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Rübenverträge: Fläche statt Menge?

Lesezeit: 6 Minuten

Darum gehts: Die Nordzucker AG kann durch eine Satzungsänderung künftig statt einer Rübenmenge auch Anbauflächen in Verträgen festschreiben. Überrüben und der Handel damit wären dann Geschichte. Nicht alle Anbauer sind von dieser Idee begeistert.


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Die Verhandlung der Vertragsbedingungen erfolgen zwischen Nordzucker und dem Dachverband Norddeutscher Zuckerrübenanbauer (DNZ) und stehen noch ziemlich am Anfang. Erst, wenn es eine Einigung gibt, können wir das System abschließend beurteilen. Meiner Meinung nach gibt es aber gute Gründe für einen Flächenvertrag.


Die Vertragsmenge genau zu erfüllen, klappt fast nie. Wir Landwirte erleben jedes Jahr, dass es vom Witterungsverlauf abhängt, wie viele Rüben wir letztlich vom Acker holen können. Selbst auf besten Böden kam es in den letzten Jahren kleinräumig zu starken Ertragsschwankungen.


Für Beregnungsbetriebe auf leichten Böden waren es sogar dramatische Jahre, weil die Wasserentnahme begrenzt ist und Wassermengen für die Beregnung der Zuckerrübe nach drei trockenen Jahren fehlen. Als Folge sinken die mehrjährigen Zuckererträge, und wir müssten mehr Rüben anbauen. Kommt dann ein Jahr mit guten Vegetationsbedingungen, fallen viele Überrüben an, die in den letzten Jahren von Nordzucker schlecht bezahlt wurden. Ein Teufelskreis kommt in Gang, der insbesondere auf Standorten mit hohen Schwankungen (Sand, Ton und Regenschattengebiete) zu sinkender Attraktivität des Rübenanbaus führt.


Bei einem Flächenvertrag mit Nordzucker bekäme ich für alle Rüben den gleichen Preis und könnte die Bestandesführung für meinen Betrieb optimieren. Überrüben, der Handel damit und die komplizierte Übertragung von nicht genutzten Vertragsmengen wären hinfällig. Hier fällt viel Verwaltungsarbeit weg, und selbst die Rübenabrechnung könnte einfacher werden.


Positiver Nebeneffekt wäre, dass andere Rübenaufkäufer wie Biogasanlagen sich an den Vertragspreisen orientieren müssten und nicht an billigen Überrübenpreisen.


Mit einem Flächenvertrag bräuchte ich auch keine Sorge mehr vor einer Untererfüllung haben. Ich baue die vereinbarte Fläche an und bin auf der sicheren Seite. Das Mengenrisiko trägt die Nordzucker. In dem großen Einzugsgebiet werden sich die vielen regionalen Ertragsunterschiede allerdings ausgleichen.


Der Vorteil von Flächenverträgen ist umso größer, je stärker die Erträge am eigenen Standort schwanken. Gerade bei den zunehmenden Witterungsextremen sehe ich in einem Flächenvertrag einen Baustein meines betrieblichen Risikomanagements.


Kritiker eines Flächenvertrages meinen, dass Nordzucker versuchen wird, die bisher billigen Überrüben einzupreisen und dann niedrigere Vertragspreise anzubieten. Ich sehe das nicht so, denn schon jetzt sind die Zuckerrübenpreise für viele Betriebe an der unteren Kante – weniger geht nicht! Die Erträge stagnieren vor allem abseits der Gunststandorte und die Kosten und der Aufwand steigen für alle. Ob Mengenvertrag oder Flächenvertrag: der Anbau muss sich lohnen, sonst steigen in Norddeutschland ganze Regionen aus der Zuckerrübe aus.


Ich sehe daher klare Vorteile für den Flächenvertrag: das Risiko für den Anbauer wird begrenzt, und das ganze System wird einfacher und transparenter.


Ich kann mir sogar vorstellen, dass ehemalige Anbauer unter solchen neuen Bedingungen wieder einsteigen. Natürlich nur, wenn der Rübenpreis stimmt. Daher kommt es jetzt auf die Ausgestaltung der Vertragsbedingungen an. Nordzucker und DNZ haben die Chance, etwas Neues, etwas Positives zu entwickeln. Ich bin gespannt darauf!


