirt auch produzieren !! Und wenn Aldi und CO oder NGO`s und die Grünen etwas von uns verlangen müssen Sie es auch BEZAHLEN was es mehr kostet. Ansonsten sollten wir aus der WTO und sonstigen Handesorganisationen austreten . Denn das was Wir mit ihnen ausgehandelt haben können unsere Verbraucher nicht essen weil ......... oder können Sie es ,aber nur wenn Wir es nicht produziert haben??
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von Gerd Ulken
Tierwohl
Das ist doch wohl so klar wie was- die Landwirte bleiben auf den kosten sitzen. Wie immer- der Handel fordert, wir Landwirte machen-zwischendurch großes Palaver u der Handel kassiert u wir gucken in die Röhre.
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von Renke Renken
Das ganze System
ist krank, totkrank. Und solange geldgierige Kapitalisten den Hals nicht vollkriegen, werden wir diesen Globalisierungswahn nicht beenden, und damit auch nicht die Tatsache, das ein jedes Produkt immer den Produktionsstandort sucht mit den günstigsten Gestehungskosten. Klima- und Umweltschutz spielt in diesem Treiben überhaupt keine Rolle , soweit können unsere Politiker nicht denken und solche Zusammenhänge auch nicht erkennen, wundert mich übrigens auch nicht, die meisten haben nichts gelernt, was sie befähigen würde diesen Job auszuüben. Aber den kleinen Bürger abzocken mit CO² - Steuer und ihm vorschreiben wo und wie er Energie sparen soll. Das gesamte Klimapaket, so es denn überhaupt eines ist , ist der größte Mumpitz seit Erfindung der Menschheit, hier geht´s nur um Geld, der Steuersack muß gefüllt werden
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von Renke Renken
Genau so ist es
und wenn man Fleisch aus Südamerika kauft, sieht man lieber nicht so genau hin, die werden schon alles richtig machen, und außerdem ist es weit weg
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von Jens Geveke
Der Markt dafür ist einfach begrenzt. Hier im Dorf gibt es ein paar Nebenerwerbslandwirte mit Rindermast auf Gründland, bzw Bullenmast auf Stroh. Alles ein bisschen extensiver, standortangepasst usw. Die finden keinen Schlachter mehr, der solche Tiere als regionales Fleisch aufnimmt. Also gehen die Tiere den normalen Weg in die Massenschiene zum Discounter. Der Verbraucher ist der Schlüssel und wenn der nur Tierwohl fordert, aber nicht kauft, dann nützen auch die ganzeln Labels nichts.
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von Diedrich Stroman
Bla bla bla!
Kaum einer, bis auf zwei Personen haben mal richtig Stallluft geschnuppert. Es läuft am Ende wie bei QS, kann man machen, muss man aber nicht, blos wer sich dem Diktat nicht beugt wierd abgestraft! Der LEH braucht diesen ganzen Zirkus und das Tam Tam nur zu Medien wirksamen Werbeeffekten.Wie verlogen das ganze dann ist merken als erstes die Bauern das besser läst man sich von der schlechtesten Eingandsstufe bezahlen!!Und der bäuerliche Familienbetrieb der jetzt schon kaum verdient zahlt für den Zirkus der in der Politik ausgebrütet wierd! Wir wollen die deutsche Tierhaltung erhalten, merkt ihr's eihentlich noch!!Eins ist sicher 2020 brechen noch eine staatliche Zahl der Sauenhaltug in Deutschland weg und die kommen nicht wieder, und es kommen keine neue junge Betriebsleiter auf die Idee einen Betrieb zu gründen und sich diesem politisch gewollt Desasters getrieben von den geiz ist geil Verantwortlichem LEH zu stellen!!Die Landwirtschaft stirbt langsam, und die Städter werden es erst merken wenn's zu spät ist!!!
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