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Regionale Produkte: In die Ecke oder Kundenmagnet?

Lesezeit: 8 Minuten

Wie präsentieren Lebensmittelhändler regionale Produkte und welchen Stellenwert haben diese in den Läden? Das hat die FH Südwestfalen in einer Studie untersucht.


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Verbraucher fragen immer mehr regionale Lebensmittel nach. Das hat der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) erkannt. Auch die beiden Marktführer Rewe und Edeka bauen ihr Sortiment seit einigen Jahren mit regionalen Produkten aus. Viele Produzenten folgen diesem Trend und vermarkten betriebseigene Erzeugnisse vermehrt im regionalen LEH.


In ihrer Bachelorarbeit hat Kordula Klüsener den Stellenwert regionaler Produkte im Vollsortiment-LEH im Mai/Juni 2019 unter die Lupe genommen. Dazu wählte die Studentin in den Regierungsbezirken Münster, Detmold und Arnsberg je sieben Märkte der beiden Nahversorger Edeka und Rewe zufällig aus, 42 Märkte insgesamt.


Zur Datenerhebung wurde jeder Markt persönlich besucht und vor Ort ein standardisierter Bewertungsbogen auf einem Smartphone ausgefüllt. Klüsener bewertete die allgemeine regionale Ausrichtung der einzelnen Märkte, dafür wurden die folgenden Aspekte dokumentiert:


  • Werbung für Regionalität
  • Verfügbarkeit von Regionalecken
  • Anzahl regionaler Produkte je Markt
  • Warenpräsentation
  • Warenplatzierung
  • Preisgestaltung
  • Produktwerbung


Bei der Auswertung unterschied die Wissenschaftlerin zudem, ob die Märkte eher ländlich oder städtisch lagen. Beispiele für ländliche Orte in Westfalen sind u.a. Brakel, Paderborn und Beckum. Städtisch geprägt sind Bochum, Münster und Extertal.


Rewe regionaler aufgestellt


Zunächst wurde beobachtet, inwieweit Regionalität in den einzelnen Märkten Einzug erhalten hat. Das erste Merkmal hierfür waren die Regionalecken. Diese fand Klüsener in elf der 42 Märkte, zehn davon gehörten zum Rewe-Konzern und lagen meist in städtischen Gegenden.


Ein weiteres Merkmal war die Anzahl insgesamt angebotener regionaler Produkte, wie beispielsweise Nudeln, Eingelegtes, Wurstwaren, Liköre oder Konfitüre. Hier konnte ein ähnliches Bild wie bei den Regionalecken beobachtet werden. Die höchste Angebotsdichte herrscht ebenfalls in stadtnahen Gebieten.


Darüber hinaus kamen weitere Unterschiede zwischen den untersuchten Gebieten heraus: Die regionale Sortiments- und Produktvielfalt ist in städtischen Gegenden höher. In städtisch geprägten Orten werden mehr als doppelt so viele Produkte wie in den ländlichen Kommunen angeboten. Die Nahversorger in städtischen Gebieten erwarten offensichtlich höhere Verkaufserfolge und Zahlungsbereitschaft der Konsumenten. Das kleinere Angebot regionaler Produkte in ländlichen Kommunen könnte an der dort höheren Hofladendichte liegen.


Weitere Unterschiede der regionalen Ausrichtung der Märkte gibt es bei der Werbung. Sie ist in Stadtnähe deutlich ausgeprägter als in ländlichen Gegenden. Außerdem gehörte der größte Anteil der Märkte, die regionale Produkte explizit und gesondert bewerben, ebenfalls zur Rewe-Gruppe.


