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Ausnahmezustand am Düngermarkt

Lesezeit: 5 Minuten

Seit Mitte September gehen die Düngerpreise durch die Decke. Das Angebot reicht dennoch nicht. Wie sollen Landwirte nun reagieren?


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Landwirte trauen derzeit ihren Augen und Ohren kaum, wenn sie Dünger für die nächste Saison vorkaufen wollen. Seit Mitte September 2021 sind die Preise regelrecht explodiert. Die Kurse für Kalkammonsalpeter (KAS) sind innerhalb von nur drei Wochen bis Mitte Oktober 2021 um 160 €/t auf über 473 €/t (netto, ab Station) gestiegen. Zur Erinnerung: Anfang Juli 2021 wurden noch 275 €/t aufgerufen.


Auch AHL ist im Großhandel nicht unter 475 €/t zu kaufen. Und die Kurse für granulierten Harnstoff (mit Urease) sind ab Landhandel und Genossenschaften für die Abnahme Oktober bis Januar 2022 auf 670 €/t gestiegen. Für Neukontrakte werden bereits Kurse von 750 €/t verlangt (siehe Übersicht). ​Es herrscht ein Ausnahmezustand am Düngermarkt und aktuelle Angebote des Handels gelten oft nur für Stunden.


Besonders bitter ist, dass die Preiserhöhung für Landwirte völlig unerwartet kam, sodass sich nur wenige für die neue Saison eindecken konnten.


Erdgas ist knapp


Hauptgrund für die steigenden Düngerpreise sind die sprunghaft gestiegenen Energiekosten. So lag der Kurs für Erdgas vor einem Jahr noch bei zwei US-Dollar pro mmBTu (Million British Thermal Units, ca. 26,4 Kubikmeter Gas). Inzwischen ist er auf 26 US-Dollar pro mmBTu gestiegen. Der weltweite Konjunkturaufschwung sorgt für die Kursrallye beim Gas. Insbesondere China braucht nun deutlich mehr Energie und kauft zu jedem Preis. Das führt dazu, dass US-Gastanker nun eher nach Asien als nach Europa fahren. Die EU ihrerseits hat es versäumt, die eigenen Vorräte nach dem letzten Winter wieder aufzufüllen und kann den Engpass nun kaum abpuffern.


Für Ammoniak- bzw. Stickstoffhersteller geht die Rechnung nach eigener Aussage bei diesen Gaspreisen nicht mehr auf, sodass sie die Produktion reduzieren. Die Anbieter haben sich entweder komplett vom Markt zurückgezogen oder prüfen, mit welchen Preisen sie neue Ware verkaufen können.


Prominentes Beispiel für die Verwerfungen am Markt ist der norwegische Düngemittelhersteller Yara, der seine Ammoniakproduktion in Europa um 40% gedrosselt hat. Auch der Chemiekonzern BASF hat angekündigt, seine Ammoniakproduktion in Ludwigshafen und im belgischen Antwerpen zu reduzieren. In anderen europäischen Ländern werden ebenfalls Produktionsanlagen von Stickstoffdünger gedrosselt oder sogar ganz abgestellt.


In Großbritannien erwägt das Wirtschaftsministerium sogar eine staatliche Wirtschaftsförderung für die eigene Stickstoffproduktion. Ausschlaggebend ist hier allerdings in erster Linie der Bedarf an Kohlendioxid (CO2), das als Nebenprodukt der Düngemittelproduktion in der Lebensmittelindustrie gebraucht wird.


Es ist zu befürchten, dass der Ausnahmezustand einige Monate anhält. Die Düngerindustrie geht jedenfalls davon aus, dass die internationale Gasnachfrage hoch bleibt, und die Preise wegen des bevorstehenden Winters auf der Nordhalbkugel sogar noch steigen könnten. Die Gasfutures liegen bis in den Februar 2022 hinein oberhalb von 25 US-Dollar/mmBTu.


Die US-Amerikaner diskutieren sogar darüber, Gasexporte zu drosseln, um die Heizkosten im eigenen Land unter Kontrolle zu halten. Durch solche Meldungen könnte sich die Krise in der europäischen Düngemittelproduktion sogar weiter zuspitzen.


Reicht der Dünger?


Den Agrarhandel trifft der Düngermangel auf dem falschen Fuß. Die Vorräte sind knapp, und es stehen nur noch überschaubare Mengen zur Disposition. Zudem ist kaum ein Landwirt bereit, die hohen Aufschläge für KAS und Harnstoff zu bezahlen. Aktuelle Notierungen sind daher oft nur Preismeinungen, die sich von den Großhandelskursen ableiten. Viele Handelsfirmen haben sich aus dem Geschäft sogar ganz zurückgezogen.


Glücklich schätzen können sich Landwirte, die schon größere Mengen an Stickstoffdüngemitteln für das Frühjahr 2022 eingekauft haben. Doch kaum jemand hat sich zu 100% eingedeckt. In Deutschland gehen Händler derzeit von einer maximalen Bevorratung beim KAS in der Landwirtschaft und beim Handel von nur 30 bis 40% aus. Die Sorge ist daher groß, dass durch den Produktionsstopp vieler Hersteller, im nächsten Frühjahr nicht ausreichend Ware zur Verfügung steht.


Was sollen Landwirte tun?


So schlimm muss es nicht kommen. Sehr wahrscheinlich ist aber, dass Landwirte beim N-Dünger tief in die Tasche greifen müssen. Denn Erdgas dürfte weltweit knapp und teuer bleiben. Die Gasversorgung in Deutschland ist für den Winter 2021/22 zwar gewährleistet. Aber an den hohen Weltmarktpreisen führt wohl kein Weg vorbei.


Sicher ist: In der Landwirtschaft bewegen sich die Produktionskosten durch die stark angestiegenen Düngemittelpreise nun auf Rekordniveau. Deutlich reduzierte Stickstoffpreise sind vorerst leider nicht zu erwarten. Als Landwirt sollten Sie jetzt erst einmal diese überhitzte Marktsituation abwarten und bei einer Beruhigung die vorderen Bedarfslücken schließen. Wer Glück hat, findet vielleicht bei seinem Landhändler auch noch Restbestände aus „günstigeren“ Zeiten. Ist das der Fall, sollten Sie zuschlagen.


andreas.beckhove@topagrar.com


andreas.beckhove@topagrar.com


andreas.beckhove@topagrar.com


Aktuelle Preise für Düngemittel finden Sie wöchentlich unter www.topagrar.com und www.agrarfax.de.

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