Die Ablieferungspflicht aller Rüben nach Anbaufläche lehne ich ab, auch wenn viele Fragen noch offen sind. Ob sich Flächenverträge rechnen, entscheiden letztlich die Vertragsdetails, die die Nordzucker AG und der Dachverband der Norddeutschen Zuckerrübenanbauer (DNZ) noch aushandeln müssen.


Die Nordzucker hat in den letzten Jahren mit ca. 7 bis 9% Überrüben kalkuliert, die sie zu einem deutlich niedrigeren Preis eingekauft hat. Das hat die Gesamtkosten für den Rohstoff gesenkt. Da die Nordzucker künftig vermutlich keine höheren Kosten anstrebt, kann das neue Vertragsmodell nur funktionieren, wenn der Rübenpreis gegenüber dem bisherigen Modell niedriger ausfällt. Nach meinen Berechnungen sinkt der Preis dadurch um etwa 1 bis 1,50 € pro t für alle Anbauer. Das Argument, die Nordzucker habe am Rande zu anderen Gesellschaften in den letzten Jahren Rüben „verloren“, lasse ich nicht gelten. Wenn sie diese selbst hätte verarbeiten wollen, wäre eine Erhöhung der Gesamtmenge bzw. des Lieferanspruchs je Aktie um diese 7 bis 9% einfacher gewesen.


Ein Flächenmodell bevorteilt Landwirte, die viele Überrüben produzieren. Anbauer mit wenig Überrüben und nicht erfüllten Mengen verlieren.


Als Anbauer habe ich die Erntemenge pro ha nicht selbst in der Hand: Durch die Trockenheit in unserer Region habe ich in diesem Jahr meinen Vertrag nur zu 50% erfüllt. Hätten wir ein Flächenlieferrecht, würden wir gleich zweimal bestraft. Zum einen fehlten uns die Einkünfte aus der einmaligen Übertragung des Lieferanspruchs an andere Rübenanbauer. Und zum anderen bekämen wir 1 bis 1,50 € pro t niedrigere Vertragspreise, damit die Nordzucker keine höheren Rohstoffkosten hat.


Mit dem Flächenmodell entfiele außerdem eine attraktive Vermarktung an andere Abnehmer. Der Landwirt wird damit in seiner unternehmerischen Freiheit weiter eingeschränkt.


Darüber hinaus stört mich, dass der Nordzucker-Vorstand die Satzungsänderung in der Coronazeit ohne Not „durchgedrückt“ hat. Das neue Flächenmodell wurde vor der Hauptversammlung weder über die Nordzucker AG bzw. die Nordzucker Holding AG noch über die regionalen Anbauverbände hier in Niedersachsen den Landwirten vorgestellt. Wir hatten zudem keine Möglichkeit auf der virtuellen Hauptversammlung die Vor- und Nachteile zu diskutieren. Fragen mussten mindestens zwei Tage vor der Veranstaltung schriftlich eingereicht werden. Sie wurden zwar beantwortet, aber Nachfragen waren nicht möglich. Das Vorgehen legt für mich den Verdacht nahe, dass die Nordzucker die Ausnahmesituation nutzte, um Satzungsänderungen ohne große Diskussion beschließen zu lassen. Die Zustimmung der anwesenden Aktionäre auf der Haupt-versammlung fiel dann mit 65% auch nicht so üppig aus, wie bei anderen Satzungsänderungen mit über 95%.


Dabei herrscht überhaupt kein Zeitdruck. Die letzten dreijährigen Verträge der Nordzucker enden erst 2022/23. Man hätte die Entscheidung also ohne Nachteile noch um mindestens ein Jahr auf die nächste Präsenzveranstaltung verschieben können. Bis dahin hätte man gemeinsam mit dem DNZ neue Vertragsmodelle entwickeln können, die jeder Landwirt individuell für seinen Betrieb bewerten könnte.


Die Nordzucker hat nun einen Freibrief für die Vertragsverhandlungen. Welcher Landwirt unterschreibt einen Kaufvertrag für einen Schlepper, ohne die Vertragsdetails zu kennen?

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