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Nach Agrargipfel

Zukunftskommission Landwirtschaft startet

Heute trifft sich zum ersten Mal die Zukunftskommission Landwirtschaft. Die Erwartungen von allen Seiten sind groß, die Wünsche weit gefächert. Ein konkretes Ziel gibt es allerdings nicht.

Lesezeit: 6 Minuten

Am heutigen Montag nimmt die “Zukunftskommission Landwirtschaft” offiziell ihre Arbeit auf. Es ist eine ziemlich breit besetzte Arbeitsgruppe: Vertreter der Bauern, des Handels, sowie Verbraucher-, Tier- und Umweltschützer versuchen, einen Kompromiss für alle Seiten zur Zukunft der Landwirtschaft zu finden.

Deren Empfehlungen sollen im Frühsommer 2021 vorliegen, also noch vor der Bundestagswahl. Anders als die Kohlekommission mit dem Kohleausstieg hat die Agrarkommission allerdings kein konkretes Ziel, dessen Bedingungen sie aushandeln muss, merken heute einige Kommentatoren in den Zeitungen an.

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Zwischenbericht schon für Herbst geplant

Die Einrichtung der Zukunftskommission Landwirtschaft ist ein wesentliches Ergebnis des sogenannten „Agrargipfels“ von Ende 2019 im Bundeskanzleramt. Zu diesem hatte Regierungschefin Dr. Angela Merkel, die auch bei der Auftaktsitzung der Zukunftskommission dabei sein will, als Reaktion auf die bundesweiten Bauernproteste im vergangenen Herbst die Vertreter von Verbänden und Organisationen aus der Land- und Agrarwirtschaft eingeladen.

Als inhaltliche Schwerpunkte der Zukunftskommission nennt die Bundesregierung die Themen „Agrarpolitik der Zukunft“ mit den Stichworten Gemeinsame Agrarpolitik und Agrarförderung, ferner „Ökonomische Tragfähigkeit der Landwirtschaft“, „Landwirtschaft und Umwelt“, „Landwirtschaft und Klimaschutz“ sowie „Zukunft der Tierhaltung“. Die Abschlusssitzung der Zukunftskommission ist für den 28. Juni 2021 geplant. Das Gremium soll aber schon in diesem Herbst einen Zwischenbericht vorlegen.

DBV will verlässliche Rahmenbedingungen festgeschrieben sehen

Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat jedenfalls schon seine Erwartungen formuliert: Zentrale Aufgabe des Gremiums sei es, Empfehlungen für gesetzliche und politische Rahmenbedingungen zu erarbeiten, mit denen eine nachhaltige, wirtschaftliche und zukunftsfähige Landwirtschaft am Standort Deutschland möglich bleibe.

Die Kommission sollte sich auch mit Zielkonflikten auseinandersetzen und Vorschläge für deren Auflösung erarbeiten. Außerdem erwartet der DBV tragfähige Kooperationsmodelle zwischen der Landwirtschaft und der Umweltpolitik.

Die Empfehlungen der Kommission müssten mit einer qualifizierten Folgenabschätzung unterlegt werden. Im jetzt anstehenden Arbeitsprozess hoffe man auf eine konstruktive Zusammenarbeit aller in der Kommission aktiven Gruppen, betonte der Bauernverband.

AbL für Agrarwende

Auch andere Organisationen und Verbände positionierten sich inhaltlich vor der konstituierenden Sitzung am Montag. So will sich die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) in der Zukunftskommission für die Erarbeitung eines Gesellschaftsvertrages einsetzen, der den Bauern eine klare Perspektive gibt.

„Für den anstehenden Umbau der Landwirtschaft hin zu mehr Natur-, Klima- und Tierschutz müssen in der Kommission klare Ziele, ein Zeitrahmen sowie eine ausreichende Finanzierung erarbeitet werden - analog zu den Ergebnissen der Borchert-Kommission“, erklärte die AbL-Bundesvorsitzende Elisabeth Fresen.

Ziel sollte sein, eine Einigung in zentralen Punkten zu erreichen, betonte das Kommissionsmitglied. So könnten Konflikte innerhalb der Landwirtschaft und zwischen Landwirtschaft und Zivilgesellschaft befriedet werden.

Bildung und Beratung als Schlüssel

Beim Verband der Landwirtschaftskammern (VLK) fordert man von der Zukunftskommission Kompromissfähigkeit ein, um am Ende erfolgreich zu sein. Eine nachhaltige, multifunktionale Landwirtschaft in einer Gunstregion wie Deutschland habe in erster Linie die Aufgabe, die Ernährung der Bevölkerung sicherzustellen, betonte VLK-Vizepräsidentin Ute Volquardsen, die als Vertreterin der Kammern in das Gremium berufen wurde.

