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Gemeinsam werben,direkt vermarkten

Lesezeit: 6 Minuten

Im Kreis Lörrach können Kunden online nach Hofläden, Bauernhofcafés und Direktvermarktern suchen. Dafür betreiben 35 Landwirte eine gemeinsame Internetseite.


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Im Dreiländereck im äußersten Südwesten Deutschlands sind die Wege kurz, das Ziel ist aber oft schwer zu finden: Viele kleine Dörfer, Weiler. Die landwirtschaftlichen Betriebe sind meist vergleichsweise klein, liegen oft gut versteckt in den Dörfern. Obst-, Gemüse- und Weinbau sind traditionelle Betriebszweige. Die Vermarktung über Wochenmärkte ist stark verbreitet.


„Allein in Lörrach gibt es drei Wochenmärkte, und jeder umliegende Ort hat zusätzlich noch mindestens einen weiteren wöchentlichen Markt“, berichtet Gemüsebäuerin Gerda Müller (68) aus Haltingen bei Weil am Rhein. Die Region zwischen Mühlhausen (F), Basel (CH) und Lörrach ist dicht besiedelt, Tendenz steigend. Und vor allem sind die Kunden zahlungskräftig.


Die Zahl der Hofläden wächst denn auch. Aber vor allem die Zugezogenen tun sich schwer, sich in der Fülle des Angebots zurechtzufinden – und verzichten im Zweifel eher auf den Weg zum bäuerlichen Direktvermarkter. Das sollte sich ändern.


Mehr als Werbung:

„2007 entstand die Idee eines gemeinsamen Internetauftritts aus einem Landfrauen-EDV-Kurs“, berichtet Müller. Zusammen mit vier anderen Bäuerinnen wollte sie den Verbrauchern in der Region die heimische Landwirtschaft und ihre Produkte über ein Internetportal näherbringen: „Das Internet ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Auch Lebensmittelkäufer informieren sich vorab übers Netz oder kaufen direkt im Internet ein.“ Wir wollten aber kein reines Verkaufsportal aufbauen, sondern auch Informationen über die Höfe und die Produkte für die Verbraucher bieten“, erklärt Müller den Aufbau der Seiten. Das Portal der Direktvermarkter sollte mehr als eine reine Werbeseite werden. Als weitere Ziele setzten die Frauen folgende Punkte fest:


  • Die Regionalvermarktung stärken,
  • den Direktvermarktern ohne eigene Homepage einen Internet-Auftritt ermöglichen,
  • über die Vielfalt der Landwirtschaft in der Region informieren,
  • neue Zielgruppen erschließen und
  • den Austausch von Produkten der Direktvermarkter untereinander fördern.


Die fünf Frauen luden zu einer Auftakt-Veranstaltung ein, 80 Landwirte erschienen. 35 wurden im Verein „Direktvermarkter Landkreis Lörrach e.V.“ Mitglied. Anschließend entwickelte eine Agentur den Internetauftritt und programmierte die Seiten. Dafür investierte der Verein rund 20000 €, eine Modernisierung der Seiten vor einigen Jahren schlug mit weiteren 8000 € zu Buche.


Herausgekommen ist www.direkt-vermarkter-landkreis-loerrach.de. Klickbringer sind vor allem die Suchfunktion, die entweder über ein Formular oder über eine Landkarte (siehe Foto) läuft. Auch die Suche von Anbietern bestimmter Erzeugnisse wird häufig genutzt.


Für jeden Betrieb steht eine Detailseite bereit, auf der der einzelne Betrieb vorgestellt wird: Neben den Kontaktdaten stehen dort das Angebot, Öffnungszeiten des Hofladens, in welchen Geschäften oder Wochenmärkten die Erzeugnisse zu finden sind sowie aktuelle Fotos des Betriebes.


Darüber hinaus findet man auf den Seiten aber auch viele Infos über die Landwirtschaft im Landkreis, verschiedene Kulturen, über aktuelle Arbeiten auf den Feldern. „Wir wollen auch die verschiedenen Wirtschaftsweisen vorstellen“, erklärt Müller. Im Verein machen unterschiedlich strukturierte ökologisch und konventionell wirtschaftende Betriebe mit.


Aktuelle Betriebsinfos:

Die Pflege der Seiten ist inzwischen Gerda Müllers Hauptaufgabe: „Wichtig ist uns, dass von den Betrieben mehrmals jährlich aktuelle Informationen und Fotos geliefert werden. Beispielsweise können wir jetzt nicht mehr das Wintergemüse präsentieren. Dann wechsle ich die Fotos auf den einzelnen Seiten aus.“


Müllers Arbeit wird durch die Vereinsbeiträge der Mitglieder finanziert: Die Startgebühr beträgt einmalig 300 €, der jährliche Beitrag 80 €. „Reich werden wir damit nicht. Das wollen wir aber auch nicht. Mein Stundenlohn beträgt etwa 20 €“, erklärt die engagierte Landwirtin.


