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Strohfeuer oder Markt der Zukunft?

Lesezeit: 9 Minuten

Ferkelexporte nach Osteuropa


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Der Ferkelexport nach Osteuropa boomt. Das sorgt auch bei uns für stabile Preise. top agrar hat untersucht, welche Perspektiven die neuen Märkte bieten.


Im vergangenen Jahr sind mehr als 5 Mio. deutsche, dänische und niederländische Ferkel in andere Länder exportiert worden, so viele wie nie zuvor. Das hat den Ferkelmarkt hierzulande spürbar belebt.


Auf der Suche nach Abnehmern werden Exporteure zunehmend in Osteuropa fündig. Der Ferkelmarkt wird dadurch entlastet, so dass auch die deutschen Sauenhalter endlich wieder „Luft holen“ können. Doch wie nachhaltig ist dieses Absatzventil?


Die politischen Rahmenbedingungen und die knappe Flächenausstattung zwingen Dänen und Holländer weiter auf die Ferkelerzeugung zu setzen. Auch wenn die Sauenbestände insgesamt stabil sind, sorgen steigende Aufzuchtleistungen für mehr Ferkel. Selbst die expansionsfreudigen deutschen Mäster fangen diese Überschüsse nicht mehr komplett auf. Im Jahr 2009 wurden deshalb insgesamt 5,3 Mio. Tiere in andere Länder ausgeführt – siehe Übersicht 1 (Karte). Auch Deutschland mischt im Export mit rund 1,5 Mio. Ferkeln kräftig mit. Doch wo genau bleiben diese Tiere?


Im „alten“ Europa sind insbesondere Belgien und Italien verlässliche Partner im Ferkelgeschäft. Beide brauchen derzeit jährlich etwa 700 000 bis 800 000 zusätzliche Tiere. Kaum noch Bedeutung hatte zuletzt hingegen Spanien. Erstaunlich, wenn man bedenkt, dass vor wenigen Jahren der Importbedarf noch bei 1,3 Mio. Tieren lag.


Seit zwei Jahren gewinnen allerdings Ost- und Südosteuropa an Bedeutung. Mittlerweile gehen fast zwei Drittel der „Überschuss-Ferkel“ in diese Regionen. Polen sticht mit einer Gesamtabnahme von 1,1 Mio. Tieren in 2009 besonders hervor. Danach folgt Rumänien mit rund 750 000 Ferkeln. Kroatien trägt mit insgesamt knapp 500 000 Stück ebenfalls einen gewichtigen Anteil an der Zunahme des europäischen Ferkelhandels. Selbst Tschechien und Ungarn brauchen heute schon mehr Ferkel als Spanien.


Bestandsabbau in Osteuropa


Ein Blick auf die Bestandsentwicklung in den osteuropäischen Staaten zeigt den Grund für unseren Exportboom. Insbesondere in den Jahren 2007 und 2008 sind die Sauenbestände dort massiv gesunken (siehe Übersicht 2): Polen hat binnen zwei Jahren ein Fünftel aller Sauen verloren. Noch gravierender war der Einschnitt in Tschechien. Und Rumänien hat den Bestandsabbau bis heute nicht aufhalten können (siehe Kasten).


Zurückzuführen ist dies auf die mangelnde Rentabilität in Zeiten hoher Futterpreise ab dem Sommer 2007. Als letztes Glied in der Kette traf es die Ferkelerzeuger besonders hart. Im Gegensatz zu ihren westeuropäischen Berufskollegen waren diese Betriebe allerdings geprägt durch ein geringes Leistungsniveau und eine dünne Eigenkapitaldecke. Kredite waren in dieser Phase kaum verfügbar und wenn, dann nur zu ungünstigen Konditionen. Gerade kleinere Sauen haltende Betriebe verschwanden durch die Krise endgültig vom Markt. Und selbst mittelgroße Betriebe mit 100 bis 150 Sauen sahen oftmals keinen anderen Ausweg als ihre Sauenherde zum Schlachter zu bringen.


Ferkel sind Mangelware


Erst mit fallenden Futterkosten und steigenden Schlacht­erlösen ab Mitte 2008 fasste die Branche langsam wieder Fuß. Vor allem die Mastbetriebe konnten in diesen Ländern davon profitieren.


Ein besonderes Bonbon hatte die rumänische Regierung für Mäster parat. Seit mehreren Jahren wird jeder Landwirt, der Mastschweine an die heimischen Schlachtbetriebe liefert, mit umgerechnet knapp 30 € pro Schlachtschwein belohnt. Einzige Bedingung: Die Tiere müssen ein definiertes Gewicht und eine Mindestqualität aufweisen. Gerade in Rumänien wurden deshalb zuletzt mehr Mast- als Sauenställe errichtet. Die Folge war eine massive Unterversorgung mit Ferkeln.


