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„Die deutsche Preisfindung ist nicht sinnvoll“

Lesezeit: 8 Minuten

Danish Crown spielt gerne den Bauernschreck. Wenn der Vereinigungspreis den Dänen nicht passt, gibt es für die Schweine nur noch Hauspreise. Welche Ziele verfolgt der Großschlachter am deutschen Markt. top agrar sprach mit Geschäftsführer Steen Sönnichsen.


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Im Jahr 2010 haben Sie die Schlachthöfe von D&S in Essen (Oldenburg) und Cappeln übernommen. War der Deal richtig?


Sönnichsen: Ja. Wir wollten stärker auf den deutschen Markt. Hier gibt es wettbewerbsfähige Strukturen und einen großen Absatzmarkt. Das haben wir erreicht. Die Integration des deutschen Betriebs in den Gesamtkonzern haben wir uns aber leichter vorgestellt.


Wo lagen die Probleme?


Sönnichsen: Wir wussten, dass wir investieren müssen – viel sogar. Aber der Aufbau der Organisation nach unseren Ansprüchen hat viel länger gedauert als gedacht. Wir mussten die Geschäftskultur der Firma erst kennenlernen und verstehen. Maschinen können Sie kaufen und aufstellen. Die richtigen Menschen müssen Sie finden und anlernen.


Gilt das auch für die Bauern?


Sönnichsen: Natürlich. Die deutschen Landwirte ticken anders als ihre dänischen Kollegen. Wir haben viel Lehrgeld bezahlt. Aber jetzt läuft es.


Trotzdem haben Sie seit der Übernahme rund 1 Mio. Schweine pro Jahr verloren.


Sönnichsen: Wir haben damals zwei Standorte übernommen. Den Betrieb in Essen/Oldenburg und einen kleineren in Cappeln mit einer Kapazität von 630000 Schweinen pro Jahr. Da dieser Betrieb keine Zukunft hatte, haben wir ihn schnell geschlossen. Daneben haben wir Essen modernisiert. In dieser Phase können Sie kein Vollgas fahren. Jetzt sind wir in der Spur und werden unseren Marktanteil ausbauen. Ich rechne damit, dass wir 2016 auf etwa 2,9 Mio. Tiere kommen. 300000 mehr als im vergangenen Jahr (siehe Übersicht 1).


Gilt das auch für Ihren Rinderschlachthof in Husum?


Sönnichsen: Nein, der ist stabil aufgestellt. Im Wirtschaftsjahr 2015/16 haben wir dort rund 91000 Schlachtrinder und 23000 Lämmer geschlachtet. Zuletzt haben wir dort in die Zerlegung investiert.


Gibt es weitere Wachstumspläne in Deutschland?


Sönnichsen: Zurzeit nicht, es sei denn, es ergibt sich eine attraktive Gelegenheit. Wir sind immer bereit.


Wie wäre es denn mit dem insolventen Schlachtunternehmen Vogler Fleisch?


Sönnichsen: Das ist kein Thema!


Wie läuft es denn bei „WestCrown“? Wollen Sie die Zusammenarbeit mit Westfleisch noch ausdehnen?


Sönnichsen: Es läuft sehr gut. Die Kooperation bleibt aber auf jeden Fall auf Sauen beschränkt. Nur in diesem Bereich hatten wir bisher keine eigenen Zerlegemöglichkeiten, sodass andere mit unseren dänischen Sauen Wertschöpfung betrieben haben.


Schreiben Sie in Deutschland eigentlich schwarze Zahlen?


Sönnichsen: Es ist kein Geheimnis, dass sowohl 2015 als auch 2016 für Schweineschlachter schwierig waren und sind. Vor allem die vergangenen drei Monate haben uns und anderen zugesetzt.


Wo liegt das Problem?


Sönnichsen: 2015 haben wir günstig eingekauft, wussten oft gar nicht wohin mit der Ware. 2016 ist es umgekehrt: Der Verkauf ist kein Problem, aber die Einkaufspreise sind zu hoch.


