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topplus Zukunftskonzept oder Nebelkerze

Wie gut ist das DBV-Zukunftskonzept?

Was hält die Wissenschaft vom DBV-Zukunftskonzept? Wie passt es zur Zukunftskommission Landwirtschaft, die am Montag tagte? Antworten vom Agrarökonom Prof. Achim Spiller.

Lesezeit: 5 Minuten

Vergangene Woche hat der Deutsche Bauernverband (DBV) ein Zukunftskonzept vorgestellt. Es soll für eine neue Partnerschaft für Landwirtschaft und Ernährung sorgen. Kernforderung ist die Aufnahme von Ernährungssicherung und Klimaschutz ins Grundgesetz. Prof. Achim Spiller von der Universität Göttingen und Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats für Agrarpolitik beim Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL), ordnet die Forderungen im Interview ein.

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Spiller: Es ist wichtig, dass der DBV verstärkt in die Zukunftsdiskussion einsteigt. Vizepräsident Werner Schwarz hat vor einigen Wochen interessante Thesen erläutert. Jetzt hat Präsident Joachim Rukwied ein Zukunftskonzept vorgestellt. Wir brauchen einen verstärkten gesellschaftlichen Diskurs, und natürlich sind die Stimmen der Landwirte und ihrer Interessenorganisationen dafür sehr wichtig.

Gehen wir auf die Inhalte ein: Der DBV fordert, Ernährungssicherung und Klimaschutz ins Grundgesetz aufzunehmen. Eine gute Idee?

Spiller: Es kommt drauf an, was der DBV mit Ernährungssicherung meint: Eine veraltete Begriffsfassung, die sich allein auf die Produktion und einen hohen Selbstversorgungsgrad bezieht, oder die wissenschaftlich global akzeptierte Fassung, nach der Ernährungssicherung die Punkte Verfügbarkeit, Zugang, Nutzung und Stabilität meint. Deutschland hat demnach weniger ein Problem mit der Nahrungsmittelmenge als mit dem Zugang für Teile der Gesellschaft („Ernährungsarmut“) und der Nutzung, also dem verbreiteten Konsum ungesunden Essens. Rukwied betont in seiner Rede dagegen nur die Erzeugungsseite, die Versorgungssicherheit. Wenn mit Ernährungssicherung eigentlich der Selbstversorgungsgrad gemeint ist, bin ich skeptisch. Auch wenn es natürlich gut ist, dass der DBV klar zum Klimaschutz steht und „Klimaleugner“ keinen Raum erhalten, so liegt doch die zentrale Herausforderung darin, in Deutschland mehr Biodiversität und Klimaschutz zu ermöglichen. Ein möglichst geringer Verlust an Produktivität ist dabei eine wichtige Nebenbedingung. Deshalb benötigen wir effektive Instrumente. Die in der DBV-Veranstaltung wiederholt angesprochenen indirekten Landnutzungseffekte einer extensiven Landwirtschaft, denen die Umweltseite ‚weniger Fleisch essen‘ gegenüberstellt, bringen uns in dieser pauschalen Form nicht weiter.

Direktzahlungen werden vollständig abgebaut.

Landwirte sollen Nachhaltigkeitsleistungen mit mehr Mitteln aus der Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz honoriert bekommen, fordert der DBV. Wie könnte das aussehen?

Spiller: Die Gesellschaft sollte Umwelt- und Tierschutz künftig finanziell stärker fördern. Für die Akzeptanz zusätzlicher nationaler Mittel ist es aber notwendig, dass die vorhandenen EU-Mittel effizienter und zielgerichteter eingesetzt werden. Es zeichnet sich glücklicherweise ab, dass die Direktzahlungen in den nächsten beiden Perioden vollständig abgebaut werden. Wenn diese Entscheidung gefällt ist, dann wird die Zustimmung zu einem Ausbau der nationalen Gelder gelingen können. Wichtig ist dann aber die konsequente Gemeinwohlorientierung der GAK-Mittel. Der von Rukwied in diesem Zusammenhang angesprochenen Förderung von Risikoversicherungen steht z. B. der Wissenschaftliche Beirat skeptisch gegenüber. Er plädiert in seinem Gutachten zur Agrarpolitik dafür, Risikomanagement im Wesentlichen als unternehmerische Aufgabe zu verstehen.

