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Wie die DBV-Forderung zur Grundgesetzänderung im Bundestag ankommt

Bundestagsabgeordnete reagieren eher reserviert auf den Aufruf des Bauernverbandes, Ernährungssicherung und Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Nur die CDU/CSU-Fraktion steht bisher voll dahinter

Lesezeit: 7 Minuten

Geht es in Deutschland um eine Grundgesetzänderungen stehen dieser besonders hohe Parlamentarische Hürden bevor. Für eine Grundgesetzänderung ist eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat nötig. Für seine jüngste Forderung nach einer Aufnahme von Ernährungssicherung und Klimaschutz ins Grundgesetz braucht der Deutsche Bauernverband (DBV) also massive Unterstützung. Bis auf die CDU/CSU-Fraktion geben sich in einer Umfrage von top agrar jedoch alle anderen Bundestagsfraktionen eher skeptisch.

CDU/CSU: Corona verdeutlicht Staatsziel Ernährungssicherung

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Der Bauernverband nimmt mit seiner Forderung eine Initiative der CDU auf. Diese hatte sich bereits im Herbst 2019 auf einem Parteitag in einem Beschluss zur Landwirtschaftspolitik die Aufnahme der Ernährungssicherung als Staatsziel vorgenommen. „Wir werden prüfen, ob ein Staatsziel Ernährungssicherung die Entwicklung der Landwirtschaft besser absichern kann“, heißt es darin. Darauf verweist die Fraktion nun. „Unser Ziel ist, die Ernährungssicherung im Grundgesetz als Staatsziel festzuschreiben. Eine solche Ergänzung der Verfassung kann dabei helfen, den Stellenwert unserer Land- und Ernährungswirtschaft bei der Abwägung mit anderen Rechtspositionen zu stärken“, sagt der Agrarsprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Albert Stegemann. Für die Union hat die Corona-Pandemie ihr Anliegen noch einmal verdeutlicht. „Wir brauchen grundsätzlich mehr Ernährungssouveränität“, sagt Stegemann. Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass die Auswahl an hochwertigen und gesunden Lebensmitteln nicht selbstverständlich sei.

Zustimmung kommt auch aus der CSU. „Ich bin davon überzeugt und stimme mit dem Deutschen Bauernverband überein: Unsere Landwirtschaft hat das Potential, die Nummer eins in Sachen Nachhaltigkeit, Tierwohl und Klimaschutz zu werden. Deshalb ist die Forderung, das Grundgesetz in Artikel 20a um die Ziele Ernährungssicherung und Klimaschutz zu erweitern, folgerichtig und sehr zu begrüßen“, sagt die CSU-Europaabgeordnete Marlene Mortler.

SPD: Statt Symbolpolitik Gemeinwohlleistungen honorieren

Der aktuelle Koalitionspartner der Union die SPD geht hingegen bei der Forderung nach einem Staatsziel Ernährungssicherheit auf Abstand. „Gute Arbeitsbedingungen, Ernährungssicherung und der Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen können aus Sicht der SPD-Bundestagsfraktion nicht voneinander getrennt werden. Beim Vorschlag des Deutschen Bauernverbandes frage ich mich allerdings, wem dieser nützen soll?“, fragt der agrarpolitische Sprecher der SPD, Rainer Spiering. Aus seiner Sicht ist die Forderung nach einer Grundgesetzänderung „Symbolpolitik“. Stattdessen „sollte der DBV sich im Sinne seiner Mitglieder lieber für eine zukunftsweisende Landwirtschaftspolitik stark machen“, sagt Spiering. Diese beginnt für Spiering bei einer Umgestaltung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik, weg von der Flächenprämie hin zur gezielten Honorierung von Gemeinwohlleistungen der Landwirtschaft. Zudem will er lieber „weg vom Dogma der Exportorientierung“. Diese habe im Bereich der tierischen Erzeugung zu dramatischen Umweltauswirkungen und einem ruinösen Preiskampf geführt, argumentiert Spiering. Initiativen für geschlossene Nährstoffkreisläufe und eine regionalisierte Landwirtschaft nützen der heimischen Landwirtschaft mehr, „als in einem langwierigen Verfahren auf die Änderung des Grundgesetzes hinzuwirken“, so Spiering.

FDP: Lieber knallharte Beschlüsse zur Angleichung von Standards

Auch die FDP äußert Skepsis. "Der DBV möchte mit seinem Vorstoß die heimische Landwirtschaft stärken. So sehr wir uns über das Ziel einig sind, so sehr stehen wir einer Aufnahme der Ernährungssicherheit und des Klimaschutzes in das Grundgesetz kritisch gegenüber“, sagte der FDP-Agrarsprecher Gero Hocker. Aus seiner Sicht gehört Klimaschutz gehört durch den Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen bereits zu den Staatsaufgaben, die im Grundgesetz definiert sind. Auch er bemüht den Begriff „Symbolpolitik“. Statt dieser wäre es begrüßenswert, „wenn die Klimaschutzleistungen von Land und Landwirtschaft endlich auch monetär Anerkennung finden würden“, sagt er. Ähnlich bewerte er es für die geforderte Aufnahme von Ernährungssicherheit ins Grundgesetz. Dies würde laut Hocker „keineswegs bedeuten, dass diese über verlässliche Produktionsbedingungen vor Ort sichergestellt werden müsste“. Er fordert „knallharte politische Beschlüsse zur Angleichung von Produktionsstandards innerhalb des europäischen Binnenmarktes“. Nur so könne es einen fairen Wettbewerb innerhalb der EU geben.

