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topplus Zukunft der Tierhaltung

Zähe politische Diskussion über die Borchert Vorschläge

Die politische Diskussion zur Zukunft der Nutztierhaltung verläuft zäh. Zwar ist niemand offen gegen die Vorschläge der Borchert Kommission. Schnelle Entscheidungen sind aber nicht in Sicht.

Lesezeit: 6 Minuten

Der Agrarausschuss des Bundestages hat sich am Mittwoch erstmalig mit den Empfehlungen der Borchert-Kommission für einen Umbau der Tierhaltung in Deutschland beschäftigt. Der ehemalige Landwirtschaftsminister und Vorsitzende der Kommission, Jochen Borchert, warb laut Teilnehmerangaben in der Sitzung nüchtern und sachlich für ein schnelles politisches Signal zu den Empfehlungen, die die Kommission unter seiner Leitung im Februar veröffentlicht hatte. Anwesend war auch Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner.

Koalition findet bisher keine Einigung auf gemeinsamen Fahrplan

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Die Reaktionen der Fraktionen deuten jedoch nicht auf eine schnelle politische Entscheidung hin. Einen Fahrplan oder Zeitplan, wie die Fraktionen mit den Vorschlägen weiter verfahren, gibt es nach Informationen von top agrar nicht. Die Koalitionsfraktionen Union und SPD geben allerdings beide vor, sich auf einen gemeinsamen Antrag einigen zu wollen, wie die Empfehlungen politisch umgesetzt werden können. Dabei unterscheiden sich die beiden Fraktionen jedoch darin, wie schnell das gehen soll.

CDU pocht auf Lösungen im Baurecht und beim Immissionsschutz

Die Union hebt in der Debatte vor allem den Grundsatz „Gründlichkeit vor Schnelligkeit“ hervor. „Wir brauchen einen ganzheitlichen Ansatz, der auch Innovationsbremsen im Bau- und Immissionsschutzrecht lösen muss", sagte der Agrarsprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag Albert Stegemann. Die Borchert Empfehlungen bedeuteten eine „historische Weichenstellung für die Tierhaltung in Deutschland, die nicht für politische Spielchen genutzt werden darf“, so Stegemann weiter. Dennoch attestiert Stegemann der Kommission, Empfehlungen vorgelegt zu haben, „die die gesellschaftliche Akzeptanz der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung nachhaltig und langfristig stärken können.“

Gerig ruft zu aktivem Voranschreiten auf

Offensiver äußert sich Stegemanns CDU-Fraktionskollege, der Agrarausschussvorsitzende Alois Gerig. „Wir müssen wirklich aktiv voran gehen, die Bauern brauchen endlich Planungssicherheit“, sagte Gerig gegenüber top agrar. Gerig spricht die Hoffnung aus, dass es bis zur Sommerpause in Anlehnung an die Borchert Empfehlungen noch eine politische Entscheidung zur Zukunft der Tierhaltung geben werde. „Es darf keinen Verschiebebahnhof mehr geben zu dem Thema“, sagte er. Wichtig sei dabei, dass die Tierproduktion in Deutschland gehalten bliebe. Dass die Coronakrise die Probleme mit globalen Lieferketten aufzeige, hält er dabei für eine gute Unterstützung.

SPD will nicht auf der Bremse stehen

Die SPD stellt sich laut dem Agrarsprecher der Fraktion, Rainer Spiering, hinter die Borchert Vorschläge und würde gern schneller mit der Umsetzung voranschreiten. „Die SPD würde den Borchert Vorschlägen folgen“, sagte Spiering gegenüber top agrar. „Es müsste ein Bekenntnis geben, dass wir die Form der Tierhaltung entsprechend der Borchert Kommission ändern“, so Spiering weiter. In den Details sieht Spiering noch Verhandlungsspielraum. Bei der Finanzierung der Umbaupläne plädiert Spiering dafür, auf die EU-Agrarzahlungen zurück zu greifen. Allerdings hält er auch innerhalb der SPD die Finanzierung des Umbaus der Tierhaltung über eine Abgabe für mehrheitsfähig. Lediglich die Finanzierung über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sei mit der SPD nicht zu machen, erklärte Spiering.

