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Fleischlos in die Zukunft?

Lesezeit: 5 Minuten

Schnitzel aus Milch, Wurst aus Eiklar oder Gyros aus Soja: Fleischersatz-Produkte erobern die Supermarktregale. Selbst große Fleischverarbeiter wie Tönnies und Wiesenhof springen auf den Veggie-Zug auf. Wird Fleisch zum Auslaufmodell?


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Fleischesser sind in Deutschland scheinbar auf dem Rückzug. Es vergeht kaum ein Tag, an dem nicht in Funk und Fernsehen vegetarische Ernährung gepriesen und die moderne Tierhaltung schlecht gemacht wird. Spätestens seit Tönnies angekündigt hat, künftig fleischlose Produkte anzubieten, kommen auch Tierhalter ins Grübeln. Brauchen wir noch Nutztiere für Schnitzel, Wurst und Co?


Der Veggie-Markt wächst:

Fleisch-ersatzprodukte sind eigentlich nicht neu. Bisher führten sie allerdings ein Nischendasein in Bioläden oder im Fachhandel – bevorzugt in größeren Städten. Doch neuerdings räumen auch große Handelsketten diesen Produkten zunehmend Platz in ihren Regalen ein. Seitdem entwickelt sich auch der Absatz rasant. Prominentes Beispiel ist die Rügenwalder Mühle. Erst zum Jahreswechsel hat der Wursthersteller aus dem niedersächsischen Bad Zwischenahn vegetarische Wurst ins Programm genommen. Vier Monate später machen die fleischlosen Produkte, die hauptsächlich aus Eiklar und Rapsöl bestehen, angeblich schon rund 15 Prozent vom Umsatz aus. Der Wursthersteller Rügenwalder Mühle verkauft inzwischen mehr Packungen von seinem vegetarischen „Schinken Spicker“ als von dem fleischhaltigen Original. Und nach Aussage des Inhabers Christian Rauffus ist das Wachstum noch lange nicht beendet. Schon Ende 2016 will das Unternehmen ein Drittel seines Umsatzes mit fleischfreien Artikeln erzielen.


Auch andere Fleischverarbeiter wollen von dem wachsenden Markt profitieren. Für Schlagzeilen sorgten zuletzt die Platzhirsche in der Geflügel- bzw. Schweinebranche:


  • Wiesenhof bietet seit März Crispy-Schnitzel auf Weizen-Basis mit Broccoli, Paprika und Zwiebeln an.
  • Tönnies will spätestens im Oktober zur Ernährungsmesse Anuga vegetarische Schnitzel präsentieren.


Tierschützer dürfte es wenig schmecken, dass gerade Fleischverarbeiter in diesen Zweig einsteigen. Denn bei diesen Unternehmen stehen weniger moralische, sondern eher wirtschaftliche Interessen im Vordergrund. Die Margen sollen bei Fleischersatzprodukten nämlich deutlich besser sein als im traditionellen Geschäft. Der Grund: Während sich die Preise für Veggie-Produkte am Fleischsortiment orientieren, ist das Rohmaterial für den Fleischersatz vergleichsweise günstig.


Chance für Fleischverarbeiter:

Eta-blierte Verarbeiter haben gegenüber Neueinsteigern auch den Vorteil, dass sie praktisch aus dem Stand loslegen können. Sie haben die Maschinen und auch das Know-how. „Es macht für Wursthersteller vom Prozess her keinen großen Unterschied, ob er Fleisch oder Tofu verarbeitet“, sagt Thomas Vogelsang vom Bundesverband der Deutschen Fleischwarenindustrie e.V. (BVDF). Für ihn ist es deshalb kein Wunder, dass einige Verarbeiter ihr Sortiment nun erweitern und von diesem Trend profitieren wollen.


So neu ist die Nachfrage nach vegetarischen Produkten für ihn allerdings gar nicht. „Ich kenne Wursthersteller, die schon seit Jahrzehnten fleischlose Tortellini und Gemüseeintöpfe anbieten. Das ist auch vegetarisch.“ Außerdem seien die neuen Produkte bisher nur ein sehr zartes Pflänzchen am Markt.


Bei der Westfleisch sieht man es ähnlich. Das neue Segment werde derzeit durch Zeitgeist, Medien und soziale Netzwerke „gepusht“. Unterm Strich sei es aber nur eine Nische, die man aber aufmerksam beobachte. Der westfälische Schlachtkonzern wird vorerst keine aktive Rolle am Veggie-Markt spielen – obwohl er es könnte.


Fleischersatz bleibt Nische!

In der Tat spielen die Fleischersatzprodukte im Vergleich zum traditionellen Sortiment nur eine Nischenrolle. Bei der privaten Nachfrage 2014 belief sich der Mengenanteil dieser Produkte am Gesamtmarkt für Fleisch und Wurstwaren auf gerade mal 1 % (siehe Übersicht).


Vogelsang glaubt zudem, dass das Fleisch-Sortiment auch künftig den Absatz dominiert. Er kann sich sogar vorstellen, dass Einzelhändler nach einer Testphase die Veggie-Produkte auch wieder aus dem Programm nehmen, wenn die Nachfrage fehlt. „Regalfläche im Supermarkt ist knapp!“, stellt der Fleischwarenexperte klar.


Für Thomas Els, der bei der AMI Verbraucherverhalten erforscht, wird der Fleischlos-Kult ebenfalls medial überzeichnet. Trotzdem glaubt er, dass der Anteil der Fleischersatzprodukte weiter steigt. „Der Veggie-Boom ist vor allem von den jüngeren Käufern getrieben,“ sagt er. Sie äßen in der Folge auch weniger Fleisch. Einen Durchmarsch dieser Produkte erwartet aber auch Els nicht.


Das bestätigen die nüchternen Marktzahlen: Demnach bewegt sich der Fleischverzehr der Bundesbürger seit über zehn Jahren relativ konstant bei rund 60 kg pro Kopf und Jahr. Lediglich beim Schweinefleisch ging die Nachfrage in den letzten Jahren etwas zurück, dafür essen die Verbraucher nun etwas mehr Geflügel.


Auch wenn Vegetarier gegenüber der Presse die Deutungshoheit besitzen, spielen sie an der Supermarktkasse nur eine Nebenrolle. Der Grund liegt auf der Hand: Einer repräsentativen Umfrage der Uni Göttingen aus 2013 zufolge verzichten nur knapp 4 % der Deutschen grundsätzlich auf Fleisch. Ihr Anteil steigt zwar, bleibt aber gering. Deutlich größer ist die Gruppe derer, die bewusst weniger Fleisch essen oder den Konsum reduzieren wollen. Laut der Umfrage ist das jeder Fünfte. Unterm Strich essen allerdings weiterhin drei von vier Bundesbürgern gerne und regelmäßig ihr Schnitzel oder Steak. Andreas Beckhove

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