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Schweinefleisch: Das Angebot sinkt

Lesezeit: 5 Minuten

Das hohe Schweineaufkommen belastet den Markt. Doch viele Halter stocken nun ab. Bis sich die Preise erholen, kann es aber noch etwas dauern, meint Matthias Kohlmüller von AMI.


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Eigentlich dürften die miesen Schweinepreise niemanden überraschen. Bei den Fleischmengen, die seit 2015 auf den EU-Markt kommen, können die Erlöse kaum ein erträgliches Niveau erreichen. So stiegen die Schweineschlachtungen im vergangenen Jahr auf ein neues Allzeithoch: Mit insgesamt 260 Mio. Schweinen kamen etwa 7,2 Mio. Tiere mehr an den Haken. Zudem stiegen auch noch die Schlachtgewichte, sodass die erzeugte Fleischmenge sogar um 3,8% auf 23,4 Mio. t zulegte.


Zu viel des Guten:

Der Inlandskonsum konnte das nicht abfangen, selbst wenn der Pro-Kopf-Verzehr an Schweinefleisch in der EU um 0,8 kg auf 32,5 kg stieg. Immerhin ließen sich die Überschüsse relativ gut in Drittländern absetzen. Die EU führte 2015 sogar mehr Schweinefleisch aus als im Rekordjahr 2011. Und das, obwohl Russland als ehemals wichtigster Abnehmer nach wie vor komplett ausfällt. Der Exporterfolg ging allerdings auf Kosten des Preisniveaus in der Gemeinschaft.


Wie in früheren Krisen trifft es Schweinehalter in Osteuropa am härtesten. Die dortige Schlacht- und Zerlegebranche kann im Wettbewerb mit ausländischen Anbietern aus Spanien, Belgien oder auch den Niederlanden nicht mithalten. Oft ist es sogar günstiger, Schlachthälften aus dem Ausland zu beziehen, als heimische Schweine zu schlachten. In Tschechien beispielsweise können Mäster ihre Schlachtschweine derzeit kaum vermarkten. Die Tiere werden übergewichtig und räumen den Platz für Neueinstallungen viel zu spät.


Baltische Erzeuger müssen zudem jeden Tag fürchten, dass die Afrikanische Schweinepest in ihre Betriebe eingeschleppt wird, weil vor allem bei Wildschweinen immer wieder neue Fälle der Seuche auftreten. Da es dort keine Tierseuchenkasse wie in Deutschland gibt, die einen Totalausfall ausgleichen würde, haben viele Landwirte ihre Bestände vorsorglich zum Teil stark reduziert. In Estland zum Beispiel stehen heute etwa 14 % weniger Schweine als vor einem Jahr.


Aber auch im restlichen Europa hinterlässt die Preiskrise ihre Spuren. Vor allem Ferkelerzeuger, die seit über eineinhalb Jahren nicht mehr auf ihre Kosten kommen, werfen reihenweise das Handtuch. Die Sauenherden schrumpfen im Jahresvergleich deutlich, wie aus den neuesten Viehzählungsergebnissen von Ende 2015 hervorgeht:


  • minus 10% und mehr in Estland, Polen und der Slowakei,
  • minus 4 bis 9% in Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Irland, Tschechien, Lettland und Litauen,
  • bis minus 3% in Dänemark, Frankreich, Slowenien, Schweden und Finnland.


Es gibt allerdings auch Ausnahmen. Bei Europas größtem Sauenhalter Spanien stehen die Zeichen weiter auf Wachstum. Ende 2015 standen mit fast 2,5 Mio. knapp 5% mehr Zuchttiere in spanischen Ställen als ein Jahr zuvor. Aber auch in die Mast haben die Spanier kräftig investiert, sodass der Gesamtbestand binnen eines Jahres um 1,8 Mio. Tiere anstieg. Damit standen erstmals zu einem Zählungstermin mehr Schweine auf der iberischen Halbinsel als in Deutschland.


Unterm Strich ermittelten die Brüsseler Statistiker bei der Dezember-Zählung für die EU deshalb mit 148,9 Mio. Schweinen immer noch recht stabile Bestände. Es waren sogar 0,4% mehr Tiere als vor 12 Monaten.


Was kommt 2016?

Doch nun zeichnet sich endlich eine Trendwende ab. Die Experten des EU-Prognoseausschusses, der im März tagte, rechnen für 2016 mit rund 6 Mio. weniger Schlachtschweinen als im Vorjahr (siehe Übersicht 1). Das entspricht einem Minus von 2,5%. Dabei sind die Produktionsprognosen in den einzelnen Ländern unterschiedlich. Während in Spanien auch für 2016 ein Anstieg der Produktion zu erwarten ist, soll beispielsweise in Deutschland die Bruttoeigenerzeugung um 2,5% zurückgehen. Dazwischen bewegt sich Dänemark, das trotz niedriger Preise den Bestand und die Produktion relativ stabil hält. Allerdings sinken die dänischen Schlachtungen trotzdem, weil immer mehr Ferkel nach Polen exportiert werden.


Brüssel erwartet zudem, dass sich der EU-weite Abbau der Sauenbestände im Laufe des aktuellen Jahres sogar noch verschärft. Ein Indiz dafür ist der schleppende Verkauf von Spermaportionen für die künstliche Besamung. Die Umsatzeinbußen sollen demnach im knappen zweistelligen Prozentbereich liegen.


Bei den Schlachtereien ist bereits eine gewisse Nervosität zu spüren: Da sie ihre Kapazitäten zuletzt weiter ausgebaut haben, könnte es in absehbarer Zeit schwerer werden, die Bänder auszulasten. Sie müssen sich langsam wieder auf mehr Wettbewerb gefasst machen, so die Einschätzung.


Mit den Preisen könnte es deshalb im Verlauf des Jahres wieder nach oben gehen – zumindest moderat. Die EU-Experten sehen für die erste Jahreshälfte zwar noch niedrigere Schweinepreise als im Vorjahreszeitraum. Problematisch sind hier möglicherweise noch die 90000 t Schweinefleisch aus der privaten Lagerhaltung (PLH). Diese werden voraussichtlich bis Ende Juni wieder ausgelagert und könnten die Notierungen deckeln. Einige Experten glauben aber, dass bei gutem Grillwetter zur Fußball-EM in Frankreich diese Ware ohne Preisdruck abfließen wird.


Für das dritte und vierte Quartal sind dann aber ziemlich sicher höhere Preise als im Vorjahr zu erwarten (siehe Übersicht 2). Wegen der deutlichen Abstockung der Sauenbestände in Deutschland, den Niederlanden, in Osteuropa und auf dem Baltikum könnten im letzten Quartal die Preise die Vorjahreslinie sogar recht deutlich übertreffen.


Drittlandexport muss laufen!

All diese Prognosen sind allerdings hinfällig, wenn der Drittlandexport nicht mitspielt. Da der Weltmarkt für Schweinefleisch derzeit gesättigt ist, befürchten vor allem dänische Experten im aktuellen Jahr eine wachsende Konkurrenz durch Lieferanten aus Brasilien, den USA und Kanada. Aus heutiger Sicht sollen die EU-Exporte im Vergleich zu 2015 aber nochmals leicht wachsen – allerdings dürften sich wegen des ohnehin schon hohen Niveaus die Steigerungsraten in Grenzen halten.

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