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Terminbörse auch für Biogas-Erzeuger?

Lesezeit: 6 Minuten

Auch der Einkauf von ­Biogas-Substraten lässt sich mit ­Terminkontrakten ­absichern. Wie, erklärt Stephanie Stöver, Kaack ­Terminhandel GmbH.


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Biogaserzeuger befinden sich nicht erst seit der Novelle des Erneuerbare Energien-Gesetzes (EEG) in einer Klemme: Der wirtschaftliche Erfolg der Anlage hängt wesentlich vom Substrateinkauf ab. Weil die Betreiber bei der Vermarktung des Stroms kaum Entscheidungsmöglichkeiten haben, entscheidet der möglichst kostengünstige Einkauf von Substraten wesentlich über die Wirtschaftlichkeit der Anlage.


Üblicherweise läuft die Substratbeschaffung folgendermaßen: Wer Mais bei anderen Anbauern einkauft, schließt vor der Ernte Lieferverträge ab. Gegenstand ist zum Beispiel die Maissilage, die in vereinbarter Menge und Qualität zu einem bestimmten Preis geliefert werden soll.


Wer aber größere Substratmengen zukaufen muss, ist beim Preis nicht selten gezwungen, an die Schmerzgrenze gehen, um überhaupt zum Zug zu kommen. Das drückt direkt auf den Erfolg der Biogasanlage. Zudem sind diese „Hands­chlaggeschäfte am Feldrand“ oft erst kurz vor der Ernte möglich, wenn sich Erntemenge und -qualität abzeichnen.


Sicherheit über Umweg:

Sicherer und planbarer kann der Substrateinkauf mit Hilfe der Warenterminbörse werden. Zwar können Mais- oder Grassilage nicht direkt an der Börse gehandelt werden. Über Umwege ist die Preisabsicherung beim Substrateinkauf aber trotzdem möglich.


Zur Preisfindung dient dann der Börsenpreis einer verdrängten Alternativ-Frucht für die entsprechende Region zum Erntezeitpunkt. Das kann z. B. Körnermais oder Weizen sein. Der Biogas-Erzeuger als Einkäufer des Substrats könnte seinen Kaufpreis daher durch den Kauf von Körnermais- oder Weizenkontrakten an einer Warenterminbörse absichern. Das Prinzip:


Mit dem Kontraktkauf kann sich der Biogaserzeuger gegen steigende Silomaispreise absichern. Ein Preisanstieg würde einen Gewinn an der Börse generieren, mit dem er den teuren Einkaufspreis wieder bis auf den Absicherungspreis senken könnte. Dazu muss der Biogaserzeuger anhand der vermutlichen Erntemengen an Weizen bzw. Körnermais ausrechnen, wie viele Kontrakte er an der Börse kauft. Außerdem muss er entscheiden, ob er 100 % seines Substratzukaufs über die Warenterminbörse absichern will. Die letzte und entscheidende Frage ist, ab welchem Preis sich eine Absicherung lohnt. Dafür muss der (theoretische) Weizen- oder Körnermaiserlös auf den Silomaispreis umgerechnet werden.


Vom Weizen zum Mais:

Wie das funktioniert, zeigt folgendes erdachtes Beispiel: Biogaserzeuger Gasmüller benötigt für seine 500-kW-Biogasanlage jedes Jahr rund 9 500 t Mais­silage. Bei einem durchschnittlichen Mais­ertrag von 50 t/ha wäre hierfür eine Fläche von 190 ha nötig. Da Gasmüller selbst nur auf 40 ha Silomais anbauen kann, muss er die restlichen Mengen von einem anderen Landwirt kaufen. Er schließt daher im März mit Ackerbauer Kolbe einen Substratliefervertrag über die entsprechende Menge, 7 500 t, Mais ab.


Dieser Mais soll bei der Ernte zum Schlusskurs des Matif-Weizens am 15. September abgerechnet werden. Der Einfachheit halber gehen wir davon aus, dass der Kassapreis dem Börsenpreis entspricht. Die so genannte Basis ist also Null. (Uns ist klar, dass der Abstand in der Realität berücksichtigt werden muss. Er variiert aber von Region zu Region und kann während der Vegetationsphase deutlich schwanken.)


