Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Sonstiges

Stilllegung 2024 Agrardiesel-Debatte Bürokratieabbau

Aus dem Heft

Steigen die Getreidepreise?

Lesezeit: 6 Minuten

Bisher enttäuschen die Getreidepreise auf ganzer Linie. Welche Chancen es in den kommenden Monaten für steigende Erlöse gibt, hat Bernd Irps von der Landwirtschaftskammer Schleswig-Holstein untersucht.


Das Wichtigste aus Agrarwirtschaft und -politik montags und donnerstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Ein echter Hoffnungsschimmer sieht anders aus: In einigen Regionen Deutschlands war rund um den Jahreswechsel zu hören, dass man bei den Getreidepreisen wohl den Boden erreicht haben könnte. Ob aber bald auch eine echte Trendwende startet, ist damit leider noch nicht sicher. Die Frage lautet: Woher können in der zweiten Hälfte der Vermarktungssaison 2009/10 Impulse für einen Preisanstieg kommen, auf den vor allem Getreideanbauer hoffen, die noch große Teile ihrer Ernte unverkauft im Lager liegen haben?


Weltweit großes Angebot


Die weltweit reichliche Versorgungslage lässt derzeit offenbar kaum positive Preisimpulse zu. Zum Ende des laufenden Wirtschaftsjahres könnten sich Bestände von über 190 Mio. t Weizen ansammeln. Das wären fast 30 % des weltweiten Jahresverbrauchs. Mit zuletzt rund 674 Mio. t Weizen reichten die Schätzungen der weltweiten Ernte 2009/10 zuletzt wesentlich näher an die Rekordernte des Vorjahres (682 Mio. t) heran, als die Experten noch im Sommer 2009 für möglich gehalten hatten. Damals gingen die Schätzungen, sei es vom internationalen Getreiderat (IGC) oder vom US-Landwirtschaftsministerium (USDA), noch von weniger als 650 Mio. t aus.


So aber zeigt sich auch der heimische Binnenmarkt weiterhin gut versorgt. In den Wochen um den Jahreswechsel nahmen die Verarbeiter oft nur kleine Mengen ab, die kaum eine Marktwirkung auslösten:


Im Westen des Bundesgebietes wurde A-Weizen zu Preisen um die 134 €/t franko Mühle gehandelt. Zu diesen Preisen sind viele Erzeuger nicht bereit, ihre Ware abzugeben.


Auch im Süden liegt Qualitätsweizen wie Blei in den Silos. Italienische Käufer griffen zuletzt häufig lieber auf Ware aus Österreich und Ungarn zurück.


Als Hoffnungsschimmer bleibt damit der Export auf den Weltmarkt. Hier hat deutscher bzw. EU-Weizen durchaus Chancen, wenn auch erst auf den zwei-ten Blick.


Europa hat Nachholbedarf beim Weizen-Export


Der Export ist ein raues Geschäft. Die großen Anbieter wie die USA, die Schwarzmeerregion, die EU, Kanada und Australien rangeln um die Gunst der Nachfrager. Besonders aus der Schwarzmeer-Region sind bis zur „Halbzeit“ der Saison 2009/10 schon größere Mengen abgeflossen:


So soll die Ukraine mit rund 6 Mio. t Weizen schon rund zwei Drittel der zur Verfügung stehenden Menge exportiert haben.


Russland soll bereits 10,7 Mio. t Getreide exportiert haben. Unter anderem sind in dieser Menge auch 1,5 Mio. t Gerste enthalten, so dass von rund 9 Mio. t Weizen ausgegangen werden kann. Nach USDA-Schätzungen wäre damit mehr als die Hälfte der russischen Weizen-Exporte verkauft.


EU-Weizen kam bei den Exportausschreibungen in den vergangenen Monaten seltener zum Zug. Obwohl aus den 27 EU-Ländern insgesam etwa 20 Mio. t Weizen für Drittlandsgeschäfte zur Verfügung stehen, wurden von der EU bis zum 24. Dezember 2009 nur Lizenzen für rund 8,15 Mio. t Weizen vergeben. Das heißt, noch nicht einmal die Hälfte des Angebots wurden bislang verkauft. Haupt-ursache für die geringere Nachfrage nach europäischem Weizen ist der starke Euro, der in US-Dollar gehandelte Partien (wie z. B. aus der Schwarzmeer-Re-gion) günstiger macht. So kauften die nordafrikanischen Staaten überwiegend in Russland und der Ukraine ein. Immerhin erhielten bei den letzten Ausschreibungen auch deutsche und französische Exporteure für kleinere Teilmengen einen Zuschlag.


