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Schweineschlachter: Die Verfolger holen auf

Lesezeit: 7 Minuten

Der größte Schlachter Deutschlands stagniert bei den Schlachtzahlen, zeigt das ISN-Schlachthofranking. Die Verfolger des Tönnies-Konzerns holen im Kampf um den Rohstoff Schwein leicht auf, weiß ISN-Marktexperte Matthias Quaing.


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Die Übernahme von Tican durch Tönnies, der Großbrand in Paderborn, die Insolvenz von Vogler und der Exportboom nach China sind nur einige der Themen, die die Schlachtbranche 2016 bewegten.


Ein weiterer Trend: Angesichts der dramatischen Rückgänge bei den deutschen Ferkelerzeugern und zahlreicher Herausforderungen, wie dem Verzicht auf die betäubungslose Ferkelkastration, sorgen sich Schlachtunternehmen zunehmend um den Rohstoff. Der Wettbewerb hat sich verschärft, dennoch konnten fast alle Unternehmen der „Top Ten“ ihre Schlachtungen steigern. Die Konzentration der Branche nimmt zu, wie das ISN-Schlachthofranking 2016 zeigt (siehe Übers. 1).


Tönnies wächst nur im Ausland:

Der Investitionsdrang des Marktführers war auch 2016 ungebrochen. Während jedoch in Deutschland mit 16,2 Mio. Schweinen erstmals in der Firmengeschichte die Schlachtungen nicht gesteigert werden konnten, stand mit der Übernahme von Tican eine weitere Internationalisierung im Fokus. Und für 2017 hat Tönnies angekündigt, die ausländischen Aktivitäten, insbesondere in Spanien und Russland, noch weiter voranzubringen:


  • In Spanien wurde bereits 2015 ein kleinerer Schlachtstandort gekauft, der nach Konzernangaben als Keimzelle für weiteres Wachstum dienen soll.
  • In Russland sei die vierzehnte Schweinemastanlage im Bau, was den Betrieb eines eigenen Fleischwerkes rechtfertige, so Tönnies.


In Deutschland hingegen seien die Zeiten des großen Wachstums vor-bei, hörte man sehr ungewohnte Worte vom Inhaber des größten deutschen Schlachtkonzerns. Hier stehen nach Unternehmensangaben Investitionen in das Umwelt- und Energiemanagement auf dem Programm. In Rheda und Sögel wurden zum Beispiel Blockheizkraftwerke installiert, um einen gewichtigen Anteil des benötigten Stroms selbst zu erzeugen.


Neben der Kostensenkung ist die weitere Automatisierung der Schlachtung Ziel von Tönnies. Arbeit sei zukünftig nicht mehr bezahlbar, so Tönnies auf der Jahrespressekonferenz in Rheda. Ein weiterer Grund dürfte die anhaltende Kritik an den Arbeitsbedingungen in der Fleischbranche sein.


Ungewöhnlich klingen auch die Stimmen zur Ebermast. Das Marktpotenzial sei mit aktuell 50000 Eberschlachtungen pro Woche weitgehend ausgereizt. Und das, obwohl einige große Discounter und Supermärkte in Deutschland seit Jahresbeginn auf kastrierte bzw. unbetäubt kastrierte Tiere für ihr Frischfleischangebot verzichten.


Bei einem stetig wachsenden Exportanteil dürfte der Vertrieb von Eberfleisch künftig an Grenzen stoßen, weshalb Tönnies für eine praktikable Kastrations-Lösung plädiert, z.B. eine Lokalanästhesie. Die Impfung gegen Ebergeruch ist für Tönnies keine Alternative. „Warum sollen wir das unterstützen, wenn wir damit die Stinker nicht sicher vermeiden können?“, fragte Tönnies auf der Jahrespressekonferenz im März 2017.


Erhebliche Erlöseinbußen verursachen dürfte die Exportsperre nach China, die das Unternehmen Tönnies für die deutschen Standorte Rheda und Weißenfels im Februar 2017 traf. Begründet wurde die Sanktion von chinesischer Seite mit Fehlern bei der Fleischdeklarierung sowie der Lieferung von verdorbener Ware. Dies sei jedoch nicht auf ein Verschulden von Tönnies zurückzuführen, da auf See die Kühlung eines Containers ausgefallen sei, ist aus Unternehmenskreisen zu hören. In der Branche wird daher spekuliert, dass die Sperre des Marktführers politische Gründe haben könnte.


Im Inland arbeitet Tönnies mit Nachdruck daran, die Lieferkette enger an sich zu binden. Zukünftig sei es wichtig, die Vorstufen bis zur Ferkelerzeugung einzubinden, lautet die Zielrichtung. Tönnies dürfte nicht entgangen sein, welche Herausforderungen vor der deutschen Ferkelerzeugung stehen. Gerade deshalb wird schon jetzt versucht, besonders die schlagkräftigen Ferkelerzeuger ins Boot zu holen. Lohnmast sei nicht das Ziel, beteuert das Unternehmen immer wieder. In Branchenkreisen hält sich dennoch hartnäckig das Gerücht, dass der Einstieg in eine eigene Ferkelerzeugung, z.B. über den Kauf großer Anlagen in Ostdeutschlands, nicht unwahrscheinlich sei.


Vions Gerüchteküche brodelt:

Bei der Nummer zwei im Markt läuft das Re- strukturierungsprogramm weiter auf Hochtouren. Bereits seit Jahren werden unrentable Standorte geschlossen und interne Prozesse optimiert. Rentable Standorte, die z.B. über eine Chinazulassung verfügen, werden modernisiert.