Die Ergebnisse zeigen deutlich: Die untersuchten Lebensmitteleinzelhändler Edeka und Rewe unterscheiden sich hinsichtlich des Produktportfolios regional erzeugter Produkte. Im direkten Vergleich in Westfalen hat der Rewe-Konzern die Nase vorn und bietet mehr als doppelt so viel regionale Waren an wie der Konkurrent Edeka. Darüber hinaus hat die Werbung für Regionalität bei Rewe ebenfalls einen höheren Stellenwert. Durch die gelbe Beschilderung hat Rewe für Regionalität ein Corporate Design entwickelt, das einen hohen Wiedererkennungswert besitzt.


Kartoffeln, Eier und Saisongemüse im Fokus


Wie die Lebensmittelhändler regionale Erzeugnisse in ihren Läden präsentieren, bewerben und bepreisen, wurde im zweiten Teil der Arbeit untersucht. Dabei standen vor allem Kartoffeln, Eier und die Saisonprodukte Erdbeeren und Spargel im Fokus. Diese Erzeugnisse sind besonders häufig regional verfügbar. So waren Kartoffeln in gut zwei Dritteln der untersuchten Märkten aus regionaler Produktion verfügbar. Auch hier standen in städtischen Orten weitaus mehr regionale Kartoffeln zur Verfügung als in ländlichen Kommunen. Genauer untersucht wurde die Kartoffelverpackung. Denn das Thema „Nachhaltigkeit“ definiert sich unter anderem auch durch eine möglichst umweltschonende Verpackung. Die Kartoffeln waren meist im Netz verpackt, weniger in Papiertüten. Der Edeka-Markt in der ländlichen Gemeinde Mettingen bot die Kartoffeln sogar in kompostierbaren Papiertüten an. Kartons, Plastiktüten und lose Ware spielten keine Rolle.


Regionale Eier wurden als einziges Produkt in allen 42 Märkten gefunden. Das Eierregal bei Rewe ist durchschnittlich zu 40% mit regional produzierten Eiern bestückt, bei Edeka sind es durchschnittlich nur 30%. Die Freilandhaltung spielte die größte Rolle. Eier aus dieser Haltungsform waren in städtisch geprägten Kommunen weitaus häufiger vertreten als in ländlichen Gebieten. Weiterhin konnten Eier aus Bodenhaltung und aus Ökohaltung erworben werden. Die meisten Anbieter für Eier aus Boden- und Ökohaltung fanden sich in stadtnahen Gebieten.


Etwas anders sieht die Situation bei frischen Saisonprodukten aus: Regionaler Spargel wurde in insgesamt 16 der 42 Märkten gefunden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass er sich zum Stichprobenzeitpunkt bereits im Saisonhöhepunkt befand. In städtisch geprägten Gebieten war das Stangengemüse nur bei sechs Nahversorgern verfügbar. Auf dem Land gab es Spargel in zehn Märkten. Edeka hatte dabei den größeren Anteil als Rewe. Die Verfügbarkeit regionaler Erdbeeren beschränkte sich auf insgesamt zwölf Märkte, jeweils sechs in der Stadt und auf dem Land. Auch zwischen Edeka und Rewe teilte sich das Angebot gleichmäßig auf. Allerdings befanden sie sich zum Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht in der Vollsaison. Bei Frischprodukten wie Erdbeeren und Spargel setzen die ländlichen Händler stärker auf regionale Produkte als ihre städtischen Mitbewerber – möglicherweise aufgrund der spezifischeren Logistik.


Eine untergeordnete Rolle spielten Äpfel aus lokalem Anbau. Diese waren nur in neun Märkten verfügbar. Das ist auf die eher ungünstigen Anbaubedingungen für Obst in Westfalen zurückzuführen. Auch das Angebot regional erzeugter Milch war insgesamt klein. Es standen lediglich zwei Milchtankstellen im Edeka-Markt Rietberg und im Rewe-Markt Salzkotten zur Verfügung. Nachdem der „Boom“ der Milchtankstellen der letzten Jahre nahezu verflogen ist, steigt heute die Vermarktung als Flaschenware.


