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Bleiben Eier und Geflügel attraktiv?

Lesezeit: 7 Minuten

Bislang galten Eier und Geflügel in Deutschland als Betriebszweige mit Potenzial, doch jetzt wirbelt die Coronakrise die Märkte durcheinander. Was kommt danach?


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Die Betriebszweige Geflügel und Eier sind keine Selbstläufer, aber normalerweise erwirtschaften die Produzenten auskömmliche Betriebsergebnisse. Daran ändern auch die üblichen saisonalen Absatz- und Preisschwankungen nichts. Seit Ausbruch der Coronakrise stocken einige Vertriebswege jedoch. Das gilt besonders für den Außer-Haus-Verzehr in Kantinen, Restaurants usw., und der Export über Ländergrenzen hinweg läuft ebenfalls nicht immer reibungslos. Das verunsichert viele Geflügelhalter, dabei sind die Perspektiven zumindest auf den ersten Blick durchaus positiv.


Zugegeben: Im Jahr 2019 hat sich der Verzehr von Fleisch vorläufigen Statistiken zufolge in Deutschland erheblich verringert. Insgesamt kamen noch rund 59,5 kg je Bürger auf den Teller. Das waren rund 0,6 kg weniger als im Vorjahr. Zurückzuführen ist der Rückgang aber auf den geringeren Appetit auf Schweinefleisch. Geflügelfleisch lag dagegen unverändert bei 13,8 kg/Kopf, und Rindfleisch erzielte sogar ein marginales Plus um 100 g auf 10 kg. Damit setzte sich der Trend der Vorjahre fort, und 2020 werden ähnliche Entwicklungen erwartet: Geflügelfleisch ist stetig gefragt, bleibt also in puncto Absatz eine „sichere Bank“. Hähnchenfleisch führt dabei die Beliebtheitsskala an.


Inklusive der Althennen kommen Hähnchen (in der offiziellen Statistik unter der Bezeichnung „Masthühner“ zu finden) in Deutschland zwar auf einen Selbstversorgungsgrad (SVG) von fast 105% (s. Übersicht auf Seite 118). Geflügelfleisch liegt insgesamt aber nur bei rund 95%. Die Inlandsproduktion deckt also unseren Bedarf nicht. Überdies wird ein erheblicher Teil der bei uns gemästeten Tiere im EU-Ausland geschlachtet. Bei den hiesigen Verbrauchern weniger beliebte Teilstücke wie Flügel, Schenkel oder Füße werden überdies exportiert und Brustfleisch im Gegenzug importiert. Unterm Strich ist Deutschland also Importeur.


Bei einzelnen Geflügelarten ist unser Zufuhrbedarf prozentual noch ausgeprägter. Deutschlands SVG liegt bei Puten (in der Statistik unter Truthühner zu finden) knapp unter 80%, bei Enten beträgt er etwa 55% und bei Gänsen noch nicht einmal 16%. Von Angebotsüberschüssen kann also keine Rede sein. Bleibt das so?


Was kommt nach Corona?


Anfang 2020 hatte das amerikanische Agrarministerium (USDA) für das laufende Jahr noch einen kräftigen Anstieg der weltweiten Hühnerfleisch-Produktion um rund 4% auf fast 103 Mio. t vorhergesagt. Jetzt wirbeln die aktuellen Ereignisse, vor allem Corona, den internationalen Geflügelmarkt gehörig durch. Aus diesem Grund hat das USDA seine Vorhersage kürzlich nach unten korrigiert, und rechnet jetzt nur noch mit 100,5 Mio. t, also +1,4% gegenüber dem Vorjahr.


Auch nach Analysen der Rabobank werden die Corona-Pandemie und die Afrikanische Schweinepest die Märkte stark beeinflussen. Letztere führt dazu, dass Schweinefleisch vor allem in China Mangelware ist und durch anderes Fleisch ersetzt werden muss. Beispielsweise durch Geflügelfleisch, dass unter den üblichen tierischen Proteinträgern preislich sehr wettbewerbsfähig und zudem religions- und kulturunabhängig einsetzbar ist.


