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Die Eierkrise geht weiter

Lesezeit: 6 Minuten

Preisabschläge von bis zu 25 % bringen viele heimische Erzeuger in Existenznot. Ein Ende der Krise ist noch nicht abzusehen, meint Dr. Albert Hortmann-Scholten, LWK Niedersachsen. Zu sehr bestimmt der EU- und Weltmarkt das Geschehen.


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Sind am Ende die Musterschüler wieder einmal die Dummen? Deutschlands Legehennenhalter stecken in einer tiefen Krise. Und das nicht erst, seit Aldi Anfang dieses Jahres den Preis für zehn Bodenhaltungseier um rund 23 % von 1,29 € auf nur noch 99 Cent senkte. Andere Discounter folgten dem schlechten Beispiel umgehend. Aktuell liegen die Eierpreise trotz deutlich gestiegener Futterkosten etwa 30 % unter dem Vorjahr (siehe Übersicht 1). Eine rasche, nachhaltige Belebung des Marktes ist derzeit nicht in Sicht.


Damit sind bei uns die Eierpreise EU-weit am niedrigsten – bei zugleich den strengsten Haltungsvorschriften. Was sind die Gründe für die Misere, und gibt es einen Ausweg?


Stark schwankender Markt:

Zu Anfang des Jahres ist der Preisdruck auf dem Eiermarkt traditionell besonders hoch. Die Discounter haben den Wettbewerb in diesem Jahr noch zusätzlich massiv angeheizt. Aber auch in normalen Jahren bringen sogenannte „Drückpartien“ immer wieder Unruhe in den Markt. Dies liegt daran, dass der Anteil an frei gehandelten Eiern sehr stark schwankend ist. Die Discounter schließen in der Regel im Sommer Verträge ab, wenn die Preise niedrig und weitere Perspektiven schwierig abzuschätzen sind. Werden die Bedarfsmengen nicht abgenommen und fließen diese an die Packstellen zurück, geraten beispielsweise in der Urlaubszeit oder zu Jahresanfang freie Partien an den Markt, die in der Regel weit unter Wert vermarktet werden müssen.


Im vergangenen Jahr kam verschärfend hinzu, dass die zum Spätsommer/Herbst festgezurrten Kontraktpreise von deutlich sinkenden Futterkosten ausgingen, die aber bislang überhaupt nicht eingetreten sind. Das ist dramatisch, weil die Futterkosten 50 und 60 % der Gesamtkosten der Eiererzeugung ausmachen. Entsprechend bedrohlich ist momentan die wirtschaftliche Lage vieler Eiererzeuger. Doch die Krise schwelt schon länger.


Bislang schien der Umstieg von der Käfig- auf die Boden- und Freilandhaltung in Deutschland eine Erfolgsgeschichte zu sein. Seit dem Ende des Käfigs Ende 2009 stieg sowohl die Zahl der gehaltenen Legehennen als auch die Zahl der Betriebe mit mehr als 3 000 Hühnern deutlich an. Heute gibt es in Deutschland mit 36,5 Mio. Tieren wieder mehr Legehennen als vor dem Ausstieg aus der Käfighaltung (s. Übersicht 2). Und im letzten Jahr erzeugte man in Deutschland ca. 13,6 Milliarden Eier, das waren rund 1,4 Prozent mehr als in 2012.


Nur 70 % Selbstversorgung:

Trotzdem kann sich Deutschland derzeit nur zu rund 70 % selbst mit Eiern versorgen. Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation ist die Auslastung der deutschen Stallplatzkapazitäten 2013 weiter gesunken. Im dritten Quartal des letzten Jahres waren die 43,2 Mio. Plätze nur noch zu 85,5 % belegt. Die Anzahl der Hennen je Betrieb stagnierte und lag bei knapp 28 000 Hennen pro Halter.


Das dominierende Absatzsegment am deutschen Markt ist mittlerweile die Bodenware, die circa 64 Prozent der gesamten deutschen Haltungsformen ausmacht (siehe Übersicht 2). Der Öko-Eiabsatz konnte zwar in den letzten Jahren zulegen, hat aber mit einem Absatzanteil von 8,5 % bislang noch nicht die Hoffnungen erfüllt, die viele Marktexperten erwartet hatten. Nach einem rasanten Nachfragewachstum in 2011/12 hat wohl die negative Berichterstattung über Haltungsbedingungen in Bio-Hühnerställen zu einer Kaufzurückhaltung geführt.


