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Kalbfleisch: Nische mit Rückenwind

Lesezeit: 4 Minuten

Kalbfleisch kommt in Deutschland wieder öfter auf den Teller. Die Erzeugung hinkt aber noch hinterher, weiß Theresa Große Hellmann von der Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch (KDK), Münster.


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Kalbfleisch ist in Deutschland wieder „in“. Allein 2017 aßen die Deutschen zehn Prozent mehr Rind- und Kalbfleisch als im Jahr davor. Inzwischen beträgt der Verzehr rund 10 kg pro Person und Jahr. Als Gründe nennt die AMI steigenden Wohlstand, den Wunsch nach gesunder Ernährung und das verbesserte Image. Letzteres gilt nach einer längeren Durststrecke besonders für Kalbfleisch, das in der Beliebtheit wieder spürbar zulegt.


Nur 50% Selbstversorgung:

Aus landwirtschaftlicher Sicht ist die Kälbermast in den deutschen Milchviehregionen seit Langem ein wichtiger Absatzmarkt für schwarzbunte Bullenkälber. Der größte Teil der bei uns geborenen HF-Bullenkälber geht allerdings zur Mast in die Niederlande: 2017 waren es rund 550000 Tiere von deutschen Milchviehbetrieben – rund 25 % der in Deutschland geborenen HF-Kälber.


In Holland werden insgesamt knapp 1,4 Mio. Mastkälber jährlich geschlachtet. Weitere bedeutende Kalbfleischerzeuger sind Frankreich mit 1,2 Mio. Schlachtungen, Italien mit 630000 sowie Belgien mit 370000 Schlachtungen.


Hierzulande beliefen sich die Kälberschlachtungen im vergangenen Jahr auf etwa 330000 Tiere. Die Kalbfleischerzeugung teilt sich in etwa 70 Prozent helles Kalbfleisch und 30 Prozent Rosé-Kalbfleisch auf. Deutschlands Selbstversorgungsgrad bei Kalbfleisch liegt aktuell nur etwa bei 50 Prozent.


Vermarktungs-Offensive:

Die „Kontrollgemeinschaft Deutsches Kalbfleisch“ (KDK) will diesen Anteil weiter erhöhen: „Ob das Kalbfleisch aus Deutschland kommt, sollte jeder Kunde wissen“, meint KDK-Geschäftsführer Dr. Bernhard Schlindwein. Nach den Kälbermastskandalen vor mehr als 25 Jahren will die KDK deutsches Kalbfleisch weiter nach vorne bringen. Die Eckpunkte der Offensive:


  • Transparenz: 5 x „D“ (geboren, gemästet, geschlachtet, zerlegt und verarbeitet in Deutschland)
  • Tierwohl
  • Lebensmittelsicherheit und Genuss


„Deutschland gehört zwar nicht zu den größten Kalbfleischvermarktern, aber dafür zu den Besten“, erklärt Schlindwein. Nirgendwo seien die Rahmenbedingungen für die Kälbermast so streng kontrolliert wie in Deutschland (s. Kasten).


Die Wertschöpfungskette „Kalbfleisch“ stellt sich folgendermaßen dar:


  • In Deutschland sind drei Schlacht- und Zerlegebetriebe – Bahlmann in Lindern, Brüninghoff in Bocholt und Westfleisch in Hamm – auf die Vermarktung von Kalbfleisch spezialisiert. Diese Unternehmen arbeiten ausschließlich mit Tieren und Fleisch aus KDK-Mitgliedsbetrieben. Daneben gibt es noch einige kleinere Betriebe, die Kalbfleisch in der Metzgertheke anbieten, überwiegend in Süddeutschland.
  • Abnehmer sind mit jeweils 25 Prozent der Lebensmitteleinzelhandel und die weiterverarbeitenden Betriebe (Wursthersteller, Dönerproduzenten, Convenience-Produkte). Die andere Hälfte geht an den Großhandel und das Fleischerhandwerk.


Eine Besonderheit beim Kalbfleisch ist die hohe Wertschöpfung. Vom Kalbsschlachtkörper können nahezu 100 Prozent verwertet werden. Neben den zarten Fleischteilen gelten auch die Innereien als Delikatesse und Teile wie der Bauchlappen erfreuen sich als Dönerfleisch großer Beliebtheit. Die Felle dienen zur Fertigung von Leder.


Integration oder „freie Mast“?

Der Absatz von Kalbfleisch aus heimischer Erzeugung wäre ausbaufähig. Ein Einstieg oder Ausbau bestehender Kapazitäten muss aber immer betriebsindividuell geprüft werden. Häufig steigen flächenarme Betriebe in den Veredlungsregionen neu ein.


In die Kälbermast als „freier Mäster“ einzusteigen, ist jederzeit möglich. Die Westfleisch als Abnehmer arbeitet ausschließlich mit freien Mästern zusammen, die QS-zertifiziert und KDK-Mitglied sind. Es gibt aber auch freie Mäster, die ihre Kälber an die beiden genannten, privaten Vermarkter liefern.


Viele Kälbermäster entscheiden sich hingegen für eine vertraglich gebundene Zusammenarbeit mit einem so genannten Integrator, wie zum Beispiel die Vermarkter Bahlmann und Brüninghoff und das Futtermittelunternehmen Denkavit.


Bei diesen Integrationen besteht vertraglich geregeltes Verhältnis zwischen Landwirt und Unternehmen. Letztere liefern das „Know-how“ und bieten in der Regel die produktionstechnische Beratung. Sie kümmern sich um den Kälbereinkauf und das Futter für die Tiere. Sie bestimmen auch den Vermarktungszeitpunkt und haben Verfügungsgewalt.


Die Gebäude und die Arbeitskraft werden durch die Landwirte gestellt. Der Lohnmäster überträgt das Marktrisiko dem Integrator und erhält ein fixes Entgelt für jedes schlachtreife Kalb. Diese Organisationsform bietet zwar eine hohe Sicherheit und Planbarkeit, das eigenständige unternehmerische Handeln wird aber an den Integrator abgegeben.


Die Kälbermast kommt nur für Betriebsleiter infrage, die über ein „gutes Händchen“ und ein „geschultes Auge“ im Umgang mit Jungtieren verfügen. Ein notwendiges Familieneinkommen, das sich überwiegend aus der Kälbermast speist, verlangt einen Bestand von etwa 500 bis 1000 Tieren. Die direktkostenfreien Leistungen liegen im Mittel der Jahre bei rund 50 € je Kalb.


Kontakt: christian.brueggemann@topagrar.com

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