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Lohnende Landeier?

Lesezeit: 5 Minuten

Keine Haltungsform steht so sehr für „Eier von glücklichen Hühnern“ wie die Mobilställe. Die Nachfrage nach diesen Eiern ist ungebrochen. Lohnt sich das auch für die Erzeuger?


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Familie Hartmann aus Brandau in Hessen hält rund 1500 Legehennen in fünf Mobilställen. Die Eier vermarktet die Familie über den eigenen Dorfladen, eine Eierklappe und den örtlichen Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Die Produkte stehen für Regionalität und tiergerechte Haltung und immer mehr Verbraucher entscheiden sich bewusst für Lebensmittel aus solchen Haltungsformen. Für weiteren Zulauf sorgen Skandale wie der Fipronilfall im Spätsommer des Jahres 2017. Auch Familie Hartmann stellt seit ein paar Monaten eine erhöhte Nachfrage nach ihren Eiern fest.


Mobilstall als Lösung:

Die Eierproduktion in mobilen Stallsystemen ist das Hauptstandbein ihres landwirtschaftlichen Betriebes. Angefangen mit 100 Legehennen, überstieg die Nachfrage schnell das Angebot. Durch die Lage des Betriebes im Ortskern war jedoch eine größere Tierhaltung in vorhandenen Gebäuden ausgeschlossen. 2013 wurde Dennis Hartmann auf einen Anbieter von Mobilställen aufmerksam. Für ihn ein schlüssiges Konzept: fahrbare Hühnerställe, in denen die Hennen mitten auf grünen Wiesen rund um Brandau leben und Eier produzieren können. Im November 2013 traf das erste Hühnermobil für 250 Legehennen ein. Familie Hartmann warb mit dem besonders umweltschonenden und tiergerechten System. Das Konzept kam bei den Kunden an. Nur elf Monate später musste das zweite Mobil angeschafft werden, die Hennenzahl verdoppelte sich. Weitere Mobile folgten mit steigendem Eierbedarf. Seit September 2017 steht der fünfte Mobilstall und nun legen rund 1500 Hennen in Brandau ihre Eier.


Hohe Kapitalkosten:

Fällt das Wort „mobil“, denkt man gleich an klein, leicht, günstig. Doch Mobilställe sind nicht unbedingt günstiger als feste Gebäude. Allein in die fünf Mobilställe hat Familie Hartmann knapp 195000 € investiert (Übers. 1). Hinzu kommen Maschinen und Geräte, die für den wöchentlichen Versatz der Mobilställe und die Pflege der Weideflächen angeschafft werden mussten. Die Abschreibung für einen Mobilstall beträgt zwölf Jahre. Auch die übrigen Investitionen werden über den gleichen Zeitraum abgeschrieben. Pro Jahr ergeben sich daraus allein Aufwendungen für die Abschreibungen von 21723 €. Zusammen mit den Instandhaltungskosten und dem Zinsansatz belaufen sich die Kapitalkosten auf knapp 30300 €/Jahr. Zusammen mit den weiteren festen Kosten, z.B. für Werbung, Buchführung oder Versicherungen, ergeben sich jährliche feste Kosten von 36507 € (Übers. 2).


Erlöse und Kosten: Die Mobilställe bieten Platz für 1510 Hennen. Habicht, Fuchs & Co. sorgen für Tierverluste von rund 10% pro Jahr (Übers. 4). Aus den Tierzahlen und den eingerechneten Verlusten ergibt sich eine jährliche Menge an vermarktungsfähigen Eiern von knapp 375000 Stück. Sie gelangen als „Güteklasse A“, sortiert nach verschiedenen Gewichtsklassen, in den Handel.


Aus der Mischkalkulation der Lebensmitteleinzelhandel- und Hofladenware ergibt sich ein durchschnittlicher Eierpreis von 0,30 € pro Stück netto. Dieser Preis wird in der Region von den Kunden akzeptiert. Zusammen mit den Erlösen für die Althennen liegt die Marktleistung pro Jahr dann bei 115264 €.