Die Diskussion um Dioxin in Bio-­Eiern führte zu weiteren Imageverlusten. 2012 wurden in Deutschland rund 3,3 Mio. Bio-Legehennen gehalten. Die entsprechenden Versorgungslücken werden von den Niederlanden, Dänemark und Polen ausgeglichen.


EU-weit überwiegen in der Eierproduktion ausgestaltete Käfige. Die EU-­Kommission schätzt, dass 2012 knapp 60 % aller gemeldeten Hennenplätze ausgestaltete Käfige waren. Insider vermuten zudem, dass innerhalb der Eu­ropäischen Union, insbesondere in ­Osteuropa, immer noch nennenswerte ­Grö­­ßenordnungen eine konventionelle Käfighaltung betreiben, wie sie vor dem EU-Verbot 2012 noch legal war.


Jedes dritte Ei für die Industrie:

Damit befindet sich die deutsche Eierwirtschaft in einem zunehmend härter werdenden globalen Wettbewerb. Inter­nationale Studien belegen, dass die europäischen Eiererzeuger im internationalen Wettbewerb schon nicht mehr wettbewerbsfähig sind. Die Vereinigten Staaten, Argentinien und Indien dominieren weltweit den Markt für Eiprodukte. Sie sind die Hauptexporteure für Eier, die industriell verwertet werden – und deren Herkunft offenbar weitgehend egal ist.


Auch in Deutschland verwertet die Eiprodukt-Industrie über ein Drittel der Produktion – Tendenz: steigend. Hier wird in der Regel ebenfalls stärker auf den Preis als auf die Herkunft und Haltungsform geachtet.


Der klassische Schaleneiabsatz über private Haushalte hat dagegen nur noch einen Anteil von rund 50 %. In diesem Marktsegment ließen sich für deutsche Konsumeier bislang noch höhere Preise durchsetzen. Dies konnte man insbesondere bei Öko- und Freilandeiern beobachten.


Allerdings sinken auch in diesem ­Segment aktuell die vertraglich zuge­sicherten Preise. Augenblicklich bewegen sich die Konditionen für Freilandware in Nordwestdeutschland zwischen 7,5 Cent und 9 Cent je Ei für unsortierte Ware ab Hof. Da der Handel aber inzwischen immer längere Vertragslaufzeiten von bis zu einem Jahr durchdrückt, ist das Risiko für die Erzeuger entsprechend hoch.


Die Kosten müssen sinken!

Aufgrund der extrem angespannten wirtschaft­lichen Lage dürfte die deutsche Eier­produktion 2014 weiter stagnieren. Aus den traditionellen Kerngebieten der deutschen Eiererzeugung Nordrhein-­Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein wandert die Hennenhaltung zunehmend ab. Einige wenige Neuinvestitionen, die teilweise noch in den neuen Bundesländern beobachtet werden, können den Kapazitätsabbau nicht stoppen.


Erste Produktionsprognosen der Europäischen Union gehen zwar von einer nahezu unveränderten Bruttoeigenerzeugung aus. Diese sind allerdings mit großen Unsicherheiten behaftet. Ziemlich sicher kann man davon ausgehen, dass der Selbstversorgungsgrad EU-weit mit 103 % weiter über dem Verbrauch liegen wird.


Daher dürfte der aktuelle Preisdruck in den nächsten Monaten weiter anhalten. Entscheidend für eine Verbesserung der Rentabilität werden wohl nicht höhere Eierpreise, sondern vor allem niedrigere Kosten, und zwar besonders beim Futter, sein.


Positiv für die deutschen Hennenhalter ist immerhin der Trend, dass deutsche Eier vom Lebensmitteleinzelhandel stärker nachgefragt werden. Diese Entwicklung ist insbesondere bei alternativer Ware erkennbar. Käfighaltung, gleich welcher nationaler Herkunft, wird zunehmend ausgelistet.


Darüber hinaus setzen auch die deutschen Likör- und Nudelhersteller sowie die Backwarenindustrie immer stärker auf heimische Bodenware. Damit besteht durchaus eine Chance für die deutschen Eiererzeuger, sich vom negativen Preistrend des Weltmarktes abkoppeln zu können.

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