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Wo hört „Bauer“ auf und beginnt „Agrarindustrie“?

Die effiziente Agroindustrie wird in Deutschland verachtet, während der einfache Bauer verehrt wird. Warum das so ist, hat der Agrarwissenschaftler Dr. Vinzent Börner in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ untersucht. Gisbert Strotdrees vom Wochenblatt Westfalen-Lippe fasst die Positionen zusammen.

Lesezeit: 3 Minuten

Die effiziente Agroindustrie wird in Deutschland verachtet, während der einfache Bauer verehrt wird. Warum das so ist, hat der Agrarwissenschaftler Dr. Vinzent Börner in der Wochenzeitung „DIE ZEIT“ untersucht. Gisbert Strotdrees vom Wochenblatt Westfalen-Lippe fasst die Positionen zusammen.

 

Aus dem Wochenblatt 24/2012:

Das Bild vom idyllischen, traditionsverbundenen Kleinbauern ist laut Börner weit verbreitet und wird in der Werbung gerne gepflegt. Es entspricht aber schon lange nicht mehr der Realität. „Wie viel Hektar darf ein Bauern beackern, bevor er Industrie wird?“, fragt Börner. „Und wie viel Schweine und Kühe darf er halten? Ist ein Großbauer stärker industrialisiert als ein kleiner Bauer, der das gleiche Pflanzenschutzmittel in gleicher Menge pro Hektar ausbringt?“

 

Kernaufgabe der Landwirtschaft ist es eben nicht, Wohlbefinden zu stiften, sondern Lebensmittel zu produzieren. Und das sei doch eine erstaunliche Leistung, so Börner, der an der australischen Agrar-Uni in Armidale arbeitet. „Schließlich wollen die 3500 kcal, die der Durchschnittsdeutsche täglich verspeist, irgendwie erzeugt sein. Mit 88 kg pro Kopf und Jahr entspricht das einem täglichen Schweinekotelett von etwa 250 g. Die deutsche Landwirtschaft schafft es tatsächlich, mit nur 17 Mio. ha Nutzfläche 80 Mio. Menschen so zu versorgen, dass sich diese überernähren können.

 

Das „klein gleich gut“ sei und „groß gleich schlecht“, dass Industrie und Chemie abzulehnen seien, bezeichnet Börner als einen weitverbreiteten Mythos. Es herrsche eine „gewaltige Kluft zwischen der gesellschaftlichen Idee eines einfachen Bauerntums und der landwirtschaftlichen Realität“. Diese Kluft verspüre der Konsument immer dann besonders schmerzlich, wenn es einen neuen Lebensmittelskandal gebe.

 

Dagegen klingt „bäuerliche Landwirtschaft“ attraktiv – und das nicht nur, weil sie mit Begriffen wie Bodenständigkeit, einem hohen Arbeitsethos und Tradition verknüpft ist. Eine überwiegend städtische Bevölkerung verbindet mit bäuerlicher Tätigkeit auch die Nähe zur Natur und Gesundheit, außerdem eine sinnerfüllte, vielseitige und ganzheitliche Tätigkeit.

 

Am folgenreichsten aber ist eine andere Einschätzung: Bäuerliche Landwirtschaft gilt als „von jedem versteh- und ausführbar“, so Börner. Damit werde sie zum ruhenden Gegenpol unserer technisierten und globalisierten Welt, die kaum noch jemand insgesamt durchschaut.

 

Genau dieses Trugbild aber wird gestört durch die modernen Produktionsweisen in der Landwirtschaft bzw. durch Liefer- und Vermarktungsketten. Diese „Bildstörung“ hält Börner für den ausschlaggebenden Grund, dass Industrialisierung und Verwissenschaftlichung der Landwirtschaft abgelehnt werden. Deshalb vor allem werde über Gentechnik oder Massentierhaltung so erbittert gestritten – und weniger, weil über sachliche Fragen von Sinn und Unsinn endlosen Wachstums, von Effizienzdruck, Naturverbrauch und technologische Risiken nachgedacht werde.

 

Der Konflikt um die industrielle Landwirtschaft sei also „weniger rational begründet“, sondern: er wird von der Gesellschaft, die von Entfremdung und Ohnmacht geprägt sei, geführt, „um sich einen Rest an Kontrolle über ihr eigenes Leben zu bewahren“, so Börner. Und die Bauern? Ihnen, so schließt der Beitrag, sei mit alledem nicht geholfen. „Im Gegenteil, ihnen wird gesellschaftlich ein Platz auf der technologischen und materiellen Entwicklungsskala zugedacht, den man nur als „ganz weit unten“ bezeichnen kann.“ (gs/ad)

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