Die Verschiebung der Fleischnachfrage vom Außer-Haus-Verzehr in den privaten Bereich wird bis auf Weiteres Bestand haben. Dabei werden haltbare Geflügelfleischerzeugnisse eine besondere Rolle einnehmen. Hier könnte sich zusätzliches Absatzpotenzial ergeben. Voraussetzung dafür, dieses zu nutzen, ist allerdings, dass es keine weiteren Corona-bedingten Engpässe bei den Arbeitskräften und in der Logistik gibt.


Die Geflügelhalter sollten sich zudem auf etwas höhere Produktionskosten einstellen als bisher. Denn Produkte für die Tiergesundheit sowie Futterzusatzstoffe wie Vitamine und Aminosäuren, die unter anderem in China hergestellt werden, könnten sich wegen Lieferengpässen verteuern.


Die weltweite Situation


Grundsätzlich wird in der EU eine vergleichsweise positive Entwicklung des Geflügelmarktes während der kommenden Monate erwartet. Die Volatilität der Preise wird durch die Corona-Pandemie jedoch zunehmen.


Derzeit erholt sich Europas Geflügelwirtschaft von regionalen Ausbrüchen der Aviären Influenza, vornehmlich in Osteuropa. Den stark exportorientierten Produzenten Polen und Ukraine macht dabei besonders zu schaffen, dass sie zumindest teilweise für den Drittlandexport gesperrt wurden und jetzt versuchen müssen, andere Absatzmöglichkeiten zu erschließen.


Durch den Brexit, der nach wie vor am Jahresende vollzogen werden soll, wird der Handel am EU‑Binnenmarkt zusätzlich herausgefordert. Drittländer wie Brasilien oder Thailand könnten die Chance ergreifen, stärker mit Großbritannien ins Geschäft zu kommen. Das würde den Wettbewerb am Markt in der EU verschärfen. Allerdings haben Analysten die Exportprognosen für das Jahr 2020 kürzlich etwas gesenkt:


  • Mit rund 25% des globalen Geflügelfleischexports bleibt Brasilien Spitzenreiter. Einer der Hauptempfänger ist China. Wegen des Coronavirus und dem Handelsabkommen zwischen den USA und China haben die Brasilianer ihre Erwartung für das Jahr 2020 jedoch herabgesetzt. Die Farmer kämpfen zudem mit gestiegenen Futterkosten. Das heißt aber nicht, dass die Geflügelfleischproduktion sinkt. Eine rege Inlandsnachfrage stützt die Erzeugerpreise auf attraktivem Niveau.
  • Mit über 13% am weltweiten Export liegen die USA unangefochten auf dem Platz 2 der globalen Exporteure. Die Betriebe haben ihre Produktion bis zuletzt stark ausgebaut. Im Vorjahresvergleich war die Erzeugung im Februar 2020 um annähernd 8% gestiegen. Dadurch ist das Marktgleichgewicht jedoch aus den Fugen geraten. Die Preise gaben nach, und der Anstieg der Geflügelfleisch-Produktion flacht jetzt ab. Die Rabobank hat ihre Prognose für das zweite Halbjahr auf +3% gesenkt. Voraussetzung für dieses Ergebnis ist allerdings, dass die Exporte zügig steigen und die Auswirkungen der Coronakrise auf die Weltwirtschaft überschaubar bleiben.


Chinaexport boomt


Viele Exporteure wittern momentan vor allem in China Morgenluft. Die Geflügelfleisch-Importe stiegen dort im Jahr 2019 infolge der immensen Versorgungslücke bei tierischem Protein um rund 54% auf über 795000 t. Damit hat das Reich der Mitte mehr importiert als Deutschland (ca. 687000 t). Im laufenden Jahr 2020 wird eine weitere Steigerung um rund 20% erwartet.