Günstiger auf dem Land…


Hinsichtlich der Preise zeigt sich eine klare Tendenz zwischen Stadt und Land: 1 kg Kartoffeln kostete auf dem Land durchschnittlich 0,99 €, in städtischen Gebieten war der Preis bei durchschnittlich 1,27 € angesetzt. Der regionale Spargel wurde in ländlichen Gebieten mit 7,86 € über einen Euro günstiger angeboten als in städtischen Kommunen mit 8,78 €. Erdbeeren aus der Region konnten mit 6,22 € in ländlichen Gegenden am günstigsten erworben werden. Demgegenüber steht der Preis „in der Stadt“ von 6,36 €.


Einzig die Preise der regionalen Eier zeigten sich nach den jeweiligen Haltungsverfahren einheitlich zwischen städtisch und ländlich. Aus Bodenhaltung lagen sie in sehr ländlichen Gegenden bei 0,23 € pro Stück und in stadtnahen Orten bei 0,24 €. Die Preise von Eiern aus Freilandhaltung wurden in stadtnahen Gebieten mit 0,31 € pro Stück und in ländlichen Gebieten mit 0,27 € angesetzt.


Allgemein gilt für die Preisunterschiede zwischen städtischen und ländlichen Gebieten: Die deutlichen Preisunterschiede hängen zunächst mit der höheren Beliebtheit regionaler Produkte in Stadtnähe zusammen. Neben dem allgemein höheren Preisniveau in der Stadt setzt der Handel aufgrund höherer Absatzchancen für regionale Produkte dort den Preis höher an. Die Städter scheinen eine höhere Zahlungsbereitschaft für regionale Produkte zu haben – über den Kauf regionaler Produkte lässt sich das „Land-Feeling“ in die Stadt holen.


…und teurer bei Rewe


Beim Konzernvergleich (s. Übersicht 2) ist festzuhalten, dass die Erdbeeren mit durchschnittlich 6,90 € bei Rewe deutlich teurer waren als bei Edeka mit durchschnittlich 5,59 €. Ähnlich beim Spargel: Durchschnittlich 8,65 € zahlten die Verbraucher bei Rewe, bei Edeka 7,86 € pro Kilogramm. Das gleiche Bild bei Eiern: Hier liegen die Preise bei Rewe erneut deutlich über Edeka. Auch hier ein gegensätzliches Bild zu den übrigen Produkten bei den Äpfeln. Äpfel sind bei Edeka etwas teurer.


Noch eine wichtige Beobachtung zu den Preisen: In keinem der 42 untersuchten Märkte waren die regionalen Produkte im Sonderangebot zu erwerben. Ihr Absatz profitiert eher davon, dass Verbraucherinnen und Verbraucher durch andere Produktvorteile im Angebot „angelockt werden“. Regionalprodukte haben eine bekannte Herkunft. Diese Produkte sind nicht anonymisiert wie die meisten anderen Lebensmittel. Diese Produkte müssen nicht als Sonderangebot in den Markt gedrückt werden und werden also nicht verramscht.


auf Augenhöhe mit StandardProdukten


Auch für regionale Produkte gilt, dass sie nicht rein zufällig im Regal einsortiert werden, sondern systematisch anhand verkaufspsychologischer Erkenntnisse für die Absatz- und Umsatzmaximierung platziert werden. Das bedeutet auf der einen Seite die exakte Wegeplanung innerhalb des Lebenmittelmarktes und auf der anderen Seite die verkaufsfördernde Platzierung innerhalb eines Regales.


Die Ergebnisse der Untersuchung spiegeln einen höheren Stellenwert regionaler Lebensmittel gegenüber herkömmlichen Lebensmitteln wider: Lokale Produkte sind neben den Markenprodukten auf Augenhöhe der Verbraucher sowie auf mittleren und rechten Regalplätzen zu finden. Dort präsentierte Waren erzielen die höchsten Absatzerfolge, weil viele Menschen Rechtshänder sind und der Blick zuerst den Produkten auf Augenhöhe gilt.


christian.brueggemann@topagrar.com

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