Auch deshalb konnte die Anzahl der Schlachtungen im abgelaufenen Jahr auf 8,87 Mio. Schweine wieder leicht gesteigert werden. Dass das nötige Geld für weitere Investitionen von Investoren außerhalb des Unternehmens kommen soll, davon machten die Verantwortlichen bei Vion kein Geheimnis. Um das Gerücht, dass Europas größter Kälbermäster van Drie an Vion interessiert sei, ist es wieder ruhig geworden. Gegenüber der Lebensmittelzeitung erklärte Vion-Chef Francis Kint zuletzt, man führe aktuell keine konkreten Beteiligungsgespräche mit Investoren. Dennoch: Überraschungen dürften keinesfalls ausgeschlossen sein.


Auch die Schließung des Standortes Zeven kam für Lieferanten und Mitarbeiter überraschend. Dass Zeven keine Rolle mehr in den Zukunftsplänen spielt, begründet Vion mit mangelnden Perspektiven des Standorts. Zeven arbeitet nach eigenen Angaben seit vier Jahren nicht mehr profitabel. „Die Verluste belaufen sich auf einen hohen siebenstelligen Betrag“, so Vion. Die Hoffnung, Zeven für den chinesischen Markt zu zertifizieren, um die Profitabilität zu steigern, hat sich zudem zerschlagen. Zwar hatte Vion den Betrieb 2016 für eine Visite aus Fernost angemeldet, Zeven schaffte es aber nicht auf die finale Besuchsliste.


Erfolglos war laut Lebensmittelzeitung auch das Vorhaben, am Standort die Produktion von Qualitätsfleischprogrammen, etwa für das Tierschutz-Label, zu etablieren. Zu hören ist, dass die Nachfrage nach derartigen Produkten zu gering sei. Die Schlachtmengen in dem Bereich sind von anfangs 1000 Tieren pro Woche auf aktuell 300 gesunken. Die Tierwohl-Schweine aus Zeven sollen zukünftig in Perleberg geschlachtet werden, ist aus dem Unternehmen zu hören.


Westfleisch – neuer Standort:

Für die Westfleisch war das Jahr 2016 ein ereignisreiches Jahr mit einigen ungeplan-ten Überraschungen. Insbesondere der Schlachthofbrand in Paderborn war zunächst ein Schock für die genossenschaftliche Westfleisch. Dadurch ergaben sich aber auch neue Möglichkeiten für die Münsteraner: Insbesondere der Kauf des Schlachthofs in Gelsenkirchen wäre sonst wohl nicht in Erwägung gezogen worden. Ob es in Paderborn jemals weitergeht, lässt die Westfleisch bis heute offen.


Aktuell wird in die übrigen Standorte investiert. Die Schlachtungen in Coesfeld und Oer-Erkenschwick sollen weiter ausgebaut werden. Das konzernweite Programm zur Kostensenkung, das aufgrund der Verluste 2015 aufgelegt wurde, scheint bereits Früchte zu tragen. 2016 konnte Westfleisch die Verlustzone wieder verlassen. Neben der Kostensenkung profitierte man vom Boom der Nachfrage nach deutschem Schweinefleisch in China. Insgesamt wurden die Schlachtungen auf 8,04 Mio. Schweine gesteigert.


Personell gab es bei der Westfleisch Änderungen, die eigentlich nicht auf dem Plan standen. Im September schied Vorstandsmitglied Christian Leding aufgrund unterschiedlicher Auffassungen über die künftige operativ-strategische Ausrichtung aus dem Unternehmen aus. Im Februar präsentierte die Westfleisch mit Steen Sönnichsen (vormals Danish Crown Deutschland) einen alten Bekannten aus der Branche als neues geschäftsführendes Vorstandsmitglied ab Dezember 2017.


Der Mittelstand sortiert sich:

Weiterhin den vierten Rang belegt Danish Crown (3 Mio. Schlachtungen) mit dem Standort in Essen/Oldenburg und konnte die in den Vorjahren verlorenen Marktanteile zurückgewinnen. Mit einer Steigerung der Schlachtungen um beachtliche 12% auf 2,1 Mio. Schweine konnte auch die süddeutsche Müller Gruppe gegen den Trend wachsen (siehe Übers. 2).


Im kommenden Jahr nicht mehr im Ranking vertreten sein dürften die Unternehmen der Vogler-Gruppe. Sowohl Vogler Fleisch als auch das Schwesterunternehmen MV-Fleisch mussten im vergangenen Herbst erst in die Planinsolvenz und später in die reguläre Insolvenz gehen. Während sich für den Standort Laatzen mit der Leine Fleisch GmbH eine Nachfolgeregelung gefunden hat, dürften die Aussichten für Bremen schlecht stehen. Für den Standort Steine besteht weiter Hoffnung, doch noch einen Käufer zu finden, ist aus Unternehmenskreisen zu hören.


Positiv entwickelte sich die Erzeugergemeinschaft Böseler Goldschmaus aus Garrel und steigerte die Anzahl der geschlachteten Tiere auf 1,77 Mio. Moderat wachsen konnten auch die Familienunternehmen Tummel aus dem westfälischen Schöppingen (1,55 Mio.) sowie Simon-Fleisch aus Wittlich in Rheinland-Pfalz (1,04 Mio.).


Neu in den Top Ten taucht das Düringer Fleischkontor auf. Hier stiegen die Schlachtungen nach turbulenten Jahren wieder um über 15% auf 0,96 Mio. Tiere. Zurückzuführen ist dies insbesondere auf den Einstieg der Firma Willms Fleischwaren GmbH, die zum Ende des Jahres 2015 die Mehrheitsanteile übernommen hatten. Da es sich bei BMR in Garrel um einen reinen Lohnschlachtbetrieb (1,40 Mio. Schlachtungen) handelt, an dem mehrere Unternehmen schlachten lassen, wurde auf eine Aufnahme in das Ranking in diesem Jahr verzichtet. -br-

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