Grüne ziehen Umsetzungswillen der Union in Zweifel

Die Grünen glauben indes nicht an eine Einigung der Großen Koalition auf einen Fahrplan für den Umbau der Tierhaltung. „Die Zeit drängt und die Ergebnisse der Borchert-Kommission müssen schnell umgesetzt werden. Die Beharrungskräfte in der CDU/CSU sind leider immer noch so stark, dass sie jede zukunftsfähige Entwicklung verhindern“, sagte der Sprecher für Agrarpolitik der Bundestagsfraktion Bündnis90/Die Grünen, Friedrich Ostendorff. Aus seiner Sicht fehlt ein „echter politische Umsetzungswillen, die Ergebnisse der Kommission schnellstmöglich auf den Weg zu bringen“. Ostendorff deutet dies „als klares Signal gegen mehr Tierwohl in den Ställen“. Die Grüne Fraktion sei bereit für einen "notwendigen, radikalen Umbau der Tierhaltung" und begrüße die Vorschläge der Borchert Kommission. Diese müssten jetzt politisch angegangen werden. „Die Betriebe brauchen endlich wieder gesellschaftliche Akzeptanz“, so Ostendorff weiter.

Auch Ostendorffs Fraktionskollegin Renate Künast kritisierte den Weg der Koalition. „Es wird immer deutlicher, dass die Ministerin den dringend notwendigen Umbau der Tierhaltung verschleppt“, sagte Künast. Sie bezweifelte nach der Sitzung des Agrarausschusses, dass die Bundesregierung die Absicht habe, noch in dieser Wahlperiode zu Entscheidungen zur Tierhaltung zu kommen. „Bisher hat die Ministerin nicht einmal die angekündigte Machbarkeitsstudie in die Wege eingeleitet“, sagte Künast. Dabei machte Künast keinen Hehl daraus, dass ihr die Empfehlungen der Borchert Kommission sogar noch nicht weit genug gehen.

FDP spricht von Handlungsempfehlung für die Regierung

Auch in der FDP gibt es Sympathie für die Vorschläge der Borchert Kommission. "Die Tierhalter brauchen endlich Klarheit. Die Ergebnisse der Borchert-Kommission verstehe ich als dringende Handlungsempfehlungen an die Bundesregierung", sagte die stellvertretende Agrarausschussvorsitzende Carina Konrad von der FDP. Wer mehr Tierwohl wolle, müsse aber auch neue Ställe ermöglichen, wandte Konrad ein. "Dazu braucht es eine Entschlackung beim Baurecht, Planungssicherheit für die Abschreibungsdauer und ein klares Bekenntnis zur Nutztierhaltung in Deutschland", sagte sie.

Empfehlungen liegen seit Februar vor

Mitte Februar hatte die Borchert Kommission ihre Empfehlungen zum Umbau der Nutztierhaltung vorgestellt. Diese hatten 28 Entscheidungsträger und Fachleute aus Politik, Wissenschaft, Praxis, Wirtschaft sowie Verbänden unterschrieben. Erstmals hatte sich die Kommission auch zu einer konkreten Empfehlung zur Finanzierung des Umbaus der Nutztierhaltung geeinigt. Sie schlägt dafür die Einführung einer mengenbezogenen Abgabe auf tierische Produkte in Höhe von 40 Cent pro kg Fleisch vor. Zu den Empfehlungen gehörten weiter die Einführung eines freiwilligen nationalen Tierwohllabels ab 2020, das ab 2025 von einer verpflichtenden Tierwohlkennzeichnung auf EU-Ebene abgelöst werden soll. Ab 2030 soll der gesetzliche Mindeststandard für die Tierproduktion auf die Stufe 1 des Tierwohllabels angehoben werden. Bis zum Jahr 2040 soll dann der Mindeststandard auf dem Niveau der Stufe 2 ankommen.

Erstmals großer Unterstützerkreis von Landwirtschaft bis Umwelt

Unterstützt werden die Ergebnisse der Kommission unter anderem vom Deutschen Bauernverband (DBV), Deutschen Raiffeisenverband (DRV), der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), dem Verband der Fleischwirtschaft, dem Zentralverband der Deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG), vom Präsident des Thünen-Instituts, Prof. Folkhard Isermeyer, vom Vorsitzende vom Wissenschaftlichen Beirat für Agrarpolitik des Bundeslandwirtschaftsministeriums, Prof. Harald Grethe sowie vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

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