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Reaktionen zum GAP-Beschluss

Wie viel Veränderung bringt die neue Agrarreform?

Der Kabinettsbeschluss der GAP-Gesetze zeigt den Weg für die Agrarzahlungen in Deutschland bis 2027 auf. Er soll das Ende der pauschalen Flächenprämien besiegeln. Die Reaktionen fallen gemischt aus.

Lesezeit: 8 Minuten

Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sieht mit den am Dienstag vom Kabinett beschlossenen Gesetzen zur Umsetzung der Reform der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik (GAP) bis 2027 den von ihr oft zitierten „Systemwechsel“ als eingeleitet an. „Wir haben einen Systemwechsel erreicht, den wir jetzt mit diesen Gesetzen umsetzen“, sagte sie nach der Kabinettssitzung vor der Presse.

Klöckner kündigt kompletten Systemwechsel für 2027 an

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Lange hielt sich Klöckner bei der Präsentation jedoch nicht mit den Regelungen für die Agrarzahlungen von 2023 bis 2027 auf. „Das Modell der Direktzahlungen bleibt für diese Periode erhalten. Das wird aber nicht so bleiben. 2027 wird es sicherlich zu anderen Modellen kommen“, sagte Klöckner schon voraus. Sie betonte, dass ihr bei den nun gefassten Regelungen die Anreize für Landwirte für Umweltmaßnahmen noch zu kurz gekommen sind. Ihr Ministerium sei daher zu diesem Punkt noch in Gesprächen mit der EU-Kommission, so Klöckner weiter.

Bei der aktuellen Reform habe die Bundesregierung „Augenmaß walten lassen“, sagte Klöckner. Ihr sei der Respekt vor den Landwirten und ihrer Aufgabe bei der Lebensmittelproduktion wichtig. Sie dürften nicht zu Landschaftsgärtnern degradiert werden, so Klöckner. Zudem streckte Klöckner die Hand aus zur Zukunftskommission Landwirtschaft, die bis zum Sommer ihre Vision für die Zukunft der Landwirtschaft ausarbeiten will.

Auch Schulze spricht vom Systemwechsel

Auch Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) nimmt am Dienstag das Wort „Systemwechsel“ in den Mund. „Mit den heutigen Beschlüssen sind uns wichtige Fortschritte gelungen, für die wir im Bundesumweltministerium lange gekämpft haben. Mit diesen Änderungen beginnt ein Systemwechsel, den unsere Umwelt dringend braucht, der aber auch der Landwirtschaft in Deutschland eine sicherere Zukunft geben kann“, sagte sie. Aus Sicht von Schulze ist mit dieser Reform ist ein guter Einstieg gelungen, Landwirte, die umweltschonend wirtschaften, zu honorieren.

Bauernpräsident Rukwied bleibt „äußerst kritisch“

Enttäuscht hingegen gab sich der Deutsche Bauernverband (DBV). Die Beschlüsse bedeuteten „schmerzhafte Einschnitte für die deutschen Landwirte bei der EU-Agrarförderung“, sagte DBV-Präsident Joachim Rukwied. Laut dem DBV werde die Einkommenswirksamkeit der Agrarförderung dadurch um etwa 1,8 Mrd. € bzw. 40% gemindert. „Dies wird zu einem Strukturbruch in der bäuerlichen Landwirtschaft führen“, prophezeite Rukwied. Der Verband habe „absolut kein Verständnis für weitere Verschärfungen“. Die von der Bundesregierung nun zusätzlich vorgeschlagenen Eco-Schemes hält der DBV für „sehr kontrollaufwendig“. Aus Sicht des DBV werde damit eine pragmatische Umsetzung und eine pünktliche Auszahlung der Fördermittel im Dezember 2023 gefährdet. Grünland- und Futterbaubetriebe dürften nicht bei den Eco-Schemes benachteiligt werden, warnte der DBV. Er fürchtet mit dem Angebot von Grünlandmaßnahmen in den Eco-Schemes in der 1. Säule eine Aushöhlung bewährter Agrarumweltprogramme der 2. Säule. „Hier muss der Bundestag für Korrekturen sorgen“, forderte Rukwied.