Ist Danish Crown deshalb der „Hauspreiskönig“?


Sönnichsen: Diese Krone haben wir im letzten Jahr abgegeben.


Aber Sie scheinen etwas gegen den VEZG-Preis zu haben?


Sönnichsen: Ich halte die Preisfindung nicht für sinnvoll. Es ist zumindest ungewöhnlich, dass ein Lieferant die Preise selbst bestimmt. Stellen Sie sich mal vor, wir würden versuchen, dem deutschen Lebensmitteleinzelhandel die Preise vorzugeben.


Welche Folgen hat das?


Sönnichsen: Wenn der Markt voll ist, werden die Preise oft zu weit nach unten gedrückt. Dann versuchen die Schlachter, Verluste aus Phasen, in denen die Erzeugerpreise stark nach oben getrieben wurden, auszugleichen. Lieferanten und Käufer müssten an einem Tisch sitzen. Ob das kartellrechtlich geht, kann ich nicht beurteilen. Aber es wäre für Bauern und Schlachter besser.


Wie läuft das in Dänemark?


Sönnichsen: Dort legt Danish Crown den Preis für Schlachtschweine fest.


Das ist doch auch einseitig, oder?


Sönnichsen: Nur auf den ersten Blick. Danish Crown ist eine Genossenschaft, sodass unsere Mitglieder am Jahresende über die Warenrückvergütung an den Erträgen beteiligt werden. In den vergangenen zwei bis drei Jahren konnte der dänische Preis gut mit dem deutschen mithalten.


Am Schweinemarkt werden derzeit hohe Zuschläge gezahlt. Auch von Ihnen?


Sönnichsen: Wir sehen keine grundlegende Veränderung in den Konditionen. Im Sommer versuchen unsere Lieferanten immer mehr auszuhandeln. Im Winter sind sie „pflegeleichter“.


Zahlen sie mehr für Tiere mit deutscher Geburt?


Sönnichsen: Nein. China zahlt aktuell zwar mehr für 4xD-Schweine. Aber das ist nur eine Momentaufnahme. Wir wollen unsere Lieferanten mit 3xD nicht benachteiligen.


Wie groß war der „China-Effekt“ am Preishoch diesen Sommer?


Sönnichsen: Sehr groß! Bisher kannten wir die Chinesen nur als Nachfrager für Nebenprodukte wie Öhrchen, Pfötchen, Rippchen usw. Seit dem Frühjahr haben sie aber auch enorme Mengen an Edelteilen nachgefragt.


Wie stabil ist dieser Trend?


Sönnichsen: Die Chinesen bremsen seit Anfang August, weil ihnen unsere Schweinepreise einfach zu hoch sind. Bis zu einem Preis von 1,60 € pro kg SG ist China immer noch mitgegangen.


Warum machen Sie die FOM-Klassifizierung weiterhin über die Nadel?


Sönnichsen: Wir waren 2011 schon bei der AutoFOM-Klassifizierung und merkten schnell, dass in Deutschland Preispolitik über Masken gemacht wird. Da mussten wir reagieren und haben wie unsere Wettbewerber wieder mit der Nadel klassifiziert. Nun sehen wir, dass einige Wettbewerber die Nadel abschaffen. Es kann sein, dass wir in den nächsten Monaten nachziehen. Wenn wir das machen, sollte das aber langfristig gelten.


Warum nehmen Sie in Essen nur holländische Eber und keine deutschen?


Sönnichsen: Das stimmt nicht! Wir nehmen von allen unseren Lieferanten Eber an. Derzeit schlachten wir etwa 130000 Eber pro Jahr.


Die vertikale Integration ist in Deutschland ein großes Thema. Westfleisch, Vion und auch Tönnies versuchen so, Betriebe an sich zu binden. Sie auch?


