Ein Kommentar von Friedrich Steinmann, Landwirt aus Bottrop, NRW:



"Sprachlos, mutlos, orientierungslos. Wir Landwirte haben derzeit keine überzeugenden Antworten auf die wichtigen Zukunftsfragen:

• Wie sieht eine Tierhaltung aus, die dem Tierschutz Rechnung trägt und zugleich wirtschaftlich ist?
• Wie können wir im Ackerbau nachhaltig hohe Erträge erzielen, ohne die Biodiversität zu gefährden?
• Wie bedienen wir den schwankenden Weltmarkt und die wachsenden Wünsche der heimischen Verbraucher?
• Und wie gewinnen wir das Vertrauen der Bürger für unsere Arbeit zurück?

Zugegeben, darauf gibt es keine einfachen Antworten. Aber wir machen es uns zu leicht, wenn wir auf die Forderungen von Politik und Gesellschaft immer nur antworten: Nein, das geht nicht. Notwendig wären bessere Vorschläge. Die haben wir bisher nicht. Am liebsten würden wir am Status quo festhalten. Das wird uns nicht gelingen.

Deshalb hat der frühere DLG-Präsident, Philip Freiherr von dem Bussche Recht, wenn er empfiehlt, die Probleme der gegenwärtigen Produktionsmethoden „anzuerkennen und anzupacken und die Kommunikation spürbar zu ändern“. Wenn wir diesen Rat glaubwürdig umsetzen wollen, brauchen wir vor allem eines: Einigkeit und Zusammenhalt im Berufsstand.

Beides vermisse ich schmerzlich! Wo ist unsere gemeinsame Strategie für die Zukunft der Nutztierhaltung? Wo ist unsere Antwort auf die Herausforderungen der Globalisierung? Es gibt sie nicht. Schlimmer noch: Statt mit einer Stimme zu sprechen, diskutiert man lieber. So streiten Bauernverband und Raiffeisenverband aktuell öffentlich über die Frage, wie in Zukunft die Lieferbeziehung zwischen Milchbauern und Molkereien aussehen soll.

Das alles ist schade, denn die deutsche Landwirtschaft hat ein funktionierendes und schlagkräftiges Verbandswesen. Wenn wir es denn nutzen.

Was spricht eigentlich gegen einen Zukunftsrat Landwirtschaft? Dort könnten DLG, DBV, DRV und einige wichtige Spartenverbände gemeinsam über die großen Herausforderungen für die Zukunft nachdenken. Sie könnten Lösungsvorschläge skizzieren und dafür gemeinsam nach innen (im Berufsstand) und nach außen (in Politik und Gesellschaft) werben.

Der seit 1949 bestehende Zentralausschuss der deutschen Landwirtschaft, in dem neben den genannten Verbänden auch die Landwirtschaftskammern sitzen, wird dieser Aufgabe in keinster Weise gerecht. Kein Wunder, dass kaum ein Landwirt dieses Gremium kennt.

Einige Parteien und Verbände fordern von uns vehement eine Agrarwende, die wir bislang stets kategorisch ablehnen. Warum rufen wir nicht selbst eine Agrarwende nach unseren Vorstellungen aus? Nur wer handelt, kann auch selbst gestalten. Das würde uns zwar einiges abverlangen, wäre aber ein mutiges Signal an die kritischen Bürger. Ein solcher Schritt wird uns nur gelingen, wenn wir verbandspolitische Eitelkeiten und Eifersüchteleien überwinden. Aber er bietet viele Chancen. Wir sollten sie nutzen.

„Wir müssen verbandspolitische Eitelkeiten und Eifersüchteleien überwinden.“