Zum Abschluss des Vertrages weiß Gasmüller noch nicht, wie teuer sein Substrateinkauf letztendlich sein wird. Nur der aktuelle Weizenkurs für den September-Termin ist bekannt. Er beträgt beim Vertragsabschluss 180 €/t. Gasmüller kann nun, sozusagen als Platzhalter, Weizenkontrakte kaufen, wenn der aktuelle Börsenpreis zu seiner betrieblichen Kalkulation passt.


Wann lohnt es sich denn nun für ihn, den Maiskauf abzusichern? Um diese Frage zu beantworten, muss man den so genannten Gleichgewichtspreis des Silomaises kennen (siehe Übersicht 1). Dazu wird die Direkt- und Arbeitskostenfreie Leistung (DAL) der Alternativ-Frucht Weizen berechnet. Diese besteht aus dem Erlös abzüglich der Kosten für Saatgut, Pflanzenschutz und Dünger sowie den Arbeitserledigungskosten. Hinzu kommen noch die Kosten für den Silomais-Anbau. Bezogen auf den Silomaisertrag von 50 t/ha ergibt sich ein Gleichgewichtspreis von 21,56 €/t. Er bedeutet für die beiden Vertragspartner Folgendes:


  • Diesen Preis muss Ackerbauer Kolbe für seinen Mais mindestens erhalten, um die gleiche Rentabilität zu er­wirtschaften wie für den Weizenanbau.
  • Gasmüller muss entscheiden, ob ihm dieser Preis attraktiv erscheint. Wenn das der Fall ist, beauftragt er seinen Broker und ordert den Kauf von 24 Weizenkontrakten an der Matif zu 180 €/t.


Die Börse gleicht aus:

Nach dem Kauf der Börsenkontrakte kann der Biogas-Erzeuger abwarten, wie sich der Preis zum Abrechnungszeitraum entwickeln wird. Zwei Szenarien sind möglich:


  • Der Weizenpreis steigt bis Ende Oktober, z. B. um 10 €/t auf 190 €/t. Dann stellt Gasmüller seine Kontrakte glatt und erzielt einen Börsengewinn von 12 000 €. Dementsprechend sind jedoch auch die Silomaispreise angezogen. Pro Tonne werden jetzt 23,16 €/t gefordert. Statt 161 700 € kostet der Zukauf nun 173 700 €. Doch durch den Börsengewinn werden wieder 161 700 € (21,56 €/t Silomais) erreicht.
  • Bis Ende Oktober fällt der Weizenpreis , z. B. um 10 €/t auf 170 €/t. Damit entsteht Gasmüller ein Börsenverlust von 12 000 €. Allerdings ist nun auch der Substratpreis gesunken. Dieser beträgt jetzt 19,96 €/t. Daraus resultiert eine Summe von 149 700 €/t. Dazu muss nun der Börsenverlust hinzugezählt werden. Das ergibt dann 161 700 € (21,56 €/t Silomais).


Ganz aufgegangen ist die Rechnung damit aber noch nicht. Zusätzlich fällt auch pro Kontrakt eine Gebühr von ca. 30 € an. Daher sollte man sich überlegen, ob die erforderliche Substratmenge tatsächlich zu 100% abgesichert werden muss. Eventuell reicht auch eine Teilmenge. Zudem muss bei dieser Menge an Kontrakten auch eine entsprechend hohe Margin-Leistung als Sicherheit bereitgestellt werden. Hierbei ist zu bedenken, dass mögliche Verluste bör­sentäglich abgebucht werden und bei einer hohen Menge an Kontrakten die Liquidität des Betriebes einschränken könnten.


Preis fixiert, Risiko minimiert:

Trotz dieses Nachschussrisikos kann der Biogasanlagenbetreiber als Käufer des Substrates seine Kalkulation auf wesentlich sicherere Beine stellen als beim frühzeitigen Vorvertrag am Feldrand. Zwar profitiert er nicht mehr von möglichen Preissenkungen beim Mais, z. B. wenn sich eine große Ernte abzeichnet.


Bei der Absicherung per Börsenkontrakt geht es aber auch weniger um die Gewinnmaximierung, sondern um die Risikominimierung. Mit einer Absicherung wie in dem gezeigten Beispiel ist das Risiko, höhere Preise zahlen zu müssen und eventuell in die Verlustzone zu geraten quasi ausgeschlossen.

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