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Die Nämlichkeit kommt

Lesezeit: 5 Minuten

Es ist die Hauptkritik der Verbraucherschützer: „Trotz Etikett der Initiative Tierwohl (ITW) muss das Fleisch nicht von einem teilnehmenden Betrieb stammen.“ Das ändere sich 2018, sagt Patrick Klein, Initiative Tierwohl, und erklärt, wie die Nämlichkeit funktionieren soll.


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Keine Frage, die Initiative Tierwohl (ITW) hat schon viel bewegt. Viele Millionen Tiere haben seit 2015 mehr Platz oder Beschäftigung im Stall. Trotzdem gibt es immer wieder Kritik an dem Programm: „Das Etikett der Initiative Tierwohl auf Fleischpackung garantiert nicht, dass das Fleisch wirklich von einem Teilnehmerbetrieb stammt“, bemängeln Verbraucherschützer. In der Tat beweist der Aufdruck des ITW-Logos lediglich, dass die Handelskette die Initiative unterstützt und pro verkauftem kg Fleisch eine Tierwohlabgabe zahlt. Es ist daher kein Geheimnis, dass der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) auf Dauer die sogenannte Nämlichkeit wünscht, bei der gelabeltes Fleisch von einem teilnehmenden Betrieb stammen muss. Der Vorteil: Die Ware unterscheidet sich von konventionellem Fleisch und kann über den Marktpreis das System finanzieren. Das klingt gut, ist aber in der Praxis viel aufwändiger als das bisherige System. Denn dafür müssen die Warenströme getrennt werden.


Geflügel beginnt:

Die Nämlichkeit wird deshalb zunächst nur bei Geflügel eingeführt. Hier gibt es bereits Strukturen, auf denen die ITW aufbauen kann. Trotzdem sind einige Fragen zu klären:


  • Wie organisiert man die Lieferverpflichtungen, ohne die etablierten Strukturen zu verändern?
  • Welche Mengen brauchen die teilnehmenden Handelsketten?
  • Sind diese Mengen über den Tierwohl-Fonds gedeckt?
  • Welche Fleischartikel sollen das Label überhaupt tragen?


An Grenzen stößt die Nämlichkeit beispielsweise bei der Geflügelwurst: Zur Wurstherstellung verwenden die Unternehmen Geflügelfleisch sehr unterschiedlicher Sortierung. Die Rohstoffe stammen meist von sehr vielen Betrieben und teilweise sogar aus dem Ausland. Bei hochverarbeiteten Produkten die Herkünfte sauber zu trennen ist deshalb bei den derzeitigen Marktstrukturen kaum möglich.


Die Vereinbarung für nämliche Ware sieht deshalb folgendermaßen aus:


  • Ab dem zweiten Quartal 2018 soll in den teilnehmenden LEHs Puten- und Hähnchenfleisch als Fleisch gekennzeichnet werden können, das von ITW-Betrieben kommt. Das schließt auch Gehacktes mit ein.
  • Gewürztes oder verarbeitetes Fleisch (Grillartikel, panierte Schnitzel, Wurst, etc.) ist hingegen aus logistischen Gründen noch nicht kennzeichnungsfähig.
  • Unabhängig davon entscheiden die Handelsketten selbst, ob sie die Ware wirklich mit dem neuen ITW-Label kennzeichnen oder nicht.


So wird es umgesetzt:

Damit der LEH ausreichend labelfähige Ware bekommt, informieren die Schlachtbetriebe die Mäster frühzeitig über die gewünschten Mengen und den Zeitpunkt der Schlachtung. Die Mäster bestellen auf Grundlage dieses Plans ihre Küken bei den jeweiligen Brütereien. Die Hähnchen werden bis zu 6 und die Puten zwischen 12 und 18 Wochen gemästet bevor der Schlachter die Tiere zu den festgelegten Termin abholt. Bis hierher ändert sich für die Teilnehmer eigentlich nichts, weil dieser Ablauf seit Jahren in der Geflügelbranche üblich ist.


Das Neue beginnt erst nach der Schlachtung. Denn nun muss der Schlachtbetrieb die Warenströme sauber trennen und den Verkauf transparent machen. Dazu meldet der Vermarkter an die Initiative Tierwohl wieviel Label-Fleisch er an welche teilnehmenden Handelsketten geliefert hat. Zusätzlich übermittelt er noch die für diese Mengen nötige Anzahl an Tieren bzw. deren Lebendgewicht in kg. Der LEH meldet gleichzeitig, wieviel Ware er von welchem Vermarkter bezogen hat (siehe Übersicht 1).


Die ITW kann mit diesen Daten prüfen, ob die Mengen zusammenpassen und zahlt das Tierwohlentgelt wie gewohnt direkt an den Geflügelhalter aus. Die Vergütung ändert sich durch die Nämlichkeit übrigens nicht: Hähnchenhalter bekommen 2,75 ct/kg LG und Putenhalter 3,25 ct pro kg LG für Hennen und 4 ct für Hähne. Läuft alles nach Plan, liegen ab April 2018 die ersten Produkte mit Label im Laden.


Beim Schwein komplizierter:

Die Entwicklung des Labels für Schweinefleischprodukte wird hingegen noch dauern. Die ITW will Ende 2018 ein Konzept für Schwein vorlegen. Zwei Probleme gilt es bis dahin zu lösen:


  • Zum einen ist der Anteil vom Tier, der direkt im LEH als Frischfleisch verkauft wird, beim Schwein deutlich geringer. Der Grund: Viele Teilstücke gehen zunächst in die Verarbeitung oder landen im Export. Auch Knochen und Schwarten kann der Handel nicht nutzen. Experten schätzen, dass von einem erzeugtem Schwein mit 120 kg Lebendgewicht ca. 12 kg Fleisch als Edelteile (vor allem Filet und Schweinerücken) direkt im LEH verwertbar sind. Bei Geflügel sind für die gleiche Menge Brustfleisch nur etwa 60 kg an lebenden Tieren notwendig. Der LEH bekommt demnach für sein eingesetztes Kapital von einem nach Tierwohl-Kriterien gehaltenen Hähnchen prozentual ungefähr doppelt so viel Ware wie bei einem Schwein. Das ist auch ein Grund, warum das eingezahlte Geld im Programm 2018-2020 nur für 23% der in Deutschland geschlachteten Schweine ausreicht, bei Geflügel aber bereits ein Marktanteil der Initiative Tierwohl von 70% erreicht wird (siehe Übersicht 2).


  • Zum anderen erschweren die vielen Produktionsstufen und die kleineren Strukturen die Nämlichkeit bei Schwein. Während bei Geflügel wenige Brütereien an viele Mastbetriebe und diese wiederum an wenige Vermarkter liefern, liefern bei Schwein viele Sauenhalter an viele Ferkelaufzüchter und die wiederum an noch mehr Mäster. Gebündelt wird das dann erst in den Schlachtbetrieben. Für eine durchgängige Nämlichkeit müsste der ITW-Mäster sich verpflichten, nur Ferkel einzustallen, die von einem ITW-Sauenhalter bzw. ITW-Aufzüchter stammen. Hinzu kommt, dass Liefer- und Abnahmeverpflichtungen in der Schweinebranche bisher die Ausnahme sind. Die Initiative Tierwohl kann daher nicht auf bestehende Strukturen aufbauen wie beim Geflügel. -ab-

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