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Droht am Kartoffelmarkt ein Überangebot?

Lesezeit: 6 Minuten

Am Kartoffelmarkt wehen die sprichwörtlichen Fahnen auf Halbmast. Das relativ reichliche Angebot trifft auf eine enttäuschende Nachfrage. Es gibt allerdings einen Hoffnungsschimmer.


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Kartoffelerzeuger sehen mit skeptischen Gefühlen in die Zukunft. Die diesjährige Frühkartoffelsaison endete mit schwach gestimmten Preisen, und die Marktaussichten für die Haupternte sind auch nicht gerade berauschend:


  • Ausgedehnte Anbauflächen bei zumindest durchschnittlichen Erträgen sowie noch nicht vermarktete Frühkartoffeln sprechen für ein reichliches Angebot in Deutschland. Und Wettbewerber aus Nachbarländern, vor allem aus Frankreich, haben unseren Markt ebenfalls im Visier.
  • Die Nachfrage tritt auf der Stelle. Der Außer-Haus-Verzehr leidet noch unter der Coronakrise. Zudem gibt es kaum Aussichten auf umfangreiche Exporte, und die Absatzkrise der Pommes frites-Industrie verdirbt die Stimmung am Kartoffelmarkt auch noch.


Optimisten hoffen, dass ein steigender Frischkartoffelkonsum die Nachfrage etwas anregt, oder Ausbeuteverluste durch Drahtwurm und zu viel Stärke das Angebot begrenzen. Noch ist das aber nichts als Spekulation.


Anbau legte erneut zu


An den stetig wachsenden Anbauflächen gibt es hingegen wirklich nichts zu rütteln. Seinen Tiefpunkt hatte dieser Betriebszweig im Jahr 2015 mit etwa 237000 ha. Seither geht es mit dem Anbau wieder aufwärts (siehe Übersicht). In diesem Frühjahr hatten viele Landwirte z.B. noch das attraktive Preisniveau der Saison 2019/20 vor Augen und haben deshalb noch mehr Kartoffeln angebaut.


Es gibt allerdings unterschiedliche Angaben. Vorläufigen statistischen Erhebungen zufolge sollen es in Deutschland ca. 275000 ha geworden sein. Das wären gerade einmal 3000 ha mehr als im Vorjahr. In NRW soll die Fläche demnach sogar kleiner geworden sein. Aber dem widersprechen Auswertungen der Flächenbeihilfeanträge (InVeKos). Danach ist auch das Areal in NRW erneut gewachsen. Der Flächenzuwachs in Deutschland könnte also auch bei 5000 bis 6000 ha liegen. Zuwächse gibt es bei Pflanz-, Stärke- und Konsumkartoffeln.


Bezogen auf das gesamte Westeuropa ist der Zuwachs der Kartoffelflächen noch kräftiger als bei uns. Allein der Anbau von Speise- und Verarbeitungskartoffeln hat von 2015 bis jetzt bei den „Großen Fünf“, also in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Belgien und Deutschland, um gut 19% auf 662000 ha zugelegt. Starke Steigerungen gab es bei Verarbeitungsware in Belgien und Nordfrankreich.


Und die Erträge?


Brüsseler Experten gehen davon aus, dass 2020 EU-weit mehr Knollen vom Hektar kommen als im Schnitt der vergangenen fünf Jahre. Allerdings berücksichtigt dieser Vergleichswert auch zwei Missernten. Von Rekordmengen kann also auch keine Rede sein. In Deutschland werden ohnehin nur durchschnittliche Erträge erwartet.


Ob es Unterschiede je nach Verwendungstyp gibt, ist derzeit noch offen: Eher frühe Speisekartoffeln waren fast bundesweit vor der Hitze im August schon sehr weit entwickelt und versprechen deshalb relativ normale Erträge. Späte Verarbeitungssorten haben ihren Massezuwachs dagegen oft bis weit in den September hinein. Die negativen Folgen der enormen Hitze im August lassen sich aus heutiger Sicht noch nicht abschließend bewerten.


Allerdings stehen in Westeuropa, außer in Belgien oder Nordwestdeutschland, viele Flächen unter Beregnung. Und selbst in Belgien waren Fontane und Co. zu Beginn der dritten Augustdekade noch weitgehend grün. Mit wechselhaftem Wetter ab dem 24. August könnte also beim Zuwachs noch einiges drin gewesen sein.


