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Heimischer Tabak für Wasserpfeifen und Co.

Lesezeit: 4 Minuten

Seit dem Ende der Tabak-Marktordnung ist die Erzeugung in Deutschland eingebrochen. Einige Landwirte halten aber mit neuen Sorten am Anbau fest und haben neue Absatzwege erschlossen.


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Das Brechen der Blattstängel ist zu hören, bevor die Erntehelfer überhaupt zu sehen sind. Wenn sie mit gekonntem Griff die großen Blätter von den fast zwei Meter hohen Tabakpflanzen abbrechen, entsteht das typische Knackgeräusch. „Deshalb spricht man auch von Tabak brechen und nicht pflücken“, erklärt Ackerbauer Matthias Detzel aus Herxheim in der Südpfalz. Der 37-jährige Landwirt baut neben Getreide und Kartoffeln auf rund 25 ha Tabak an. Zum Betriebszweig gehören neben den Flächen ein Folientunnel für die Jungpflanzen, eine Trocknung und eine Sortier- und Verpackungsanlage in der Maschinenhalle. Detzel erntet, trocknet, sortiert und vermarktet seinen Tabak in Eigenregie.


Freier Markt ohne Subvention


Früher war der Tabakanbau für kleinere Betriebe eine lohnende Einkommensquelle: arbeitsintensiv, aber hohe Hektarerlöse. Obwohl in der Region seit 400 Jahren Tabak angebaut wird, sind mit dem Ende der Marktordnung die meisten Anbauer ausgestiegen. „Seit dem Ende im Jahr 2010 hat sich die Zahl der Anbauer halbiert. Heute sind wir mit dem Tabak in einem freien, ungeschützten und nicht subventionierten Markt unterwegs“, erläutert Detzel.


Derzeit produzieren noch rund 35 Landwirte in der Südpfalz jährlich zwischen 1200 und 1300 t Tabak. Vor allem milde, helle Tabaksorten wie „Virgin“ oder „Burley“ sind inzwischen gefragt, anders als früher, als typische dunkle deutsche Tabaksorten wie z.B. „Geudertheimer“ u.a. für Zigarren oder Zigarettenhersteller wie „Roth-Händle“ angesagt waren.


Detzels Tabak wird nur noch zum kleinen Teil für Zigaretten verwendet. 75 bis 80% der Erntemengen aus der Region dienen inzwischen als Rohstoff für Wasserpfeifentabak. „Laut der Abnehmer ist unser Tabak besonders gut dafür geeignet“, bestätigt auch Jörg Martin Bähr von der Erzeugerorganisation Südwest-Tabak w.V. Die EZO berät die Landwirte, organisiert die Vermarktung und betreibt sogar eine eigene Zuchtstation.


Viel Handarbeit…


Bis der Tabak aus der Südpfalz aber in Wasserpfeifen und Shishabars dampft, ist jede Menge Handarbeit nötig. Ab März sät Landwirt Detzel den frostempfindlichen Tabak im Folientunnel aus. Erst Anfang Mai werden die vorgezogenen Jungpflanzen ins Freiland gepflanzt. Viermal werden die Pflanzen „gestaucht“, d.h. gekürzt, damit sich ein dickerer, standfester Stängel ausbildet.


Obwohl die Pflanzen bis zur Ernte fast zwei Meter groß werden und viel Blattmasse bilden, hält sich der Düngerbedarf in Grenzen: „Tabak bekommt höchsten 20 kg/ha Stickstoff, mehr würde sich negativ auf das Aroma und die Farbe auswirken“, erklärt Detzel. Die großen Blätter sind je nach Sorte mehr oder weniger anfällig für Falschen Mehltau und Alternaria-Pilze. Da Tabak ein Nachtschattengewächs ist, helfen dagegen aber Mittel, die auch in Kartoffeln eingesetzt werden. Gegen Insektenbefall schützt sich Tabak dagegen selbst: Die Pflanze bildet das Nikotin und Tabaköle als Schutz an den Blattunterseiten. Diese sind dadurch klebrig und widerstandsfähig gegen Blattläuse und Co.


Zur Ernte ab Anfang Juli beginnt dann wieder die Handarbeit: Rund ein dutzend Erntehelfer brechen die reifen Blätter einzeln vom Stängel ab, legen diese aufeinander und reichen die Stapel auf einen Anhänger. Dort werden die Blätterstapel zwischen zwei Metallstangen eingeklemmt und dann in einen großen Rahmen eingehängt. Diese passen genau in den Trocknungscontainer.


Die getrockneten Blätter werden dann wiederum per Hand aus den Rahmen genommen, auf einem Sortierband nach Qualität sortiert und in große Pappkartons verpackt. Da die Blätter zu unterschiedlichen Zeiten die optimale Reife haben, müssen die Erntehelfer bis Ende September vier bis fünf Mal durch die Bestände.


…gute Erlöse, hohe Kosten


Insgesamt erntet Detzel 25 bis 30 dt trockenen Tabak pro Hektar. Im Verkauf erlösen die Tabakanbauer der Erzeugergemeinschaft im Schnitt zwischen 385 und 445 €/dt (o. Mwst.). Der Landwirt ordnet die Zahlen ein: „Dem Erlös stehen hohe Kosten von durchschnittlich mehr als 8000 €/ha gegenüber, etwa die Hälfte davon entfällt auf die rund 400 Arbeitsstunden je Hektar. Nicht zu vergessen sind die Trocknungskosten“, erklärt er. Trotzdem lohnt sich der Anbau für Detzel: Verglichen mit Rüben, Kartoffeln oder Getreide ist der Tabak die ertragsstärkste Frucht pro Hektar in seinem Betrieb. „Das Ertrags- und Qualitätsrisiko darf man aber nicht unterschätzen. Innerhalb der Erzeugerorganisation gibt es große Unterschiede“, relativiert er.


Der Tabak aus deutschem Anbau ist gefragt. „Der Markt hätte durchaus noch Platz für mehr Fläche und Anbauer“, ist sich Jörg Martin Bähr von der EZO sicher. Neuester Trend und immer öfter nachgefragt ist Biotabak. „Die Qualitäten unter Biostandards zu erzeugen, ist aber eine Herausforderung“, weiß Landwirt Detzel.


christian.brueggemann@topagrar.com

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