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Reportage

Wildkräutervermehrung: Blumen für die Autobahn

Dominik Kerler aus Amtzell vermehrt Wildkräuter für Ausgleichs- und Blühflächen, um den Betrieb für die Zukunft breiter aufzustellen.

Lesezeit: 6 Minuten

Schafgarbe, Klatschmohn oder Margerite – die Pflanzen, die vielen Ackerbauern ein Dorn im Auge sind, baut Dominik Kerler aus Amtzell in Baden-Württemberg seit zwei Jahren an.

Der 23-Jährige ist 2020 mit 18 verschiedenen Arten auf 9 ha in die Wildkräutervermehrung eingestiegen. Abnehmer für das Saatgut sind Landwirte oder Kommunen, die damit Ausgleichsmaßnahmen und Blühflächen anlegen oder die Autobahnmeistereien, die damit Böschungen begrünen.

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Das Hauptstandbein des elterlichen Betriebes ist eigentlich der Rollrasenanbau. Auf 44 von insgesamt 100 ha baut er diesen an. Mais, Getreide und Dauergrünland wachsen auf den übrigen Flächen. Die Idee für den Wildkräuteranbau kam dem Junglandwirt aus dem Süden im nördlichen Hamburg. Dort absolvierte er während seiner Technikerausbildung ein zweimonatiges Praktikum auf dem Betrieb Matthies, der u.a. 180 ha Rollrasen anbaut.

Da Kerler in seiner Ausbildung nicht auf einem Rollrasenbetrieb war, entschied er sich für das Praktikum. „Der Betrieb baut neben Rollrasen auch Wildkräuter an. Das wollte ich dann auch ausprobieren, da ich für die Zukunft den elterlichen Betrieb breiter aufstellen will“, erklärt der Jungunternehmer. In seiner Abschlussarbeit hat er sich daher mit den Chancen und Risiken des Wildkräuteranbaus auseinandergesetzt.

Anspruchsvoller Anbau

Vor zwei Jahren war es dann so weit: Er baute die ersten Wildkräuter auf seinem Betrieb an. Was der Junglandwirt in der Theorie geplant hat, passte im praktischen Anbau nicht ganz. Bereits die Aussaat hatte er sich anders vorgestellt. So wollte er die Wildkräuter in einer Gärtnerei vorziehen lassen und dann auf dem Acker einpflanzen.

„Ich hatte ein Angebot von 8.000 €/ha, das war mir zu teuer“, erinnert sich Kerler. Daher verzichtete er auf die Anzucht und probierte die Aussaat der Samen auf je 0,3 bis 0,5 ha großen Parzellen aus. „Ich glaube, dass der Einsatz der Jungpflanzen vor allem in trockeneren Regionen sinnvoll ist, weil dort die Saat nicht immer aufläuft. Hier ist es mit 1.300 mm/Jahr allerdings feucht genug“, ist er sich sicher.

Das Ursprungssaatgut erhält Kerler von der Firma, für die er die Kräuter vermehrt. Diese lässt die Samen von ausgebildeten Biologen sammeln. Jede Region in Deutschland hat dabei andere Artenzusammensetzungen in der Saatgutmischung. Kerlers Region ist das südliche Alpenvorland.

Die Wildkräuterarten sind züchterisch nicht optimiert. Daher sind eine geringe Keimfähigkeit, ein langsamer Auflauf und der optimale Erntezeitpunkt ackerbauliche Herausforderungen. Zuerst ist ein optimales Saatbett wichtig: Die Kräuter sind Lichtkeimer, die ein feinkrümeliges Saatbett benötigen. Nach dem Pflügen und Eggen hat Kerler daher hinter seiner Sämaschine den Striegel abmontiert, damit dieser die Samen nicht mit Erde bedeckt. „Damit die Samen nicht austrocknen, ist die Aussaat vor Niederschlägen entscheidend“, weiß Kerler.

Für seinen Standort ist die Aussaat nach der Getreideernte im August ideal. Da das Saatgut so fein ist, mischt Kerler dieses mit Sojaschrot, sodass es sich in der Maschine besser verteilt.