Mit der Corona-Pandemie sei die Systemrelevanz der Agrarbranche allen deutlich vor Augen geführt worden. „Wissenstransfer, Bildung und Beratung sowie ein neutrales, funktionierendes Versuchswesen werden in der Landwirtschaft der Zukunft von entscheidender Bedeutung sein“, erklärte Volquardsen.

Die landwirtschaftlichen Betriebsleiter seien gut ausgebildet und würden sich auch in Zukunft regelmäßig weiterbilden und qualifizieren, um ihre Arbeit im Einklang mit Natur, im Umwelt-, Tier- und Ressourcenschutz zu gestalten. Die Landwirtschaft von morgen werde sich sowohl auf klassische als auch geänderte, individuelle Ernährungsstile einstellen und die regionale Erzeugung, Verarbeitung und Vermarktung bestmöglich fördern.

Es geht um das Wie

Deutliche Fortschritte beim Tierschutz erhofft sich derweil der Deutsche Tierschutzbund. Aus Sicht von Präsident Thomas Schröder muss es in der Zukunftskommission darum gehen, wie der Umbau der Agrarwirtschaft hin zu mehr Tierschutz gestaltet werden kann. Die Frage, ob überhaupt etwas geändert werde müsse, dürfe nicht zur Diskussion stehen.

Die Zukunftskommission, der Schröder angehört, steht ihm zufolge vor einer „gewaltigen Aufgabe“. Über Jahrzehnte sei ein System gewachsen, das keine Zukunft mehr habe und nicht mehr haben dürfe. „Alle Beteiligten brauchen Planungssicherheit, die nicht Status quo heißen darf, sondern Veränderung“, so der Tierschutzbundpräsident.

Auch die Tierschutzorganisation Vier Pfoten meldete sich zu Wort. Für die Leiterin der Hauptstadtrepräsentanz, Femke Hustert, zeigt allein die Zusammensetzung der Zukunftskommission, welch geringen Stellenwert der Tierschutz für die Bundesregierung hat. Einem Dutzend Vertreter der Agrar- und Fleischwirtschaft stehe genau ein Vertreter einer Tierschutzorganisation gegenüber, beklagte Hustert. Umso wichtiger sei es, dass die Zielvorstellungen der Zukunftskommission von Anfang an klar festgelegt würden. Gebraucht werde eine grundlegende Agrar- und Tierschutzwende in Deutschland.

Monopole bei den Marktpartnern aufbrechen

Die Freien Bauern legten ebenfalls Thesen zur Zukunft der Landwirtschaft vor. Der bäuerliche Familienbetrieb sei die leistungsfähigste Agrarstruktur, heißt es in einem Papier der Interessenorganisation. Deshalb bedürfe es zunächst vor allem einer umfassenden Deregulierung zugunsten der Bauern.

Agrarpolitik müsse monopolartige Strukturen bei den Marktpartnern der Landwirtschaft aufbrechen und Einfuhren aus Ländern mit niedrigeren sozialen und ökologischen Standards unterbinden, fordern die Freien Bauern. Und Naturschutz dürfe künftig nicht mehr als Flächenstilllegung stattfinden, sondern als enger Biotopverbund in einer intensiv genutzten Agrarlandschaft. Obwohl die Freien Bauern selbst kein Kommissionsmitglied stellen, wollen sie sich eigenen Angaben zufolge konstruktiv in die Debatte einbringen.

Linke: Lebensmittelkette in den Blick nehmen

Eine umfassende Betrachtung der Agrar- und Ernährungswirtschaft erhofft sich Linken-Agrarsprecherin Kirsten Tackmann. „Ich kann nur dringend dazu raten, nicht allein über den Bereich der landwirtschaftlichen Urproduktion zu reden“, sagt die Parlamentarierin.Stattdessen müsse die Kommission die gesamte Lieferkette in den Blick nehmen.

Für Tackmann ist das Modell der Billigproduktion und der Preisführerschaft auf internationalen Märkten gescheitert. Nötig seien daher klare Signale, dass die gesamte Agrarbranche neu aufgestellt werden müsse.

Die Linken-Politikerin kritisiert erneut eine ungleiche Verteilung der Marktmacht zu Lasten der Erzeugerstufe. Die Landwirtschaft sei derzeit „nicht auf Augenhöhe“: „So lange wir da nicht herangehen, wird sich an der Gesamtsituation nichts ändern“, warnt Tackmann. Sie spricht sich dafür aus, als eine Konsequenz aus der Corona-Pandemie Fragen der regionalen Versorgungssicherheit und Versorgungssouveränität einen größeren Stellenwert einzuräumen.

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