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Getreideernte 2020: Diese Kontrakte ergeben Sinn

Lesezeit: 6 Minuten

Wer sich vor Preisdruck in der Ernte schützen will, muss sein Getreide entweder einlagern oder Vorkontrakte abschließen. Bei welchen Preisen lohnt sich das? Und wie vermeidet man Fallstricke?


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Ein Drittel vor der Ernte, ein weiteres bis November/Dezember und den Rest kurz nach dem Jahreswechsel: Normalerweise fahren Landwirte mit dieser klassischen Vermarktungsstrategie nicht schlecht. Sie umgehen so den üblichen Angebots- bzw. Preisdruck während der Ernte, sichern aber mit dem teilweisen Vorverkauf trotzdem ihre Liquidität, z.B. um im Herbst Dünger und andere Betriebsmittel bezahlen zu können. Die große Frage ist allerdings: Wann ist der richtige Termin für Vorverträge, welcher Preis ist attraktiv und welcher nicht und worauf sollte man bei den Konditionen unbedingt achten?


Ernte 2020 schon im Visier


Bei vielen Landwirten hielt sich die Begeisterung für Vorkontrakte zur Ernte 2020 bislang in Grenzen, berichten Beobachter. Dies ist der Spekulation auf ansteigende Erlöse geschuldet. Hinzu kommt, dass etliche Betriebsleiter noch mit der Vermarktung der Ernte 2019 beschäftigt sind und deshalb keinen „Kopf“ für 2020 haben.


Das bestätigen auch die Erhebungen des Statistischen Bundesamtes für Ende 2019. Demnach lagerten Erzeuger und Händler in Deutschland z.B. rund:


  • 7,75 Mio. t Weizen (+11% gegenüber Ende 2018),
  • 3,16 Mio. t Gerste (+22%),
  • 1,45 Mio. t Mais (+14%),
  • 0,74 Mio. t Triticale (+25%) und
  • 0,72 Mio. t Roggen (+68%).


Ein Teil dieser Vorräte dürfte zwar schon per Kontrakt gebunden sein, dem Spotmarkt also nicht mehr zur Verfügung stehen. Dass die greifbaren Mengen größer sind als vor einem Jahr, bezweifeln die meisten Beobachter aber nicht. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der Löwenanteil vermutlich schon beim Handel lagert.


Bis zum Beginn der nächsten Ernte wird sich an der auskömmlichen Versorgungslage vermutlich nicht viel ändern. Im Gegenteil: Brüssel geht davon aus, dass die nächste Saison EU-weit mit volleren Silos starten wird. Insgesamt sollen Anfang Juli 2020 noch Überhangbestände von ca. 56,5 Mio. t vorhanden sein, also 21% mehr als im Vorjahr. Kräftige Steigerungen erwartet die Kommission z.B. bei Weizen und Gerste, fast schon sprunghafte bei Roggen und Triticale (siehe Übersicht 1).


Dass diese Prognose in Verbindung mit der aktuellen Versorgungslage die Offerten zur Ernte 2020 deckelt, liegt auf der Hand. „Bislang hat mein Händler mir für neuerntige Ware etwa das Gleiche geboten wie im Tagesgeschäft, jetzt liegt er je nach Getreideart mindestens 5 bis 20 €/t darunter“, berichtet ein westdeutscher Ackerbauer. Berufskollegen in anderen Regionen machen ähnliche Erfahrungen.


Saison Noch nicht abhaken


Lassen Sie sich davon nicht verunsichern. Es trifft zwar zu, dass der Markt bis auf Weiteres gut versorgt bleiben dürfte. Von einer Angebotsschwemme kann aber keine Rede sein. Das gilt auch für 2020/21. Die Vorräte – wenn sich die Brüsseler Prognosen überhaupt bestätigen – sind nur die halbe Wahrheit. Entscheidend für die weitere Entwicklung wird sein, wie groß oder klein die neue Ernte ausfallen wird.


Noch kann man darüber bestenfalls spekulieren. Schätzungen von heute sehen je nach Witterung oft schon morgen wieder ganz anders aus, das haben die letzten Dürrejahre bewiesen. Tatsache ist aber, dass Ernteprognosen die Preiserwartungen, also auch die Vorkontraktpreise prägen. Deshalb sollte man auch frühe Vorhersagen nicht pauschal als Unsinn abtun.