Damit die langsam auflaufenden Wildkräuter gegen die wüchsigen Ackerunkräuter eine Chance haben, schlegelt Kerler die Flächen sechs bis acht Wochen nach der Aussaat auf eine Höhe von 5 cm. Auch behandelt er die Flächen mit den Herbiziden Select 240 EC gegen Gräser sowie Harmony SX gegen Ampfer. Bei einigen Wildkräutern muss Kerler auch mit der Rückenspritze gezielt die Beikräuter behandeln, da einige der Wildkräuter auf die Herbizide reagieren und er daher nicht ganzflächig spritzen kann.

Hoher Ernteaufwand

Die Ernte der ersten Arten beginnt Anfang Juni und endet im Oktober. „Bei der Wildkräuterernte wird einem erst klar, welchen Fortschritt die Getreidezüchtung bereits gemacht hat“, bemerkt Kerler. Zum einen sind die Erträge sehr schwankend und fallen je nach Art mit 20 bis 800 kg/ha sehr gering aus. Zum anderen ist es schwierig, den richtigen Erntezeitpunkt zu finden, da die Kräuter sehr uneinheitlich abreifen.

„Wenn wir ernten, sind 20% der Samen noch grün“, sagt Kerler. Daher muss er die Ernte anschließend auch noch trocknen. Um den Zeitpunkt nicht zu verpassen, tauscht er sich in der Ernteperiode regelmäßig mit seinem Berater von Saaten Zeller aus.

In seiner Abschlussarbeit hat Kerler ursprünglich geplant, die kompletten Pflanzen zu ernten, zu trocknen und später zu dreschen, wie sein Praktikumsbetrieb es auch gemacht hat. Doch die Lagerkapazität auf dem Betrieb gab das nicht her. Daher drischt Kerler die Pflanzen direkt auf dem Feld. „Der Drescher kann nur langsam fahren und man darf den Korntank nur zu einem Drittel füllen, sonst läuft das feuchte und zähe Erntegut nicht aus dem Korntank“, spricht Kerler aus Erfahrung.

Außerdem muss er den Drescher für jede Art neu einstellen. Da das für den Lohnunternehmer sehr aufwendig ist, hat Kerler sich für die Kräuterernte einen gebrauchten Drescher gekauft. Das Erntegut trocknet er mit Biogaswärme in selbst gebauten Trocknungskisten. Dabei darf die Luft maximal 40°C warm sein, ansonsten leidet die Keimfähigkeit.

In den Drescher und die Trocknungskisten haben Kerlers bisher ca. 30.000 € investiert. Kerler ist froh, dass sein Vater ihn bei der Idee mit den Wildkräutern direkt unterstützt hat. „Er führte damals den Rollrasen auch als neue Kultur in den Betrieb ein. Daher ist er offen für Neues und stand dem Wildkräuteranbau nicht im Weg“, sagt der Junglandwirt. Das Anfangssaatgut stellt ihm die Saatgutfirma, für die er produziert, unentgeltlich zur Verfügung. Allerdings ist der Arbeitsaufwand mit ca. 30 Akh/ha mehr als dreimal so hoch wie z.B. beim Weizenanbau.

Der Junglandwirt hofft, dass er in Zukunft dreimal höhere Erlöse erwirtschaftet als beim Getreideanbau. In der Technikerarbeit schätzte er die Erlöse für die Wildkräuter negativ, da die Fixkosten auf die Fläche verteilt sehr hoch sind. Allerdings hat er in der Arbeit nur mit 2 ha gerechnet. Für die nun angebauten 9 ha geht Kerler von einem positiven Gewinn aus. Genau kann er diesen nicht beziffern, da die Abrechnungen für den Saatgutverkauf noch nicht vorliegen. Die Anbaufläche will er die nächsten zwei Jahre auch noch nicht ausweiten, da er Erlöse erst besser abschätzen möchte.

Kerler nahm am top agrar-Wettbewerb "Meister & Macher 2021" teil und gewann den 1. Preis in der Kategorie Betriebskonzepte und Innovationen. Urteil der Jury: Mit dem Regiosaatgut kann Dominik Kerler die Wertschöpfung pro Hektar steigern. Es ist eine sehr ausführlich bearbeitete Themenstellung mit wichtigen Ergebnissen für die zukünf­tige Entwicklung des Unternehmens

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