Zudem fordert der DBV einen Bonus für heimische Produkte, den die Erzeuger erhalten. Sie sehen das kritisch. Warum?

Spiller: Eine Kostenerstattung für nachgewiesenermaßen höhere Nachhaltigkeit ist richtig. Ein pauschaler, von der Politik gesetzter Bonus für heimische Erzeugnisse ist EU-feindlich. Etwas wieder anderes ist es, wenn die Verbraucher heimische Erzeugnisse schätzen und dafür mehr Geld ausgeben. Das passiert immer stärker. Es ist spannend, wie schnell Supermärkte wie Rewe und Edeka in jüngster Zeit ihre Regionalregale ausbauen und landwirtschaftliche Betriebe in den Vordergrund rücken. Diese kurzen Wertschöpfungsketten bieten neben der wachsenden Direktvermarktung Chancen, Landwirtschaft und Verbraucherseite wieder näher zusammen zu bringen. Das sollte gefördert werden, ist aber etwas anderes als „Deutschland first“.

Jetzige Agrarumweltpolitik ist überbürokratisch.

Und der DBV fordert kooperativen Umwelt- und Naturschutzschutz. Wie sehen Sie das?

Spiller: Auch hier kommt es darauf an, was gemeint ist. Die jetzige Agrarumweltpolitik ist überbürokratisch, das sehen doch alle. Wenn mit kooperativ gemeint ist, dass Landwirtschaft und Umweltschutz in den Regionen institutionell zusammenarbeiten und gemeinsam Maßnahmen entwickeln, könnten sich daraus neue Umsetzungsallianzen bilden, bei denen das Ergebnis zählt. Wenn der DBV mit kooperativ aber eigentlich freiwillig meint und damit den Verzicht auf verbindliche Ziele wie auf ökonomische Instrumente, dann ist das Wort kooperativ eine Nebelkerze.

Die Atmosphäre in der Kommission ist gut.

Der DBV ist Mitglied der Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL), die eine Perspektive für deutsche Landwirte erarbeiten soll. Sie sind ebenfalls in der Kommission und hatten vor einigen Wochen unter anderem mit der DLG ebenfalls eigene Vorschläge präsentiert. Zerlegt die ZKL sich nun selbst?

Spiller: Nein, überhaupt nicht. Die Atmosphäre ist gut. Die Jugendorganisationen von DBV und BUND arbeiten sehr kooperativ an einem spannenden Zukunftsbild. Die Grundrichtung eines gesellschaftlich geteilten Weges, eines ‚Gesellschaftsvertrages‘, wird immer deutlicher. Die Borchert-Kommission mit ihrem ambitionierten Zielbild einer tierfreundlichen Haltung für 2040 mit garantierten Ausgleichszahlungen für die Landwirtschaft gibt die Richtung vor. Die Bürger werden künftig mehr Geld für Lebensmittel ausgeben müssen, um mehr Umwelt- und Tierschutz in der Landwirtschaft zu ermöglichen. Dies muss wegen des Problems der Ernährungsarmut sozial abgefedert werden, weil ein Hartz 4-Satz von 5 € am Tag jetzt schon nicht ausreicht. Die Agrar- und Umweltpolitik muss letztlich drei Ziele zusammenbringen. Erstens: mehr Nachhaltigkeit. Zweitens: ein fairer Kostenausgleich für die Landwirtschaft zur Verhinderung von Abwanderung der Produktion in Länder mit schlechteren Standards. Drittens: Die Entwicklung von innovativen Vermarktungsformaten für gesunde und nachhaltige Lebensmittel, um den Markt längerfristig wieder mit ins Spiel zu bringen. Dazu zählen auch die vom DBV geforderten verbindlichen Label.

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