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Der Bruderhahn darf leben

Lesezeit: 5 Minuten

Männliche Küken werden in der Legehennenzucht normalerweise nicht sehr alt. Mit einem ausgefeilten Konzept kann sich aber auch die Mast der Bruderhähne lohnen. Das zeigt der Demeter-Bauckhof in Klein Süstedt.


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Dass in der Legehennenzucht männliche Küken schlechte Karten haben, liegt auf der Hand – Hähne legen keine Eier. Die meisten Legehybriden sind außerdem so einseitig auf die Eiproduktion gezüchtet, dass sich die männlichen Tiere überhaupt nicht zur Mast eignen. Mangels Alternativen werden daher bundesweit jährlich mehrere Millionen männliche Küken kurz nach dem Schlupf getötet.


„Aber die Tiere zu töten ist keine Lösung und verstößt unserer Meinung nach auch gegen den Tierschutz“, erklärt Carsten Bauck, Geschäftsführer des Bauckhofes in Klein Süstedt (Uelzen) und einer der Initiatoren der 2012 gegründeten Bruderhahn-Initiative Deutschland. Zudem, so Bauck, merkten viele Verbraucher inzwischen, dass hinter jeder Legehenne auch ein getöteter Bruder stehe. Der Demeter-Landwirt, der auf dem Betrieb mehrere Tausend Legehennen und Mastgeflügel in Freilandhaltung hält, mästet seit gut einem Jahr die Hahnenküken seiner Legehennen. Statt spezieller Masthähnchen stallen Bauck und inzwischen elf andere Betriebe bundesweit die männ­lichen Küken aus den Legehennen-Brütereien auf. Der Clou: Für die Verbraucher sind die Hähnchen im Laden nicht teurer als andere Biohähnchen.


Verbrauchern kaum erklärbar:

Teures Hobby oder Idee eines Weltverbesserers? Die Bruderhahnhaltung scheint beides zu sein. Bauck bestätigt: „Die Tiere sind im Vergleich zu den Mastrassen total ineffizient. Zudem überbringen wir ja noch die schlechte Nachricht, dass der Eierverzehr einen Makel hat und schädigen quasi unser anderes Standbein.“


Tatsächlich rechnet sich die Mast der männlichen Legehybriden für sich gesehen nicht: Die Tiere brauchen fast ein halbes Jahr, um das Schlachtgewicht von 2,5 kg zu erreichen, die Futterverwertung liegt bei sagenhaft schlechten 1 zu 5,5.


Und auf dem Teller entspricht das Hähnchen auch nicht unbedingt den Erwartungen vieler Verbraucher: Die Bruderhahnbrust kommt maximal auf 150 g, während reine Masttiere 350 g erreichen. Dazu ist das Fleisch deutlich bissfester und faseriger.


4 Cent/Ei für den Bruderhahn:

Vor allem die schlechte Futterverwertung verteuert den Bruderhahn, außerdem ist das Biofutter auch noch deutlich teurer und weniger energiehaltig als konventionelle Ware.


Insgesamt liegen die Produktionskosten rund 10 €/Tier über denen für ein normales Bio-Hähnchen. Trotzdem hat Bauck Mitte Januar den nächsten Durchgang mit 2 500 männlichen Küken nicht nur aus moralischen Gründen eingestallt. Die Bruderhahnmast lohnt sich dank einer Quersubvention durch die „Schwestern“. Deren Eier kosten 4 Cent pro Stück mehr als normale Bioware. Bei 250 vermarktungsfähigen Eiern pro Henne ergibt das den notwendigen Mehrerlös von 10 € für einen Hahn. „Damit können wir die Bruderhähne im Laden zum selben Preis anbieten wie die Biohähnchen“, erklärt Bauck.


25 bis 30 € kostet so ein Bio-Hähnchen übrigens. Wert legt Carsten Bauck darauf, dass seine Bruderhähne nicht nur für zahlungskräftige Kunden gedacht sind: „Natürlich wären sie für den täglichen Fleischgenuss zu teuer, und können z. B. nicht mit Chicken Nuggets konkurrieren. Aber wenn man den Fleischverzehr verringert und z. B. zum Sonntagsbraten als etwas Besonderem zurückkehrt, ist ein Bruderhahn seinen Preis wert“, erklärt er.


Frischgeflügel und Babykost:

Die Nachfrage nach den Bruderhähnen gibt dem engagierten Biobauern Recht: Obwohl im vergangenen Jahr rund 35 000 Tiere gemästet wurden, reichte das Angebot hinten und vorne nicht. Das liegt auch an der breit aufgestellten Vermarktung der Tiere. Zu den Gründern der Bruderhahn-Initiative gehören neben Geflügelhalter Bauck auch die mittelständischen Bio-Großhändler Naturkost Elkershausen, Naturkost Erfurt und Naturkost Nord. Diese bieten die Tiere in ihren Fleischtheken an.


Darüber hinaus ist inzwischen auch die Gastronomie auf die Bruderhähne aufmerksam geworden. Feinschmecker-Restaurants schätzen vor allem die Fleischqualität und das besondere Aroma der Hähne. „Die Bruderhähne halten problemlos mit französischen Hähnchen aus dem Delikatessen-Laden mit. Coq au vin vom Bruderhahn ist ein echter Geheimtipp“, erklärt Bauck.


Ein weiterer Coup ist der Initiative Anfang 2014 gelungen: Der Bio-Babykost-Hersteller „Holle“ will künftig nur noch Bruderhahn-Geflügel für seine Produkte verwenden. Auf dem hart umkämpften Markt kann Holle dann mit einem weiteren Argument punkten: „Wir garantieren absolute Antibiotika-Freiheit. Auch Bio-Tiere dürfen in Notfällen behandelt werden. Trotz Wartezeiten und Kontrollen werden sie dann aber auf keinen Fall mehr an Holle vermarktet“, erklärt Landwirt Bauck.


Zweinutzungshuhn als Ziel:

Dass nicht alle männlichen Küken zum Bruderhahn werden können, ist auch Bauck und seinen Kollegen klar. Gemessen an der konventionellen Geflügelerzeugung erreichen sie mit ihren Bruderhähnen nur einen minimalen Marktanteil. „Wir wollen und können keine größeren Mengen Hähnchenfleisch in Deutschland ersetzen“, erklärt er. Das sei aber auch gar nicht Ziel der Bruderhahn-Initiative. Hauptanliegen sei auf das Problem aufmerksam zu machen. Langfristig wolle man die großen Zuchtunternehmen dazu bringen intensiver an der Zucht geeigneter Zweinutzungshühner zu arbeiten. Unter www.bruderhahn.de finden Sie weitere Infos im Internet. Christian Brüggemann

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