Dem stehen jährliche variable Kosten in Höhe von rund 41000 € gegenüber. Größter Kostenblock ist dabei das Futter mit rund 18000 €/Jahr. Ebenfalls ein Kostenfaktor: Der Austausch der Legehennen. Hartmanns halten ihre Hühner durchschnittlich 13 Monate. Aus dem Einkaufspreis von 7,23 €/Tier resultieren umgerechnet auf das Jahr 6,65 € pro Henne bzw. gut 10000 €/Jahr. Nach Abzug der variablen Kosten bleibt ein Deckungsbeitrag von 74465 €. Der Gewinn ergibt sich aus den Erlösen minus der festen und variablen Kosten und beläuft sich auf 37958 € (Übers. 3). Aus dem Gewinn werden die familieneigenen Arbeitskräfte entlohnt.


Arbeitszeitbedarf:

Die Erzeugung und -vermarktung von Eiern aus fünf Mobilställen ist sehr arbeitsaufwendig. Das Ehepaar Hartmann ist sieben Tage die Woche von früh bis spät im Einsatz. Mitarbeiter beschäftigen sie nicht. Der Landwirt kommt auf eine wöchentliche Arbeitszeit von 78 Stunden – wenn alles glatt geht (Übers. 3). In der Tierhaltung geht aber selten alles glatt: Tiere büxen aus und müssen eingefangen werden, die Junghennen „verlegen“ ihre Eier im Stall statt im Nest, sodass sie mühsam eingesammelt werden müssen usw. In der Kalkulation sind diese Stunden jedoch nicht berücksichtigt. Für die Entlohnung der Familienarbeitszeit kommen 78 Akh x 52 Wochen = 4056 Akh pro Jahr zum Ansatz. Unterm Strich steht ein Stundenlohn von 9,35 € pro Akh für Katja und Dennis Hartmann.


Trotz des Booms ist die Haltung im Mobilstall betriebswirtschaftlich kein Selbstläufer. 9,35 € pro Arbeitskraftstunde – das liegt nur knapp über dem Mindestlohn. Dennoch ist das Ehepaar Hartmann damit nicht unzufrieden und steht zu seinen Zahlen: „Das sind realistische Werte und wir halten nichts davon, bei der Arbeitszeit zu ‚tricksen‘, um die Erlöse schönzurechnen“, betont Dennis Hartmann.


Er kann die Zahlen gut begründen. Die Legehennenhaltung ist in kleinen Schritten gewachsen. Deshalb wirtschaften Hartmanns mit fünf kleineren Hühnermobilen, was in Summe mehr Arbeit bedeutet als bspw. zwei große mobile Ställe, in denen mehr automatisiert ist. Doch stattdessen drei kleinere Ställe zugunsten eines großen Stalls abzustoßen, ist für Dennis Hartmann im Moment keine Option. Keiner seiner Mobilställe ist älter als fünf Jahre. Fraglich, ob er bei einem Verkauf den tatsächlichen Wert dafür bekommt. Auf der anderen Seite ist für einen großen Mobilstall schnell eine sechsstellige Investitionssumme fällig. Und schließlich wäre er mit den großen Ställen nicht mehr so flexibel, was die Umsetzung an einen anderen Standort angeht.


Viel Zeit fließt zudem in die individuelle Kundenbetreuung im Hofladen und der Lebensmitteleinzelhändler. Im Moment sind Eier aus dem Mobilstall gefragt, doch das kann sich auch wieder abschwächen. „Der enge Draht sichert uns den Absatz. Schließlich müssen wir täglich mehr als 1000 Eier verkaufen“, so Dennis Hartmann. Die Betriebsleiter denken langfristig: „Wir sind ein junger Betrieb und bauen uns hier etwas auf.“


Der Originalbeitrag ist in der Hofdirekt erschienen (Ausgabe 2/2018)


Jutta van der Linde, LWK NRW


Jutta van der Linde, LWK NRW


Kontakt: diethard.rolink@topagrar.com

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