Beringmeier für mehr Grünland Maßnahmen

Auch der Westfälisch-Lippische Landwirtschaftsverband (WLV) kritisiert die Kabinettsbeschlüsse. „Einige Punkte bereiten uns erhebliche Bauchschmerzen. Wir fürchten, dass bei Umsetzung dieser Beschlüsse die Einkommenswirkung der Zahlungen gerade für kleine und mittlere Betriebe deutlich abnehmen wird", sagte WLV-Präsident Hubertus Beringmeier. Er fürchtet, dass die jetzigen Vorschläge die Agrarumweltprogramme aus der zweiten Säule in NRW schwächen, zum Beispiel die Aussaat von Blühstreifen oder eine vielfältige Fruchtfolge. Zudem kritisiert er, dass die vorgeschlagenen Öko-Regelungen zu wenig Maßnahmen für Grünlandbetriebe vorsehen. Insbesondere mit Blick auf die Mittelgebirge sollte laut dem WLV die Förderung der Weidehaltung nicht nur für Milchkühe, sondern auch für Mutterkühe sowie Schafe und Ziegen angeboten werden. Außerdem fordert er, dass die Ausgleichszulage für benachteiligte Gebiete gestärkt und mit einem Zuschlag für Wiederkäuer versehen wird.

Ökoverbände fordern weitere Anreize

Die Ökoverbände sehen den Kompromiss zur GAP in die richtige Richtung laufen. „Der Kompromiss birgt aber das Risiko, weit weniger umweltwirksam zu sein, als notwendig ist. Der Bundestag ist hier gefordert, die positiven Potentiale des GAP-Gesetzentwurfes für die Umwelt zu heben, damit Bauern umweltfreundlicher wirtschaften können“, sagte der Vorsitzende des Bio-Dachverbandes BÖLW, Dr. Felix Prinz zu Löwenstein. Die Eco-Schemes müssten konventionellen und Bio-Bauern wirtschaftliche Anreize bieten, wirksam zu mehr Vielfalt in der Agrarlandschaft, zu Klima- und Artenschutz, gesundem Boden und sauberem Wasser beizutragen, so zu Löwenstein weiter. Die Ökoverbände begrüßen die zusätzliche Flexibilität bei der Umschichtung von den Direktzahlungen in die 2. Säule, aus der auch die Ökoprämien gezahlt werden.

AbL vermisst soziale Gerechtigkeit

Die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft e.V. (AbL) kritisiert an dem Beschluss vor allem die Abkehr von Kappung und Degression der Zahlungen nach Betriebsgröße. Der Beschluss lasse „massiv an sozialer Verantwortung vermissen“, heißt es bei der AbL. „Außerlandwirtschaftliche Investoren, vor denen Bundesministerin Klöckner uns Bäuerinnen und Bauern angeblich schützen möchte, reiben sich bei diesem Gesetzentwurf die Hände“, sagte der AbL-Bundesvorsitzende Martin Schulz. Im Bundestagsverfahren appelliert die AbL insbesondere an die SPD, sich noch einmal für eine Obergrenze der Basisprämie bei 150.000 € einzusetzen sowie diese bereits im Vorfeld degressiv zu staffeln. Zudem fordert die AbL die Mittel für kleinere und mittlere Betriebe zu verdreifachen und in den Öko-Regelungen eine Maßnahme für kleinteilige Bewirtschaftung zu ergänzen.

BDM fordert Stärkung der Marktposition

Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) äußerte sich unzufrieden über den Kabinettsbeschluss zur GAP. „Das Einkommen, das die Landwirtinnen und Landwirte über den Markt erzielen können, reicht bei weitem nicht aus, um die Betriebe wirtschaftlich und ökologisch zukunftsfähig aufzustellen. Ein echter Systemwechsel würde das nicht ausklammern, hätte einen umfassenderen Ansatz und fummelt nicht nur an den Folgen der bisherigen Agrarpolitik herum“, sagte der BDM-Vorsitzende Stefan Mann. Für eine Stärkung der bäuerlichen Betriebe für die anstehenden Aufgaben aber brauche es in erster Linie eine zukunftsfähige Marktgestaltung, die es der Landwirtschaft ermöglicht, ihr Einkommen über den Markt zu erwirtschaften. „Dann können öffentliche Gelder wirklich zielgerichtet und erfolgreich für die Förderung nicht marktfähiger Leistungen im Bereich des Insektenschutzes, der Biodiversität und des Klima- und Naturschutzes eingesetzt werden“, so Mann weiter.