Findige Viehhändler aus den Niederlanden und Deutschland witterten ihre Chance und versorgten die Mäster mit entsprechendem Tiermaterial. In Ungarn und Tschechien handelt es sich bei den Mästern gelegentlich auch um Westeuropäer mit entsprechenden Kontakten nach Deutschland und Holland.


Allein die Viehhandelssparte des Unternehmens Westfleisch lieferte im vergangenen Jahr 215 000 Ferkel nach Osteuropa. Dabei entpuppten sich die unternehmenseigenen Exportbüros in den neuen EU-Ländern als ideale Türöffner. Die Geschäftsbeziehungen zu den Mastbetrieben Vorort waren so schnell hergestellt. Die Kontaktaufnahme schien ohnehin nie ein Problem zu sein. „Hohe Preise ziehen Ware an. Die Kontakte entstehen von allein!“, bringt es ein Viehhändler aus Niedersachsen auf den Punkt.


„Am liebsten 1 000er-Partien!“


Die Ansprüche hinsichtlich Qualität und Gruppengröße sind bei osteuropäischen Betrieben sehr unterschiedlich.


Vor Weihnachten und Ostern gibt es beispielsweise eine verstärkte Nachfrage nach Ferkel zur direkten Schlachtung. In den südosteuropäischen Ländern ist das eine Spezialität. Das können dann auch Vermehrungsbörge oder auch schwer zu vermittelnde Kleingruppen sein, deren Gesundheitsstatus unklar ist. „Auf Impfungen kann verzichtet werden, und zum Teil werden sogar unkastrierte Partien geliefert“, weiß ein Viehhändler zu berichten. Diese Geschäfte laufen allerdings schon seit Jahren und haben mit dem jüngsten Wachstum der Exporte nur wenig zu tun.


Die neue Kundschaft in Osteuropa hat hingegen ähnliche Vorstellungen, wie deutsche (Groß-)Mäster. „Sie wollen am liebsten 1000er-Partien, aus einem Betrieb, mit hohem Gesundheitsstatus und moderner Genetik“, stellt ein Viehhändler klar. „Natürlich gibt es auch Geschäfte mit Ferkeln aus unterschiedlichen Betrieben. Der unklare Gesundheitsstatus wird aber sofort mit mehreren Euro pro Ferkel abgestraft“, gibt ein niederländischer Viehhändler zu bedenken. Vielen lokalen Mästern fehlt es demnach noch an Erfahrung mit der neuen Genetik in der Schweinemast. Sie gehen deshalb lieber auf Nummer sicher und versuchen so gesundheitliche Probleme zu umgehen.


Ostdeutsche Ferkel sind beliebt!


Eine Ausnahme stellt der polnische Markt da. Die Betriebe sind im Ver-gleich zu Rumänien und Ungarn noch immer sehr klein und wenig professionell. „Die Polen kaufen sehr stark über den Preis!“, berichtet ein Händler. Die Kroaten haben ebenfalls spezielle Vorstellungen und fragen ähnlich dem österreichischen Markt sehr typbetonte Tiere nach.


Die gelieferten großen Ferkelgruppen werden oft durch ostdeutsche Sauenanlagen produziert. Sie bieten neben der Gruppengröße den Vorteil, dass von dort jedes osteuropäische Land und fast jeder Betrieb innerhalb von 24 Stunden Transportzeit zu erreichen ist. Deshalb konnte eben auch Deutschland so stark von diesem Boom profitieren.


Ein niederländische Exporteur, der im vergangenen Jahr nach eigenen Angaben mehrere hunderttausend Ferkel nach Rumänien exportierte, hat sogar eine alte Kolchose in Ungarn übernommen und umgebaut. Dort erhalten die Ferkel die gesetzlich vorgeschriebene 24-stündige Pause, bevor die Reise dann weiter geht. So können auch Ferkel aus Westdeutschland oder den Niederlanden Betriebe im tiefsten Rumänien erreichen.


Exporte stützen den Markt


Das Kerngebiet der europäischen Schweineproduktion (D, NL, DK) erzeugt aufs Jahr gesehen insgesamt fast 100 Mio. Ferkel. Die gut 5 Mio. exportierten Tiere erscheinen vor diesem Hintergrund als eine überschaubare Menge mit begrenztem Markteinfluss.


Das ist falsch! In einer Überschuss-situation können schon wenige Tiere einen großen Markt entscheidend beeinflussen: Ferkel, die am „Spotmarkt“ nicht ohne Weiteres unterzubringen sind, werden schnell an vielen Stellen angeboten und erhöhen so den Marktdruck. Dabei ist es relativ egal, ob es deutsche, dänische oder niederländische Ferkel sind, die gerade einen Abnehmer suchen.