Die traditionellen Geflügelfleisch-Lieferanten Chinas bekommen es im weiteren Verlauf aber eventuell mit schlagkräftiger Konkurrenz zu tun, nämlich mit Russland. Dort mangelt es zurzeit etwas an Zuchttieren. Trotzdem wollen die Russen auch bei Geflügel „Chinas Bauernhof“ werden. Kürzlich wurden elf weitere russische Unternehmen für den Export nach China zugelassen. Das ist aus Sicht der anderen Anbieter kein Problem, solange die weltweite Erzeugung stagniert bzw. nur leicht steigt. Es wäre aber völlig falsch, nur auf China als Absatzmarkt für eventuelle Überschüsse zu setzen.


Veränderte Trends beim Ei


Angesichts der momentanen Schwierigkeiten, traditionelle Absatzschienen zu pflegen bzw. sogar auszuweiten, machen sich nicht nur Geflügelmäster Gedanken über ihre Zukunft, sondern auch etliche Legehennenhalter.


Der Selbstversorgungsgrad bei Eiern betrug in Deutschland im vergangenen Jahr nur 73% bei einem Pro-Kopf-Verbrauch von 236 Stück. Die Eiererzeugung scheint also ein Betriebszweig mit Zukunft zu sein. Allerdings verändert sich die Branche. Der Trend zu Freiland- und Biohaltung setzt sich fort:


  • Die Zahl der Betriebe (mit über 3000 Hennen) mit Freilandhaltung stieg laut Zahlen des Statistischen Bundesamtes in Deutschland im Jahr 2019 um rund 11% auf 640 und die Biohaltungen um 6% auf 492 Betriebe.
  • Die Kleingruppenhaltung war mit fast -13% auf 89 Betriebe stark rückläufig und die Zahl der Bodenhaltungsbetriebe mit 1077 konstant.
  • Wegen der Verschärfungen im Baurecht sowie oft fehlender Planungssicherheit wurden im vergangenen Jahr wieder deutlich mehr Mobilställe in Betrieb genommen. Die Marktinfo Eier & Geflügel (MEG) schätzt, dass bei uns schon 1,5 Mio. Hennenplätze in mobiler Form existieren. Das entspricht 3% der gesamten Eierproduktion.


Durch den Ausbruch der Aviären Influenza in mehreren Geflügelbetrieben und die Coronakrise verändert sich der Eiermarkt. Insbesondere die Verschiebung des Konsums in den privaten Bereich durch den Wegfall des Außer-Haus-Verzehrs infolge der Kontaktsperren fordert den Markt.


Durch die vielseitige Verwendbarkeit sind und bleiben Eier allerdings beim Verbraucher beliebt. Daher erwartet die EU-Kommission bis 2030 einen Anstieg des Pro-Kopf-Verbrauchs in der Gemeinschaft um 7,5% auf 14,3 kg. Die Konsumeier-Produktion soll um rund 8,6% auf 7,67 Mio. t steigen.


Auch der Weltmarkt bietet gute Absatzmöglichkeiten. So hat die EU den Drittlandexport im Jahr 2019 um 11% auf über 341000 t Eier und Eiprodukte ausgebaut und die Importe um 17% auf knapp 24000 t verringert. Mit ca. 23% war Japan der Hauptabnehmer, und die Ukraine war mit fast 52% der Hauptlieferant der EU.


So gut der Export auch läuft, aus Sicht der meisten deutschen Erzeuger dürfte je nach betrieblicher Situation die Legehennenhaltung mit Tierschutzlabel eine lohnende Perspektive darstellen. Denn der Markt für Bio-Eier stößt in den Sommermonaten häufig an Grenzen. Durch die Restriktionen wegen der Coronakrise ist allerdings davon auszugehen, dass sich der Verzehr in diesem Sommer nicht urlaubsbedingt ins Ausland verlagert.


joerg.mennerich@topagrar.com

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