Freie Bauern drohen mit Verzicht auf Direktzahlungen

Die Freien Bauern haben den Kabinettsbeschluss zur nationalen Umsetzung der Gemeinsamen EU-Agrarpolitik als „bitteres Ergebnis einer schwarz-rot-grünen Koalition gegen die bäuerliche Landwirtschaft“ bezeichnet. Die ausgeweitete Koppelung der Direktzahlungen an Extensivierung und Brachen werde die landwirtschaftliche Erzeugung in Deutschland weiter senken, kritisierte Bundessprecher Alfons Wolff, Ackerbauer aus Hohenthurm in Sachsen-Anhalt. Er bedauerte zudem, dass sich die Bundesregierung nicht auf eine Kappung der Zahlungen für Großbetriebe eingelassen hat. „Für eine zunehmende Anzahl von Betrieben könnte es interessant werden, künftig ganz ohne Direktzahlungen zu arbeiten und sich damit ein Stück weit vom Gängelband des Staates zu lösen“, so Wolff.

Grüne legen sich auf Gemeinwohlprämie fest

Die Grünen machen nach dem Beschluss deutlich, dass sie zur kommenden Reform weiter gehen wollen. "Dass Agrarsubventionen künftig an mehr ökologische Standards geknüpft werden, ist lediglich ein Schritt. Was wir brauchen, ist jedoch einen echten Systemwechsel“, sagte der Grüne Agrarsprecher Friedrich Ostendorff. Er plädiert für eine Neuausrichtung der Europäischen Agrarpolitik (GAP) durch eine Gemeinwohlprämie. Ähnlich argumentiert seine Fraktionskollegin Renate Künast. Ostendorff will zudem auch die Themen Kappung und Degression der Agrarzahlungen und eine gemeinsame Veranlagung verbundener Unternehmen wieder auf den Tisch bringen.

Linke kündigt Prüfung im Bundestag an

Die Agrarsprecherin der Linken, Kirsten Tackmann, behält sich ausdrücklich Nachbesserungen an den Gesetzesentwürfen im Bundestagsverfahren vor. „Immerhin ist die Tür nun offen für mehr Klima-, Tier- und Naturschutz. Nicht mehr und nicht weniger“, sagte sie. Ihr fehlen in den Entwürfen noch Antworten auf die soziale Krise in der Landwirtschaft und zu einkommenswirksamen Anreizkomponenten. Außerdem bezeichnete Tackmann es als „bedauerlich“, dass bisher keine Regelung vorgesehen wird, um zu verhindern, dass landwirtschaftsfremden Investoren weiter von der Agrarförderung profitieren.

AfD prognostiziert mehr Höfesterben

Die AfD moniert an dem Beschluss insbesondere die Umschichtung der Mittel weg von den Direktzahlungen. Das habe eine „verheerende Wirkung“ und werde „das Höfesterben massiv befördern“, sagte der agrarpolitische Sprecher der AfD-Bundestagsfraktion, Stephan Protschka. Stattdessen forderte Protschka „eine grundlegende Reform der Agrarpolitik, die vor allem das Fortbestehen familiengeführter Höfe sichert“. Neben einer zielgerichteten Agrarförderung müsse diese auch eine stärkere Marktstellung der landwirtschaftlichen Betriebe, bessere Vermarktungsmöglichkeiten sowie eine verpflichtende Herkunftskennzeichnung beinhalten. Außerdem fordere er die Senkung der landwirtschaftlichen Produktionskosten durch eine „umfangreiche Deregulierung aller unverhältnismäßiger und praxisfremder Auflagen“.

Umweltverbände drängen auf mehr Umweltwirkung

Die Umweltverbände machen keinen Hehl daraus, dass sie sich noch mehr Veränderungen bei der Umsetzung der Agrarreform in Deutschland gewünscht hätten. „Es wäre vermessen, dies als Fortschritt zu feiern. Jetzt muss das Parlament ran“, sagte der Präsident des Naturschutzbundes (Nabu) Jörg-Andreas Krüger. Er fordert eine Umschichtung der Mittel von den Direktzahlungen in die 2. Säule von mindestens 18 %. Zudem ist dem Nabu die Bindung der Basisprämie an 3% nichtproduktiver Fläche zu wenig. Der Nabu plädiert dafür, mindestens 10% jedes Betriebs für Blühflächen, Gehölze und Brachen zu reservieren.

Ähnlich wie der Nabu argumentiert auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Er fordert zudem, dass das Budget für die Öko-Regelungen zur Finanzierung von Umwelt- und Klimaleistungen der Landwirtinnen und Landwirte auf 30 % erhöht und schrittweise angehoben werden soll.

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