Der Dachverband des europäischen Getreide- und Ölsaatenhandels (Coceral) hat sich kürzlich als einer der ersten Beobachter aus der Deckung gewagt. Coceral erwartet in der EU-27 (also ohne Großbritannien) eine Ernte von 282,5 Mio. t Getreide und liegt damit etwa auf Vorjahresniveau. Wegen der teils schwierigen Aussaatbedingungen im Herbst 2019 rechnen die Analysten allerdings mit Rückgängen bei Wintergetreide, vor allem bei Weizen und Gerste (s. Übersicht 2). Zuwächse dürfte es hingegen besonders bei Mais geben. Deutsche Landwirte haben zudem deutlich mehr Roggen angebaut als zuvor. Deshalb erwartet Coceral auch hier ein ansehnliches Ernteplus.


Expertentipps gesammelt


Und was bedeutet das im Hinblick auf die Vorkontrakte zur Ernte 2020?


  • Peilen Sie für normalen Brotweizen je nach Standort ex Ernte 2020 mindestens 170 bis 175 €/t an (o. MwSt., frei Landlager). An Wasserplätzen und anderen frachtgünstigen Standorten sollten es 5 bis 10 €/t mehr sein. Gleiches gilt für Futterweizen in der Nähe der nordwestdeutschen Mischfutterwerke.
  • Lassen Sie sich bei den Vorverträgen für A- und E-Weizen nicht mit den aktuellen, mageren Prämien auf die Kurse für B-Weizen abspeisen. In solchen Fällen sollten Sie abwarten und den Markt im Auge behalten. Falls wetterbedingte Qualitätsminderungen drohen, werden die Händler nachbessern.
  • Beim Roggen haben viele Erfasser zuletzt ihre Offerten deutlich gesenkt. Es gibt aber noch Standorte, wo 150 €/t und mehr geboten werden. Das ist ein Niveau, ab dem zumindest der Vorverkauf von Teilmengen attraktiv wird, wenn man seinen Roggen direkt nach dem Drusch vermarkten wird.
  • Die Preise für neuerntige Futtergerste sollten maximal 10 bis 15 €/t unter den Weizenpreisen liegen und auch nicht nennenswert unter den aktuellen Gerstennotierungen. Falls doch, sollten Sie mit Vorverträgen noch warten, aber den Markt im Auge behalten.
  • Auch Erzeuger von Braugerste brauchen jetzt gute Nerven. Falls wirklich mehr Sommerungen angebaut werden, kommt mehr Sommergerste auf den Markt. Das könnte die Prämien auf normale Gerste schmälern. Voraussetzung ist allerdings, dass das Wetter mitspielt, die Braufähigkeit also passt.


aufs Kleingedruckte achten!


Denken Sie daran: Vorkontrakte schützen vor unliebsamen Preisentwicklungen, also vor Mindereinnahmen. Falls das Wetter aber nicht mitspielt und Sie die vereinbarten Mengen oder Qualitäten schuldig bleiben, können fixe Vereinbarungen zu einem regelrechten Bumerang werden. Das haben die letzten Dürrejahre leider bewiesen. Landwirte konnten ihre Verträge in einigen Regionen nicht bzw. nur teilweise erfüllen. Händler forderten Ersatz bzw. finanziellen Ausgleich und das in vielen Fällen mit Erfolg, denn das Argument „Höhere Gewalt“ zieht kaum noch.


Deshalb einige grundlegende Tipps:


  • Verkaufen Sie maximal 33 bis 50% Ihrer Ernte vor. Das schützt Sie im Fall der Fälle vor der Pflicht, teuren Ersatz beschaffen zu müssen.
  • Achten Sie darauf, dass Ihr Gegenüber es bei den Qualitätsparametern nicht übertreibt, also z.B. Brotweizen bezahlt aber A-Weizen fordert.
  • Definieren Sie – hier sind auch Verbände und Erzeugerorganisationen gefordert – wirklich gerichtsfeste Ausstiegsklauseln oder Regelungen für den Fall, dass Lieferverträge wegen widriger Witterung nicht voll erfüllt werden können.
  • Achten Sie auch auf Kleinigkeiten, wie die Qualitätsbestimmung nach der Aspiration und kurze Zahlungsziele.


Lassen Sie sich zudem nicht davon abschrecken wenn Ihr Handelspartner jetzt mauert, sondern sprechen Sie ruhig auch mal mit anderen potenziellen Abnehmern. Und bleiben Sie in puncto Vorkontrakte auf jeden Fall am Ball. Das gilt besonders, wenn Sie mangels Lagerraum oder aus Liquiditätsgründen auf jeden Fall einen Teil oder die gesamte Ernte direkt nach dem Drusch verkaufen werden. Bei halbwegs normalen Erntebedingungen, -qualitäten und -mengen droht dann im Tagesgeschäft Preisdruck, gegen den Sie sich absichern sollten.


joerg.mennerich@topagrar.com

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