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Rübenverträge: Unnötig kompliziert

Lesezeit: 6 Minuten

Zuckerrübenanbauer stehen kurz vor dem Vertragsabschluss für die Saison 2021. Die Vielzahl der Vertragsvarianten und Bedingungen erschwert die Entscheidung. Transparenz scheint unerwünscht.


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Beim Vergleich der Anbauverträge für die Rübensaison ab 2021 stoßen selbst erfahrene Berater an ihre Grenzen. Wegen der komplizierten Vertragsgestaltung mit den diversen Varianten und Zu- und Abschlagssystemen ist eine pauschale Empfehlung praktisch unmöglich. Letztlich muss der Landwirt je nach Standort, Produktionskosten und Alternativen zur Rübe entscheiden, was richtig ist. top agrar hat mit dem Norddeutschen Zuckerrüben Aktionärsverein (NDZRAV) die Verträge für die Jahre ab 2021 analysiert, um den Vertragsnebel etwas zu lichten.


EU hat Quotenende verdaut


Drei Jahre nach dem Auslaufen der Zuckerquoten besinnen sich die europäischen Hersteller auf den heimischen Markt. Der Versuch, durch Expansion und Auslastung auf dem Weltmarkt das große Geschäft zu machen, ist gescheitert. Auch deutsche Firmen haben sich dort eine blutige Nase geholt und in den letzten Jahren hohe Verluste eingefahren.


In der Saison 2017/18 erzeugten die EU-Hersteller noch 21,3 Mio. t Zucker. Das waren rund 20% mehr als der Verbrauch. Mittlerweile hat sich der EU-Zuckermarkt gesund geschrumpft und ist ausgeglichen. Im laufenden Wirtschaftsjahr liegen Erzeugung und Verbrauch mit 17,3 Mio. t gleichauf. Die Reserven in der Gemeinschaft dürften im laufenden Jahr weiter zusammenschmelzen und mit 1,5 Mio. t zum 30. September so niedrig liegen wie seit 25 Jahren nicht mehr. Einige Experten sprechen sogar schon von einer bedrohlichen Versorgungssituation.


EU-Zuckerpreis entkoppelt


Für die europäischen Preise ist das jedenfalls eine gute Ausgangslage, denn Europa muss importieren. Pfeifer & Langen (P&L) hat im letzten Jahr bereits rund 50000 t Rohrzucker am Weltmarkt einkaufen müssen, um seine Kunden zu bedienen. Der Rohrzucker kam allerdings nicht zu Weltmarktpreisen von damals 250 €/t zu uns. Kosten für Umwidmung in Weißzucker, Zölle und Transportkosten verteuerten Importware nach Schätzungen von Experten um rund 150 €/t. Für P&L kostete der Weltmarktzucker vermutlich mehr als 400 € und war damit viel teurer als der selbst hergestellte Rübenzucker. Für die hiesigen Firmen ist der Import damit kaum interessant, zumal bei Rohrzucker auch immer eine mögliche Regenwaldzerstörung im Raum steht und am Image der Firmen kratzt.


Wirtschaftlichkeit leidet


Trotz der knappen Versorgung ist die EU-Zuckererzeugung weiter auf dem Rückzug:


  • So hat Nordzucker aktuell 10% weniger Anbaufläche unter Vertrag.
  • In Frankreich sollen rund 20000 ha weniger Rüben im Boden sein.
  • Südzucker hat in Deutschland im vergangenen Jahr zwei Werke geschlossen.


Die europäischen Zuckerhersteller müssen sich deshalb strecken, um ihre Bauern bei der Stange zu halten. Fakt ist, dass durch die niedrigen Weißzuckerpreise in der EU die Wirtschaftlichkeit des Rübenanbaus gelitten hat. Das gilt insbesondere in Deutschland. Hier ist die Rübe längst nicht mehr die Königin der Feldfrüchte. Denn Anbauer haben immer neue Nackenschläge zu verkraften. So gibt es auf dem EU-Zuckermarkt immer noch Ungleichgewichte durch gekoppelte Hektarzahlungen. In Polen gab es beispielsweise im vergangenen Jahr rund 350 €/ha extra. Auch beim Pflanzenschutz gibt es Wettbewerbsverzerrungen: Das Anwendungsverbot von Neonicotinoiden ist ein großer wirtschaftlicher Nachteil für deutsche Rübenanbauer. Und durch die avisierte Einschränkungen beim Glyphosateinsatz dürften in den nächsten Jahren weitere Flächen verloren gehen. Gerade auch in den Beregnungsgebieten mit den limitierenden Wasserentnahmerechten ist bei dem derzeitigen Wirtschaftlichkeitsniveau die Rübe gegenüber einer Kartoffel oder dem Anbau von Gemüse im Nachteil. Niedrige Erträge setzen dem Rübenanbau ebenfalls zu.


Nordzucker: Fest oder variabel?


