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Die Welt melkt weiter auf Hochtouren

Lesezeit: 7 Minuten

Kurzfristig ist am Milchmarkt noch keine Trendwende in Sicht. Weltweit wird 2016 erneut mehr gemolken, aber kaum mehr verbraucht. Marktexperte Dr. Vinzenz Bauer, LWK Niedersachsen, sieht deshalb nur einen leichten Hoffnungsschimmer.


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Rettungspakete und andere politische Maßnahmen hin oder her, der Milchmarkt ist nach wie vor nicht sehr freundlich gestimmt. Mittelfristig sehen Optimisten zwar Licht am Horizont. Doch vorerst müssen sich die Milcherzeuger wohl weiter darauf einstellen, mit schwachen Preisen klarzukommen. Einen anderen Schluss lassen die Analysen des weltweiten Marktes leider nicht zu. Das gilt auch für den jüngsten Bericht des US-Agrarministeriums (USDA). Vor allem das reichliche Angebot bereitet Kopfschmerzen. Es gibt allerdings regionale Unterschiede.


EU und USA liefern mehr:

Bislang sind Bremsmanöver eher die Ausnahme. Das haben bei uns auch die Viehzählungen bestätigt. Im Mai wurden fast so viele Kühe gezählt wie zwölf Monate zuvor. Wenn Betriebe aufgegeben haben, wurden offenbar nur die schwachen Tiere zum Schlachten gegeben. „Die leistungsstarken Kühe stehen jetzt beim Nachbarn und werden dort gemolken“, vermutet ein Händler. Er glaubt deshalb auch nicht an einen kurzfristigen Rückgang der Erzeugung.


Das USDA sieht das ähnlich. Die beiden Schwergewichte, EU und USA, werden demnach am Ende des Jahres 2016 voraussichtlich wieder mehr Milch erzeugt haben als im Vorjahr. Die EU (vgl. Übersicht 1, Seite 124) bleibt laut USDA mit fast 152 Mio. t Milch Spitzenreiter vor den USA mit knapp über 96 Mio. t. Die Vorjahresmengen würden damit um 1 % bzw. fast 2 % übertroffen.


Entsprechend der Saisonkurve gehen die Beobachter zwar davon aus, dass die europäischen Milchanlieferungen jetzt in der zweiten Jahreshälfte zurückgehen werden. Viele Erzeuger stehen bereits mit dem Rücken zur Wand, weshalb das Produktions-Minus sogar deutlicher ausfallen könnte als sonst. Das dürfte die Preise stützen, aber nachhaltiger Spielraum nach oben ist damit noch nicht garantiert. Es gibt unverkaufte Vorräte in beachtlichen Mengen.


Mit Sorge betrachten die US-Analysten z. B. die immer höheren Magermilchpulver-Bestände in der EU. Aber auch die Amerikaner haben eigenen Angaben zufolge relativ viel exportfähige Pulverware eingelagert.


Andere Exporteure bremsen:

Insgesamt hat das USDA seine Zahlen zur Milcherzeugung der führenden Exporteure (EU, USA, Neuseeland, Australien und Argentinien) gegenüber der Schätzung vom Dezember 2015 um 1 % auf insgesamt 288,8 Mio. t erhöht. Dass das Plus nicht höher ausgefallen ist, liegt z. B. daran, dass Neuseeland weniger produziert als im letzten Jahr.


Futter ist reichlich und günstig vorhanden. Deshalb geht das USDA jetzt von einer etwas höheren neuseeländischen Milchmenge aus als in der letzten Prognose. Gegenüber dem Jahr 2015 sinkt die Produktion der „Kiwis“ aber wohl um 2 %. Denn die Erzeuger reagieren auf die schlechten Milcherlöse und sind dabei auch nicht gerade zimperlich. Stellenweise wurden bereits ganze Herden geschlachtet. Etliche Farmer setzen zudem weniger Kraftfutter ein als sonst, um Geld zu sparen.


Das neuseeländische Milchmarktbarometer GlobalDairyTrade signalisiert übrigens nach wie vor keine nachhaltig positiven Preis- oder Nachfragetrends. Als großer Exporteur von Milchpulver in Richtung Asien, vor allem nach China, ist Neuseeland von der derzeitigen chinesischen Kaufzurückhaltung besonders betroffen. Dass die Verkäufe ins Reich der Mitte mengenmäßig gehalten werden, müssen die Molkereien mit Preiszugeständnissen erkaufen. Das geben sie an die Milcherzeuger weiter. Diese drosseln die Produktion. Eventuell sind die aktuellen Prognosen des USDA zur Milcherzeugung Neuseelands also noch zu hoch.


