„Im Kriegsfall würden die Weizenpreise deutlich steigen“
Lesezeit: 3 Minuten
Der Ukrainekonflikt hält die Märkte in Atem. Wir haben einen ukrainischen Agrarhändler gefragt, wie er die Lage einschätzt.
Die Welt schaut mit bangen Blicken auf den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Welche Auswirkungen haben die Spannungen zwischen den beiden Nationen schon jetzt auf die Agrarmärkte?
Olivier Bouillet: Der Preisanstieg auf den globalen Getreidemärkten, den wir im Januar beobachtet haben, war natürlich hauptsächlich auf die aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine zurückzuführen. Die Marktteilnehmer haben eine Risikoprämie verlangt. Das war aber nur ein kurzzeitiger Effekt. Aktuell pendeln die Preise wieder etwas zurück.
Was erwarten Sie auf den Agrarmärkten, wenn der Konflikt eskaliert?
Bouillet: Die Hauptbedrohung besteht in der Tat darin, dass im Falle militärischer Angriffe die Ukraineexporte unterbrochen würden. Ein Blick zurück hilft vielleicht: Als im Frühjahr 2014 Russland die Krim annektierte und im Donbass (Regionen Donezk und Luhansk) militärisch aktiv war, stiegen die Weizenpreise um etwa 20 Dollar pro Tonne an.
Russland und die Ukraine sind wichtige Weizenlieferanten für den Weltmarkt. Es wird erwartet, dass die Ukraine in dieser Saison deutlich mehr exportieren wird als im vergangenen Jahr. Sind diese Exportziele unter den aktuellen Bedingungen überhaupt erreichbar?
Bouillet: Grundsätzlich bleibt das Ziel erreichbar. Die Ukraine hat 2021 Rekorderträge beim Weizen von 4,5 t je ha im Schnitt eingefahren. Das sind 10% mehr als der bisherige Rekord. Die Vorräte der Ukraine sind so üppig, dass in diesem Jahr auch ein neuer Rekord beim Weizenexport möglich ist. Rekordverdächtig ist das Exportpotenzial übrigens auch beim Mais.
Schauen wir auf die nächste Ernte. Sind die Bestände bisher gut durch den Winter gekommen? Wie ist der Zustand der Getreide- und Rapsfelder in der Schwarzmeerregion?
Bouillet: Bisher sind die Witterungsbedingungen insgesamt gut. Die wichtigen Anbaugebiete sind derzeit in der Ruhephase und weitgehend durch Schnee geschützt. Vor allem der Raps sieht gut aus. Was den Weizen betrifft, muss man unterscheiden. Der frühgesäte Weizen, beispielsweise nach Raps, sieht ebenfalls sehr gut aus. Etwas kritischer sieht der Weizen aus, der nach Sonnenblumen gesät wurde. Die Sonnenblumenernte hat sich 2021 aufgrund der nassen Bedingungen und der hohen Erträge stark verzögert, sodass später als üblich gedrillt wurde. Das sieht man diesen Beständen an.
Wie gehen die Bauern in Osteuropa mit den gestiegenen Düngemittel- und Strompreisen um?
Bouillet: Dieses Problem haben alle Landwirte weltweit. Unsere lokalen Preise sind genauso gestiegen wie in der EU. Dünger ist auch bei uns nur eingeschränkt verfügbar, für unseren Betrieb wurden aber alle bestellten Mengen geliefert. Die Landwirte werden sich in dieser Saison genau überlegen, wie viel Stickstoff sie ausbringen. Wie viel das sein wird, entscheidet sich aber erst im Frühjahr. Erst dann können wir erkennen, welches Ertragspotenzial die Getreide- und Rapsbestände haben.
Ihr Kontakt zur Redaktion: andreas.beckhove@topagrar.com
Hinweis:
Bitte aktivieren Sie Javascipt in Ihrem Browser, um diese Seite optimal nutzen zu können
Zum Lesen dieses Artikels benötigen Sie ein top agrar Abonnement
Der Ukrainekonflikt hält die Märkte in Atem. Wir haben einen ukrainischen Agrarhändler gefragt, wie er die Lage einschätzt.
Die Welt schaut mit bangen Blicken auf den Konflikt zwischen der Ukraine und Russland. Welche Auswirkungen haben die Spannungen zwischen den beiden Nationen schon jetzt auf die Agrarmärkte?
Olivier Bouillet: Der Preisanstieg auf den globalen Getreidemärkten, den wir im Januar beobachtet haben, war natürlich hauptsächlich auf die aktuellen Spannungen zwischen Russland und der Ukraine zurückzuführen. Die Marktteilnehmer haben eine Risikoprämie verlangt. Das war aber nur ein kurzzeitiger Effekt. Aktuell pendeln die Preise wieder etwas zurück.
Was erwarten Sie auf den Agrarmärkten, wenn der Konflikt eskaliert?
Bouillet: Die Hauptbedrohung besteht in der Tat darin, dass im Falle militärischer Angriffe die Ukraineexporte unterbrochen würden. Ein Blick zurück hilft vielleicht: Als im Frühjahr 2014 Russland die Krim annektierte und im Donbass (Regionen Donezk und Luhansk) militärisch aktiv war, stiegen die Weizenpreise um etwa 20 Dollar pro Tonne an.
Russland und die Ukraine sind wichtige Weizenlieferanten für den Weltmarkt. Es wird erwartet, dass die Ukraine in dieser Saison deutlich mehr exportieren wird als im vergangenen Jahr. Sind diese Exportziele unter den aktuellen Bedingungen überhaupt erreichbar?
Bouillet: Grundsätzlich bleibt das Ziel erreichbar. Die Ukraine hat 2021 Rekorderträge beim Weizen von 4,5 t je ha im Schnitt eingefahren. Das sind 10% mehr als der bisherige Rekord. Die Vorräte der Ukraine sind so üppig, dass in diesem Jahr auch ein neuer Rekord beim Weizenexport möglich ist. Rekordverdächtig ist das Exportpotenzial übrigens auch beim Mais.
Schauen wir auf die nächste Ernte. Sind die Bestände bisher gut durch den Winter gekommen? Wie ist der Zustand der Getreide- und Rapsfelder in der Schwarzmeerregion?
Bouillet: Bisher sind die Witterungsbedingungen insgesamt gut. Die wichtigen Anbaugebiete sind derzeit in der Ruhephase und weitgehend durch Schnee geschützt. Vor allem der Raps sieht gut aus. Was den Weizen betrifft, muss man unterscheiden. Der frühgesäte Weizen, beispielsweise nach Raps, sieht ebenfalls sehr gut aus. Etwas kritischer sieht der Weizen aus, der nach Sonnenblumen gesät wurde. Die Sonnenblumenernte hat sich 2021 aufgrund der nassen Bedingungen und der hohen Erträge stark verzögert, sodass später als üblich gedrillt wurde. Das sieht man diesen Beständen an.
Wie gehen die Bauern in Osteuropa mit den gestiegenen Düngemittel- und Strompreisen um?
Bouillet: Dieses Problem haben alle Landwirte weltweit. Unsere lokalen Preise sind genauso gestiegen wie in der EU. Dünger ist auch bei uns nur eingeschränkt verfügbar, für unseren Betrieb wurden aber alle bestellten Mengen geliefert. Die Landwirte werden sich in dieser Saison genau überlegen, wie viel Stickstoff sie ausbringen. Wie viel das sein wird, entscheidet sich aber erst im Frühjahr. Erst dann können wir erkennen, welches Ertragspotenzial die Getreide- und Rapsbestände haben.
Ihr Kontakt zur Redaktion: andreas.beckhove@topagrar.com