Das Osteuropageschäft verläuft allerdings sehr zyklisch (siehe Übersicht 3). Am Beispiel der niederländischen Zahlen wird deutlich, dass der Export der Ferkel gen Osten besonders floriert, wenn bei uns in Deutschland saisonbedingt das Angebot am größten ist, nämlich im Spätsommer und Herbst. Die Ausfuhren Richtung Deutschland schwanken hingegen nur wenig, wenngleich sie kontinuierlich steigen. Dies deutet auf die Preissensibilität der Osteuropäer hin. Die Kosten des Ferkelexports variieren je nach Entfernung zwischen 5 und 10 € pro Ferkel. Neben dem Transport selbst, schlagen Kosten für Veterinärzertifikat und Gewichtsverlust zu Buche. Bei Transporten über 24 Stunden fallen noch die „Übernachtungskosten“ an. Der osteuropäische Mäster ist nicht immer bereit, diese Zusatzkosten zu tragen und lässt im Zweifel den Stall dann auch unbelegt. Die Rechnung geht demnach am ehesten auf, wenn die Ferkelpreise bei uns unter Druck stehen. Das wirkt wie ein Puffer auf die Notierungen, sowohl nach unten als auch nach oben.


Die Osteuropaexporte sind mittlerweile so umfangreich, dass sie eine feste Größe am Ferkelmarkt darstellen. Jede Woche müssen durchschnittlich 100 000 Ferkel auf die übrigen EU-Länder verteilt werden. Der nachhaltige Anstieg der Ferkelpreise im zweiten Halbjahr 2008 ist deshalb auch zu einem großen Teil dem Zusammenbruch der osteuropäischen Schweineproduktion zu verdanken. Käme der Export ins Stocken, entstünde bei uns zwangsläufig Preisdruck!


Sauenbestände wachsen wieder!


Die Nachfrage nach Schweinefleisch bleibt in den osteuropäischen Ländern auf hohem Niveau, da sind sich die Experten einig. Denn traditionell essen Osteuropäer viel Schweinefleisch. Ob es allerdings gelingt, die Ausfuhren auf dem erreichten Niveau zu halten, ist ungewiss. Die Meinungen der Experten gehen an dieser Stelle auseinander.


Für fallende Ferkelexporte spricht …


Nach dem Preisschock 2007/08 stabilisieren sich die Sauenbestände und steigen zum Teil schon wieder deutlich an. Dadurch wird das Ferkelangebot Vorort mittelfristig wieder ansteigen.


Im nationalen Interesse werden die Regierungen versuchen, die heimische Produktion mit Investitionsförderungs-Programmen voranzubringen.


Das rumänische Förderprogramm ist zum Jahreswechsel ausgelaufen. Als Nachfolgeregelung ist eine Halbierung des Fördersatzes im Gespräch. Der Export nach Rumänien wird wohl weiter laufen aber vermutlich sinken.


Für hohe Ferkelexporte spricht …


Die Transportkosten spielen bei Ferkeln nicht die entscheidende Rolle. Viele ost-europäischen Ferkelerzeuger sind dem scharfen Wettbewerb auf dem europäischen Ferkelmarkt noch nicht gewachsen.


Die Produktionsleistungen liegen im Schnitt deutlich hinter denen moderner westeuropäischer Betriebe.


Zum Teil hohe Kreditzinsen von 15 bis 20 % und teilweise unsichere politische Rahmenbedingungen bremsen den Investitionswillen der Sauenhalter.


Dänen und Holländer rechnen in den nächsten Jahren mit weiter steigenden Ferkelüberschüssen. Die Ferkel werden sich ihren Weg suchen.


Wir halten fest


Das Ferkeldefizit in Osteuropa ist durch den dramatischen Bestandsabbau bei Sauen in den vergangen Jahren rasant gestiegen. Auch deutsche Ferkelerzeuger profitieren und schließen mit ihren Ferkeln die Versorgungslücke. Nachgefragt werden zunehmend Großgruppen mit gutem Gesundheitsstatus. Ost-europa ist heute kein „Res-te-Markt“ für überschüssige Tiere mehr. Im Gegenteil, Länder wie Kroation, Rumänien, Polen und Ungarn sind feste Größen im europäischen Ferkelhandel. Nicht nur in Phasen mit hohem Angebot sind sie wichtige Ventile, die den mitteleuropäischen Ferkelmarkt grundlegend stabilisieren.


Die neuen Marktanteile schaffen allerdings auch Abhängigkeiten. Was passiert, wenn der Abfluss ins Stocken gerät? Nach Expertenmeinung ist der Höhepunkt der Aus-fuhren bereits erreicht. Denn teilweise werden die Sauenherden in Osteuropa derzeit wieder aufgestockt. Vieles spricht aber auch für weiter-hin umfangreiche Exporte gen Osten.


Der Export hängt aber auch an politischen Rahmenbedingungen, die schwer vorherzusehen sind. Nationale Förderprogramme in Osteuropa oder Einschränkungen bei Transportregelungen könnten das am Markt vorhandene Gleichgewicht stören. Die aufgebauten Kapazitäten in Dänemark und den Niederlanden können dann schnell zum Bumerang für den deutschen Ferkelmarkt werden. A. Beckhove

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