Mehrere Punkte sprechen aber inzwischen dafür, dass deutscher und EU-Weizen in der zweiten Hälfte der Vermarktungssaison 2009/10 stärker nachgefragt werden könnten als zuvor:


Bei den guten Getreidequalitäten aus deutschen Landen besteht die berech-tigte Hoffnung, dass deutsche Ware noch zum Zug kommt. Insbesondere weil Russland seine „besseren“ Partien meist verkauft hat und jetzt überwiegend nur noch schwächere Qualitäten anbieten kann.


Mit dem anhaltend winterlichen Wetter könnten die logistischen Probleme vor allem in der Schwarzmeerregion zunehmen. Das gilt nicht nur für zufrierende Wasserwege, sondern auch für die Logistik im Hinterland. Wenn dadurch schon gehandelte Mengen nicht geliefert werden können, stehen die Exporteure aus anderen Regionen der Welt unter anderem auch aus Deutschland bereit, die Lücken gegen entsprechend höhere Preise zu schließen.


Als wichtiger Exportmarkt insbesondere für höherwertige Partien hat sich in den letzten Monaten immer stärker Südafrika heraus kristallisiert. So sollen bereits stetig Mengen über die norddeutschen Häfen dorthin abgeflossen sein. Wichtigstes Kaufargument ist hier ebenfalls die gute Qualität des deutschen Weizens.


Inzwischen steht mit der abgeschlossenen australischen Ernte und den geschätzten rund 15 Mio. t Exportweizen aus „Down Under“ zwar neue Konkurrenz ins Haus. Derzeit ist deutscher Weizen aber gegen australische Ware am Weltmarkt konkurrenzfähig, unter anderem, weil sich die Australier ihre diesjährigen guten Qualitäten mit Preiszuschlägen bezahlen lassen wollen.


Schaut man auf die Entwicklungen der Kursverläufe vom US-Dollar und vom Weizen so fällt die Parallelität auf. Mit dem schwächeren Dollarkurs haben sich auch die Exportchancen für amerikanischen Weizen verbessert, was Börsenspekulanten nutzten, Weizenfutures an der Börse in Chicago zu kaufen.


Dollar und Rohölentscheiden


Derzeit geht man davon aus, dass 2010 viele Anleger stärker auf die Rohstoffe und Agrarrohstoffe setzen. Durch Käufe von dieser Seite könnten unter anderem auch die Weizennotierungen nach oben gezogen werden. Vielfach wird auch der Weizen als unterbewertet dargestellt, dieses ist ein weiteres Argument für Käufe.


Auch der Blick auf die Rapsnotierungen zeigt ein leichtes Ungleichgewicht zulasten der Weizennotierungen. Üblich ist ein Verhältnis von 2 zu 1, das heißt der Rapspreis ist doppelt so hoch wie der Weizenpreis. Zum Jahresanfang wur-den an der Matif 290 €/t für Raps notiert, aber nur 132 €/t für Weizen. Potenzial für Preissteigerungen ist aus dieser Sicht für den Weizen durchaus vorhanden.


Wir halten fest


Es gibt durchaus Chancen für steigende Getreideerzeugerpreise in der zwei-ten Hälfte der Saison 2009/10. Allerdings werden diese durch weltweit große Ernten begrenzt. Im Export haben Deutschland und die EU Nachholbedarf, während vor allem aus Osteuropa schon größere Mengen in die klassischen Importländer vermarktet wurden. Die Nachfrage nach den knapper werdenden besseren Qualitäten könnte sich dabei bald als Vorteil für EU-Anbieter erweisen.


Wichtige Preisimpulse für die Getreidemärkte erwarten Marktbeobachter von anderen Märkten und von den Börsen. Wenn Fondsgesellschaften und Spekulanten weiterhin verstärkt auf Rohstoffe und Agrargüter setzen, könnte das den Getreidenotierungen ebenso Aufwind verleihen wie anhaltend freundliche Tendenzen auf den weltweiten Soja- und Maismärkten. Davon dürften dann bald auch hierzulande die Getreideerzeugerpreise profitieren.

Die Redaktion empfiehlt

top + Letzte Chance: Nur noch bis zum 01.04.24

3 Monate top agrar Digital + 2 Wintermützen GRATIS

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.