Auch wenn wohl keine Rekorderträge zu erwarten sind, unterm Strich erwarten Experten in Europa die drittgrößte Ernte der vergangenen zehn Jahre. In Deutschland könnte es sogar die größte werden (siehe Übersicht), und das stellt die Vermarkter vor große Herausforderungen.


Pommes-Absatz eingebrochen


Fakt ist: Im Prinzip gab es auch schon 2019 am deutschen Markt mehr als genug Kartoffeln. Den Preis gestützt hat damals im Spätsommer ein Nachfragesog aus Ost- und Südosteuropa, wo die Ernten enttäuschten. Gegenüber der Vorsaison konnten 2019/20 immerhin ca. 150000 t mehr Konsumkartoffeln dorthin abgesetzt werden. Diese Mengen sind 2020/21 nicht in Sicht. Denn auch in den o.g. Regionen (außer Rumänien) wurde der Anbau 2020 kräftig ausgedehnt, und es gab verbreitet mehr Regen als z.B. in Westdeutschland.


Hiesige Exporteure müssen sich zudem 2020/21 auf starke Konkurrenz einstellen. Vor allem unsere französischen Mitbewerber müssen diese Saison viele Speisekartoffeln exportieren. Der überregionale Absatz und der Export dürften also schwierig bleiben.


Die allergrößten Kopfschmerzen bereitet den Vermarktern von Kartoffeln aber die Absatzkrise bei Pommes frites. Einem womöglich größeren Angebot an entsprechenden Kartoffeln als im Vorjahr steht eine geringere Nachfrage gegenüber. Der Export von Pommes frites aus Deutschland, Belgien und Niederlande ist schließlich eingebrochen.


Zu Beginn der Saison 2019/20 lag die monatliche Spitzenmenge aller Lieferungen aus den oben genannten Ländern an Kunden in der EU und weltweit bei 422000 t tiefgekühlten Pommes frites. Im April 2020 kam dann nur noch die Hälfte davon zusammen. Bis Juni haben sich die Verkäufe zwar wieder spürbar belebt. Von den früheren Mengen kann man aber nur träumen.


Prognosen sind zwar wegen der Corona-Pandemie unsicher. Aber falls der Absatz nicht mehr über das Juni-Niveau steigt, können pro Jahr etwa 550000 t weniger Fritten verkauft werden. Das entspricht 1 Mio. t Kartoffeln.


Boomt Frischabsatz Weiter?


Es gibt einen Hoffnungsschimmer: Seit dem Lockdown im Frühjahr kaufen Verbraucher in Deutschland und auch in anderen Ländern mehr Speisekartoffeln. Es wird mehr zu Hause gegessen, da Kantinen geschlossen sind, mobiles Arbeiten einen regelrechten Boom erfahren hat, Events nicht stattfinden und die Gastronomie sicherheitshalber gemieden wird. Mittlerweile wurden die Auflagen gelockert, und der Außer-Haus-Verzehr erholt sich wieder etwas. Trotzdem erwarten Beobachter, dass Frischware bei den Verbrauchern gefragt bleibt.


In den ersten fünf Monaten der Pandemie konnten über 20% mehr frische Speisekartoffeln verkauft werden. Vielleicht bleibt am Ende für 2020/21 ein Zuwachs von 10%. Das würde das Minus bei den Frischkartoffelexporten Deutschlands auffangen, wenn auch mit Verzögerung. Für Übermengen aus anderen Produktionsrichtungen ist allerdings kein Platz.


Ende August ging es mit den Speisekartoffelpreisen weiter nach unten. Das Rheinland notierte franko Packer schon 12 €/dt (ohne MwSt.). Zeitweilig kursierten zuvor sogar Billigofferten von 10 €/dt aus dem Schälsegment, allerdings hat das nicht zu weniger Angebotsdruck geführt. Vertragsfreie Verarbeitungsware fand sogar selbst für extrem magere 1 bis 2 €/dt keinen Markt und wanderte in Stärkefabriken und ins Futter. Bleibt nur zu hoffen, dass diese Durststrecke bald wieder vorbei ist.


joerg.mennerich@topagrar.com

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