Die Internetseite ist zwar der aufwendigste Part der gemeinsamen Öffentlichkeitsarbeit, aber nicht der einzige: Der Verein lädt regelmäßig zu Pressegesprächen ein, berichtet der Lokalpresse über aktuelle Themen der Direktvermarktung und stellt z.B. Neuigkeiten aus den Hofcafés oder auf den Ferienhöfen vor. Die Termine werden von der Lokalpresse gut besucht. Die Berichte in den Tageszeitungen sieht Müller ebenfalls als effektive Werbung.


Weiterer wichtiger Punkt sind Veranstaltungen für die Mitglieder: Dabei geht es nicht nur um den Informationsaustausch, sondern auch um verschiedene Weiterbildungsaktionen. Darüber hinaus funktioniert innerhalb des Vereins ein Austausch von Erzeugnissen aus der Region. „Wenn z.B. das Angebot in dem eigenen Hofladen nicht ausreicht, muss so nicht auf Großmarktware zurückgegriffen werden“, erklärt Müller.


Zahlreiche Vorteile:

Was halten die Landwirte vom Vereinsangebot? Wir haben vier Betriebe besucht:


  • Gerda Müllers Sohn Jürgen (39) bewirtschaftet zusammen mit seiner Frau Ute (35) in Haltingen einen Obst- und Gemüsebetrieb mit angeschlossenem Hofladen. Auf 55 ha bauen Müllers Gemüse, Kartoffeln, Obst, Wein, Weizen und Mais an. Brennerei und Backwaren ergänzen das Angebot des täglich geöffneten Hofladens, der mitten im Ort liegt. Er meint: „Die Internetseite ist super geeignet, um saisonale Erzeugnisse zu bewerben, weil sie sich schnell verändern lässt.“ Er profitiere darüber hinaus besonders vom Informationsaustausch der Mitglieder untereinander und den Weiterbildungsmöglichkeiten.
  • Heinz (55) und Jonas Kaufmann (25) vermarkten knapp die Hälfte der Milch ihrer 38 Fleckviehkühe direkt, d.h. als Trinkmilch über ihren Lieferdienst an Privathaushalte und Gastronomiebetriebe. Darüber hinaus produziert die Familie Bauernhof-Eis, das – wie auch Teile der Trinkmilch – über mehrere Verkaufsstellen in der Region vermarktet wird. „Für 80 € Jahresbeitrag macht der Verein viel Werbung für jeden einzelnen Betrieb“, ist Heinz Kaufmann überzeugt. Man müsse nur die Kosten für eine Werbeanzeige mit dem Online-Angebot vergleichen. Dazu komme noch die Pressearbeit des Vereins, die zusätzliche Kunden auf den Hof bringe.
  • Uli Gempp, der zusammen mit seiner Frau Susi in Rümmingen Obst- und Weinbau sowie einen Hofladen und ein Bauernhofcafé betreibt, ist vom Werbeeffekt der Internetseite überzeugt: „Unsere Kunden kommen aus einem Umkreis von 20 km zum Hofladen und in unser Bauernhofcafé. Vieles ist zwar Mund-zu-Mund-Propaganda, aber zahlreiche Kunden suchen auch per Internet nach Cafés und Einkaufsmöglichkeiten“, hat Gempp festgestellt. Er ist auch vom Miteinander im Verein begeistert: „Wir sind ja Mitbewerber, aber trotzdem sitzen wir in einem Boot. Weil viele verschiedene Betriebe aus unterschiedlichen Dörfern mitmachen, fällt die Konkurrenz aber doch nicht so stark aus. „Die positiven Punkte überwiegen eindeutig“, ist er sich sicher.
  • Andreas Schopferer (35) baut auf fast 40 ha Obst, Gemüse und Wein an. Er hat vor sechs Jahren seinen Betrieb am Ortsrand von Egringen neu aufgebaut und u.a. in einen großen Hofladen mit Bäckerei investiert. Mit seinem breiten Angebot deckt der Hofladen für den Ort die Nahversorgung ab: Alle wichtigen Lebensmittel gibt es dort.


Schopferer, der selbst einige Jahre im Vorstand des Direktvermarktervereins tätig war, ist von dem Konzept überzeugt: „Zum einen klappt der Austauch mit anderen Vereinsmitgliedern gut. Und die Seite funktioniert super als Informationsquelle für Kunden“, erklärt er. Vor allem viele Zugezogene müssten sich schnell und einfach über das Direktvermarkterangebot informieren können, betont er. Gerade im Umkreis der boomenden Stadt Basel sei dieser Service daher wichtig und sinnvoll.


Christian Brüggemann

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