Die Zuckerhersteller stehen unter Zugzwang. Wenn sie verhindern wollen, dass noch mehr Rübenfläche verloren geht, müssen sie attraktive Verträge bieten. Ob das gelungen ist, entscheidet sich in den nächsten Tagen, denn bis spätestens Ende Juni müssen alle Verträge unterschrieben sein.


Auf den ersten Blick wirken die Konzepte sehr unterschiedlich (siehe Übersicht 1), was den Vergleich erschwert. Nordzucker bietet – wie im letzten Jahr – drei Vertragsmodelle mit 1- oder 3-jährigen Laufzeiten sowie festen und variablen Grundpreisen an. Bei den variablen Preismodellen hängt der Grundpreis vom Zuckerpreis ab, den Nordzucker im Schnitt erzielt. Bei einem Zuckerpreis von 350 €/t oder weniger greift bei beiden variablen Modellen ein Mindestpreis, der auch bei niedrigeren Zuckerpreisen nicht unterschritten werden kann. Ab 2021 entfällt der pauschale Kopfabzug von 3,3%, und somit erhöht sich bei Nordzucker gegenüber den Vorjahren die bezahlte Rübenmenge. Das entspricht einem Vergütungsplus von 1 €/t Rüben.


Wer weiterhin für die Nordzucker anbauen möchte, muss sich also die Frage stellen, ob die durchschnittlichen Nordzucker-Verkaufserlöse eher über oder unter 400 €/t liegen. Denn dieser Wert ist erforderlich, damit das 3-jährige variable Vertragsmodell die gleiche Rentabilität wie das 3-jährige Festpreismodell erreicht.


Vor der Coronakrise wäre die Entscheidung leichter gewesen. Denn im Februar 2020 hatte der EU-Weißzuckerpreis bereits die 370 € geknackt und stieg weiter. Der Londoner Weißzucker No. 5 stand noch Mitte Februar bei fast 390 €, ist aber durch den Preisverfall für Bioethanol innnerhalb weniger Tage auf 300 € abgestürzt. Wer die Entwicklung des Zuckermarktes für 2021 bis 2023 positiv einschätzt, sollte für bis zu 70% der Vertragsmengen die variablen Preismodelle wählen. Für den Rest sollte man mit dem festen Preis auf Nummer sicher gehen, um das Risiko zu streuen.


P&L: Weizen- oder Zucker-PreisAbleitung?


Pfeifer & Langen (Lage) bietet in den Verträgen eine Laufzeit bis 2023 an und unterscheidet dabei zwischen einem Chancen- und einem Sicherheitsmodell. Die Vertragsbedingungen haben sich zum Vorjahr kaum verändert. P&L zahlt einen Mehrjahresbonus, der unabhängig von der Vertragsmenge ist. Bei dem Chancenmodell fällt dieser Bonus mit 2 €/t deutlich höher aus als beim Sicherheitsmodell mit 0,50 €/t. Neu ist der sogenannte Anbaubonus von 1 €/t. Ihn bekommen Landwirte nur, wenn sie die Rübenmenge bis 2023 stabil halten.


Entscheidender Unterschied zwischen den P&L-Verträgen ist, dass sich der Rübenpreis des Sicherheitsmodells vom Weizenpreis der Matif ableitet, während sich das Chancenmodell am Zuckerverkaufserlös orientiert.


Um mit dem 3-jährigen Chancenmodell die gleiche Rentabilität wie mit dem 3-jährigen Sicherheitsmodell zu erreichen, sind beim Börsenpreis von 190 €/t Weizen Zuckerverkaufserlöse von P&L von etwa 390 €/t Zucker erforderlich. Bei der aktuellen Marktlage bietet derzeit das Sicherheitsmodell die höhere Rentabilität. Für die Vertragslaufzeit von 2021 bis 2023 stellt sich hier die gleiche Frage wie bei den Nordzuckerverträgen. Wer die Zuckerpreisentwicklung sehr pessimistisch einschätzt, sollte einzelbetrieblich das Sicherheitsmodell stärker gewichten.


Südzucker: die Prämie macht’s


Die Südzucker AG lässt den Anbauern im Gegensatz zu den anderen Unternehmen keine Wahl. Es gibt nur den variablen Jahresvertrag. Trotz der kurzen Laufzeit erreichen die Mannheimer eine hohe Mengensicherheit für das Folgejahr durch die Rohstoffsicherungsprämie. Sie macht rund ein Viertel des Rübengeldes aus und ist eigentlich eine Vorauszahlung für den Zuckerrübenverkauf der nächsten Kampagne. Nur wenn der Landwirt den neuen Zuckerrübenliefervertrag unterzeichnet, bekommt er die Prämie.


2019 alle gleich auf


Die Preise für die Rübenernte 2019 stehen nun auch fest (siehe Übersicht 2). Es zeigt sich, dass die Auszahlungspreise sehr eng beieinanderliegen. Südzucker und der variable 3-Jahresvertrag von Nordzucker sind nach der Berechnung des Aktionärsvereins sogar identisch.


andreas.beckhove@topagrar.com

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