Das könnte auch auf Australien zutreffen. Dort dürfte die etwas rückläufige Milchmenge allerdings nicht nur den schwachen Preisen geschuldet sein, sondern auch schwierigen Wetterbedingungen. Es ist verbreitet viel zu trocken. Das Grünland konnte sich deshalb kaum entwickeln, und die Futterkosten sind stark gestiegen. Der australische Milchviehbestand wird sich wahrscheinlich um ein Prozent verringern, da aufgrund der Futterknappheit mehr Tiere geschlachtet werden als üblich. Gegenüber 2015 wird die Milchmenge um 1 % sinken. In seiner vorherigen Prognose war das USDA noch von plus 2 % ausgegangen.


Das Minus Argentiniens fällt noch kräftiger aus. Denn die ohnehin schon mehr als schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen werden dort derzeit durch Naturkatastrophen verschärft. Das El Niño-Phänomen führte im laufenden Jahr zu schweren Überschwemmungen in den argentinischen „Milchregionen“. Die Prognose des USDA wurde deshalb stark nach unten korrigiert. Die Milch-erzeugung der Argentinier wird demnach nur noch bei 10 Mio. t liegen. 2015 waren es 11,6 Mio. t., also 14 % mehr.


Was macht der Absatz?

Die Produktionsmengen sind allerdings nur die halbe Wahrheit am Markt. Ob die Milchpreise steigen oder weiterhin unter Druck stehen werden, hängt von der Nachfrage ab, besonders von der internationalen.


Auf Russland, das vor dem gegenseitigen Handelsembargo ein sehr wichtiger Absatzmarkt für EU-Milcherzeugnisse war, können wir auch weiterhin nicht bauen. Moskau hat den Einfuhrstopp schließlich jüngst erst bis Ende 2017 verlängert. Das führt allerdings nicht zu einer höheren Eigenversorgung. Im Gegenteil, die Experten des USDA erwarten sogar, dass die Milcherzeugung Russlands verglichen mit dem Jahr 2015 um rund 1 % kleiner ausfallen wird. Profiteur davon ist Weißrussland, das mehr Milchprodukte und auch Rindfleisch nach Russland liefern kann.


Den europäischen Molkereien bleibt also weiterhin nur, die verlorenen Exportmengen nach Russland beispielsweise durch zusätzliche Verkäufe in den asiatischen Raum wettzumachen. Dabei waren sie bislang durchaus erfolgreich. Vor allem China ist nach wie vor sehr ein attraktiver Markt. Der Export dorthin ist aber kein Selbstläufer.


Der Export von H-Milch aus der EU nach China hat kräftig zugenommen (vgl. Übers. 2). Der stetig wachsende chinesische Markt für haltbare Milch wird von den EU-Molkereien schon seit Jahren dominiert. Sie liefern etwa zwei Drittel der zusätzlich gebrauchten Mengen. Die Steigerung dürfte teilweise allerdings auch den Wechselkursen von Yuan und € geschuldet sein. China selbst wird dem USDA zufolge 2016 seine Milcherzeugung nur leicht von 37,6 Mio. t auf glatt 38 Mio. t steigern.


Probleme beim Pulver:

Aus Sicht der EU ist also bei H-Milch Optimismus angebracht, und auch unser Export von Käse läuft durchaus rund. Für deutsche Molkereien ist Käse denn auch ein wichtiges Standbein. Bei Pulver droht dagegen Ungemach. Das USDA hat die Exportprognose für EU-Magermilchpulver gegenüber der letzten Schätzung um 17 % auf 650000 t gesenkt. Der Verkauf nach China ist ins Stocken geraten. In Anbetracht der steigenden EU-Bestände in staatlicher und privater Hand ist diese Nachricht besorgniserregend.


Man kann nur hoffen, dass unsere Magermilch-Exporte bald wieder erheblich besser in Gang kommen. Im aktuellen Brüsseler Hilfspaket wurde schließlich beschlossen, unseren Markt durch weitere Pulverkäufe zu stützen. Die Bestände wachsen also noch mehr, und nun stellt sich die Frage, ob und wie diese Ware verwertet werden kann. Denn unsere Mitbewerber werden uns den Absatz am Weltmarkt nicht leicht machen.


Die US-Amerikaner können voraussichtlich mehr Magermilchpulver in Richtung Mexiko absetzen und so ihre geringeren Verkäufe nach Asien weitgehend kompensieren. Aus Nordamerika droht also kaum Gefahr. Aber an den Neuseeländern geht am chinesischen Markt für Magermilchpulver kein Weg vorbei. Sie haben ihre Position in den letzten Monaten ausgebaut und können ihre Marktanteile wohl noch weiter steigern, meinen die Analysten des USDA. Neuseeland peilt demnach sogar einen neuen Exportrekord in diesem Segment an. Auch die letzten chinesischen Bestellungen von Vollmilchpulver gingen fast nur an neuseeländischen Lieferanten.


Optimisten hoffen zwar, dass im weiteren Verlauf auch die EU und die USA wieder besser in China zum Zuge kommen. Das würde unseren Milchmarkt erheblich freundlicher stimmen. Noch ist das aber nichts als eine vage Hoffnung. -me-

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