Sönnichsen: Nein. Wir sehen aktuell keinen Handlungsbedarf. Es gibt mit unseren strategischen Lieferanten Mengen- und Konditionsvereinbarungen, die beiden Seiten Planungssicherheit geben. Das sind aber keine schriftlichen Verträge, sondern lediglich Rahmenvereinbarungen. Wir wollen auch nicht unser dänisches genossenschaftliches Modell auf Deutschland übertragen.


Spanien hat 2015 rund 10% mehr Schweine erzeugt. Ist das „spanische System“ unserem System überlegen?


Sönnichsen: Die Spanier können durch ihr vertikal integriertes System Schlachtbetriebe besser auslasten und auch Prozesse einfacher optimieren. Spanien wird deshalb ein starker Wettbewerber bleiben. Die deutsche Branche hat aber auch ihre Stärken.


Wo kann Deutschland besser werden?


Sönnichsen: Wettbewerb ist gut und wichtig, aber hier ist er fast überzogen. Es gibt Bereiche, da muss man auch mal zusammenarbeiten. Wie zum Beispiel beim Tierwohl. Das ist kein Thema für den Wettbewerb, weil dann jeder versucht den Anderen mit neuen Standards zu überbieten.


Und in Dänemark klappt das?


Sönnichsen: Ja. Deshalb haben wir beispielsweise ein Veterinärabkommen mit Australien — und Deutschland nicht. Nicht die Einzelbetriebe kooperieren mit den Behörden, sondern die dänische Fleischbranche. Ein gemeinsamer Auftritt ist extrem wichtig, um neue Märkte zu erschließen.


Was halten Sie von den Freihandelsabkommen TTIP und CETA?


Sönnichsen: Wir befürworten die Öffnung von Märkten, weil sie neue Chancen bietet.


Ab Anfang 2019 ist die unbetäubte Kastrastion in Deutschland verboten. Wie bewerten Sie das?


Sönnichsen: Die heutige Kastration hat keine Zukunft, aber wir haben noch keine tragfähigen Lösungen. Die dänische Regierung hätte niemals einen solchen Alleingang gemacht. Am besten wäre eine europäische Lösung.


Und wie geht es jetzt weiter?


Sönnichsen: Für den deutschen Markt mache ich mir wenig Sorgen, das kriegen wir hin. Im Export sieht das anders aus. Japaner wollen kein Eberfleisch, und auch die Großkunden in China sind skeptisch.


Anfang kommenden Jahres soll es in Dänemark ein staatliches Tierwohlsiegel geben. Was steckt dahinter?


Sönnichsen: Das ist noch im Aufbau, aber die Wirtschaft wird eng eingebunden. Schwierig wird die Refinanzierung. Deshalb gibt es auch ein drei-stufiges System. Für den Export ist das Label höchstens innerhalb der EU ein Thema, in Drittländer wohl weniger.


Landwirtschaftsminister Christian Schmidt will auch in Deutschland ein staatliches Tierwohllabel einführen. Wie beurteilen Sie das?


Sönnichsen: Das ist nicht sinnvoll. Die Initiative Tierwohl hat gerade erst begonnen, da wird schon wieder etwas aufgesattelt. Das verwirrt die Verbraucher nur.


Wie läuft die Antiobiotika-freie Schweinemast in Dänemark?


Sönnichsen: Aktuell schlachten wir 1500 bis 2000 Schweine pro Woche. Entscheidend wird sein, wie viele Teile wir anschließend mit angemessenen Aufschlägen verkaufen können. In vier bis sechs Monaten wissen wir mehr.


Sönnichsen: Aktuell schlachten wir 1500 bis 2000 Schweine pro Woche. Entscheidend wird sein, wie viele Teile wir anschließend mit angemessenen Aufschlägen verkaufen können. In vier bis sechs Monaten wissen wir mehr.


Das Interview führten Dr. Ludger Schulze Pals und Andreas Beckhove.

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