Grüne: Aktion lenkt von Zukunftskommission Landwirtschaft ab

Für die Grünen ist die Aktion des DBVs ein Ablenkungsvermögen. "Die Frage ist doch, warum lenkt der DBV von der aktuell relevanten Debatte in der Zukunftskommission Landwirtschaft ab, wenn es um die Zukunft der Landwirtschaft geht“, sagte Friedrich Ostendorff, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Bundestag. Statt echte Konzepte vorzulegen und gesellschaftliche Kompromisse zu suchen, mache DBV-Präsident Rukwied sich dort einen schlanken Fuß und verhindere eine konstruktive Diskussion, so Ostendorff weiter. Trotzdem lässt Ostendorff eine gewissen Offenheit für eine Grundgesetzänderung erkennen. „Einer rechtlichen Verankerung der gesellschaftlichen Leistungen und der agrarstrukturellen Ziele stehe ich grundsätzlich offen gegenüber“, sagt er. In welcher Form das zielführend sein kann, müsse geprüft werden. „Wir müssen die berechtigten Anliegen der bäuerlichen Betriebe genauso berücksichtigen, wie gesellschaftliche Erwartungen an die Tierhaltung und globale Erfordernisse zum Klimaschutz und zum Erhalt der Biodiversität“, weitet Ostendorff das Thema aus. Er hält es zudem für wichtig, den Erhalt einer bäuerlichen Agrarstruktur in einem Leitbild festzuschreiben.

Linke: Ernährungssouveränität wäre geeigneter

Wenig Auswirkungen von einer Grundgesetzänderung erwartet die agrarpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion der Linken Kirsten Tackmann. „Man kann diese Ziele auch ins Grundgesetz schreiben, wobei ich den Begriff der Ernährungssouveränität für geeigneter halte“, gibt sie zu. Dennoch sei sie aus drei Gründen skeptisch: „Erstens, weil die Gefahr besteht, dass es folgenlos als leeres Bekenntnis dort steht. Zweitens, weil trotz jahrelanger Diskussion auch Kinderrechte noch immer nicht im Grundgesetz stehen. Drittens werden vernünftige Beschlüsse ja nicht behindert, weil die Ziele nicht im Grundgesetz stehen“, sagt sie.

AfD: Möglichst hoher Selbstversorgungsgrad in Deutschland

Die AfD hält eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag zur Aufnahme der Ernährungssicherung ins Grundgesetz zum jetzigen Zeitpunkt für eher unwahrscheinlich. „Derzeit gibt es in der AfD keine Bestrebungen, das Grundgesetz um das Ziel Ernährungssicherung und Klimaschutz zu ergänzen. Dem Ziel Ernährungssicherung stehen wir jedoch grundsätzlich offen gegenüber“, sagte der agrarpolitische Sprecher der AfD-Fraktion Stephan Protschka. In Deutschland seien trotz einer hohen Versorgungssicherheit immer mehr Menschen nicht in der Lage, sich angemessen und in Würde zu ernähren. „Daran wird auch die Aufnahme der Ernährungssicherung in das Grundgesetz nichts ändern“, so Protschka. Die AfD strebe einen möglichst hohen Selbstversorgungsgrad in Deutschland an. Regional produzierte Lebensmittel erhöhten nicht nur die Versorgungssicherheit in Krisenzeiten, sondern steigerten auch die regionale Wertschöpfung und leisteten darüber hinaus einen enorm wichtigen Beitrag für den Umwelt-, Klima-, Tier- und Artenschutz, argumentiert er.

Grundgesetzänderung Teil vom DBV-Zukunftskonzept

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hatte vergangene Woche ein Zukunftskonzept vorgestellt. Darin schlägt er vor, das Grundgesetz in Art. 20a um die Ziele Ernährungssicherung und Klimaschutz zu ergänzen. Als Formulierungshilfe hatte der DBV für den Art. 20a folgenden Text angebracht: „Der Staat schützt auch in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen, die Grundlagen der menschlichen Ernährung, die Tiere und das Klima im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung durch die Gesetzgebung und nach Maßgabe von Gesetz und Recht durch die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung.“

Weitere Ziele des DBV-Zukunftskonzeptes sind eine Aufstockung der nationalen Agrarförderung, eine verbindliche Haltungs- und Herkunftskennzeichnung sowie eine gesetzliche Festlegung, dass zusätzliche flächenbezogene Anforderungen an mehr Biodiversität in der land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung prioritär freiwillig umgesetzt und dauerhaft honoriert werden.

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